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Ehrensache

Titel: Ehrensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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nicht mehr so wie früher, seit sie diese
Psychologiebücher in die Finger gekriegt hatte...
»Unsinn«, sagte Lauderdale gerade. »Das hat er sich selbst zuzuschreiben. Was sollen wir denn
Ihrer Meinung nach machen? Ihn mit einer Decke über dem Kopf durch die Hintertür
rausschmuggeln?«
»Nein, Sir, es ist nur so...«
»Er wird genauso behandelt wie alle anderen, Inspector. Sie kennen die Spielregeln.«
»Ja, Sir, aber...«
»Aber was?«
Aber was? Tja, das war die Frage. Was? Warum fühlte Rebus sich so unbehaglich? Die Antwort war
auf komplizierte Weise einfach: Weil es Gregor Jack war. Die meisten Abgeordneten hätten Rebus
einen Dreck interessiert. Aber Gregor Jack war... nun ja, er war Gregor Jack.
»Die Minibusse sind da, Inspector. Trommeln wir sie zusammen und lassen sie
abtransportieren.«
Lauderdales Hand fühlte sich hart und kalt auf seinem Rücken an.
»Ja, Sir«, sagte Rebus.
Also hieß es wieder raus in die kalte, dunkle Nacht, die erleuchtet wurde vom orangefarbenen
Schein der Natriumdampflampen, von grellen Scheinwerfern und vom schwächeren Licht aus offenen
Türen und aus Fenstern, hinter denen sich die Gardinen bewegten. Die Anwohner waren unruhig.
Einige waren vor die Haustür getreten, eingehüllt in Morgenmäntel im Paisley-Muster oder mit
hastig zusammengesuchten Sachen bekleidet, die nicht ganz richtig saßen.
Polizei, Anwohner und natürlich die Reporter.
Blitzlichter. Also auch Fotografen. Keine Kamerateams, keine Camcorder. Wenigstens das: Die
Fernsehsender hatte Watson nicht zu seiner kleinen Soiree eingeladen.
»In den Wagen, beeilen Sie sich«, rief Brian Holmes. Lag da eine neue Bestimmtheit, eine neue
Autorität in seiner Stimme? Merkwürdig, was eine Beförderung bei jungen Leuten bewirken konnte.
Und sie beeilten sich, weiß Gott, aber wohl weniger, um Holmes' Anweisungen zu befolgen, sondern
um so schnell wie möglich den Kameras zu entrinnen. Ein paar von den Frauen warfen sich in Pose,
versuchten den falschen Glamour von Seite drei zu imitieren, ließen sich jedoch schnell von
Polizistinnen überzeugen, dass dies weder die richtige Zeit noch der richtige Ort dafür
war.
Doch die Reporter warteten weiter. Rebus fragte sich, warum. Ja, er fragte sich, warum sie
überhaupt hier waren.
War das denn so eine große Geschichte? Würde es Watson eine positive Publicity verschaffen? Ein
Reporter packte sogar einen Fotografen am Arm und schien ihn zu ermahnen, nicht zu viele Bilder
zu verknipsen. Doch nun brachen sie in ein wildes Rufen und Johlen aus. Und die Blitzlichter
gingen los wie ein Flakfeuer. Das alles, weil sie ein Gesicht erkannt hatten. Das alles, weil
Gregor Jack soeben die Treppe heruntereskortiert, über den schmalen Gehweg geführt und in einen
der Wagen verfrachtet wurde.
»Mein Gott, das ist Gregor Jack!«
»Mr. Jack! Nur ein Wort!«
»Irgendeinen Kommentar abzugeben?«
»Was machten Sie...«
»Irgendein Kommentar?«
Die Türen schlossen sich. Ein Polizist schlug dumpf mit der flachen Hand gegen die Seite des
Minibusses, und der Wagen fuhr langsam los. Die Reporter liefen hinterher.
Nun ja, Rebus musste zugeben, dass Jack die Sache mit erhobenem Kopf durchgestanden hatte. Nein,
das stimmte nicht ganz. Er hatte den Kopf gerade so weit gesenkt, um Zerknirschung, aber nicht
Scham zu signalisieren, Demut, aber nicht Verlegenheit.
»Seit eben mal sieben Tagen ist er mein Abgeordneter«, sagte Holmes, der sich neben Rebus
gestellt hatte. »Sieben Tage.«
»Sie müssen einen schlechten Einfluss auf ihn haben, Brian.«
»War aber schon ein kleiner Schock, oder?«
Rebus zuckte unverbindlich die Schultern. Gerade wurde die Frau aus dem Schlafzimmer
herausgebracht. Sie hatte Jeans und ein T-Shirt angezogen. Als sie die Reporter sah, hob sie ganz
plötzlich das T-Shirt über ihre nackten Brüste.
»Da habt ihr was für eure Kameras!«
Doch die Reporter waren damit beschäftigt, Notizen zu vergleichen, die Fotografen dabei, neue
Filme einzulegen.
Denn sie würden zur Wache fahren, um Gregor Jack beim Herauskommen zu erwischen. Niemand nahm
irgendeine Notiz von ihr, sodass sie schließlich ihr T-Shirt wieder nach unten zog und in den
wartenden Minibus stieg.
»Wählerisch ist er ja nicht gerade«, sagte Holmes.
»Wer weiß, Brian«, erwiderte Rebus, »vielleicht ja doch.«
Watson rieb über seine glänzende Stirn. Das war eine Menge Arbeit für eine Hand, da die Stirn
erst weit hinten auf Watsons Schädel zu enden schien.
»Mission erfüllt«, sagte

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