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Ehrensache

Titel: Ehrensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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erwecken, als hätte die folgende Äußerung für ihn
keine Bedeutung - »er ist ein guter Freund von Chief Superintendent Watson.«
»Ah.«
»Was soll das? Monosyllabische Phase?«
»Monosyllabisch?« Rebus runzelte die Stirn. »Tut mir Leid, Sir. Werd ich wohl DS Holmes fragen
müssen, was das heißt.«
»Lassen Sie die dummen Scherze...«
»Ist kein Scherz, Sir, ehrlich. DS Holmes war nämlich auf der Universität. Na ja... fünf Monate
lang oder so. Er wäre genau der Richtige, um die Beamten zu koordinieren, die an diesem äußerst
heiklen Fall arbeiten.«
Lauderdale starrte sehr lange auf die sitzende Gestalt herab - zumindest kam es Rebus so vor.
Mein Gott, war der Mann wirklich so blöde? Verstand denn heutzutage kein Mensch mehr
Ironie?
»Hören Sie«, sagte Lauderdale schließlich. »Ich brauche jemanden, der ein bisschen ranghöher ist
als ein soeben beförderter Detective Sergeant. Und leider Gottes ist es so, dass Sie, Inspector,
genau dieses kleine bisschen höher im Rang sind.«
»Sie schmeicheln mir, Sir.«
Eine Akte landete mit einem dumpfen Klatschen auf Rebus' Schreibtisch. Der Chief Inspector drehte
sich um und verließ den Raum. Sofort stand Rebus auf, ging an das Schiebefenster und zerrte
daran, so heftig er konnte. Doch das Ding hing fest. Es gab kein Entrinnen. Seufzend drehte er
sich um und setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. Er schlug die Akte auf.
Klarer Fall von Diebstahl: Professor James Aloysius Costello war Professor für Theologie an der
University of Edinburgh. Eines Tages war jemand in sein Büro spaziert und mit mehreren seltenen
Büchern wieder hinausgegangen. Unbezahlbar, nach Meinung des Professors, die allerdings von
diversen Buchhändlern und Auktionshäusern in der Stadt nicht geteilt wurde. Die Liste schien
ziemlich eklektisch: eine frühe Ausgabe von Knox' Treatise on Predestination, zwei
Erstausgaben von Sir Walter Scott, Swedenborgs Die Weisheit der Engel, eine signierte
frühe Ausgabe des Tristram Shandy und diverse Ausgaben von Montaigne und Voltaire.
Das alles sagte Rebus nicht viel, bis er die geschätzten Auktionspreise sah, die eines der
Auktionshäuser in der George Street ihnen geliefert hatte. Damit stellte sich die Frage: Was
hatten diese Bücher überhaupt in einem unverschlossenen Zimmer zu suchen?
»Um gelesen zu werden«, antwortete Professor Costello munter. »Um sich daran zu ergötzen und sie
zu bewundern. Wozu wären sie schon nütze, wenn man sie in einen Safe oder einen alten
Bibliotheksschaukasten einschlösse?«
»Wusste jemand von den Büchern? Ich meine, wie wertvoll sie sind?«
Der Professor zuckte die Schultern. »Ich hab geglaubt, Inspector, ich sei hier unter
Freunden.«
Er hatte eine satte, weiche Stimme, und seine Augen leuchteten wie Kristall. Nach einem Studium
in Dublin hatte er sein Leben, wie er es ausdrückte, »in klösterlicher Abgeschiedenheit« in
Institutionen wie Cambridge, Oxford, St. Andrews und nun Edinburgh verbracht. Außerdem hatte er
es dem Sammeln von Büchern gewidmet. Die Werke, die sich jetzt noch in dem Büro befanden - das
übrigens immer noch nicht abgeschlossen wurde -, wären mindestens so viel wert wie die
gestohlenen Bände, vielleicht sogar noch mehr.
»Man sagt doch, der Blitz schlägt nie zwei Mal an der gleichen Stelle ein«, versuchte er, Rebus
zu beschwichtigen.
»Mag sein, aber auf Schurken trifft das nicht zu. Versuchen Sie bitte, demnächst die Tür
abzuschließen, wenn Sie hinausgehen, Sir. Das wäre doch wohl das Mindeste.«
Der Professor hatte nur die Schultern gezuckt. War das, fragte sich Rebus, eine Art von
Stoizismus? Es machte ihn nervös, dort in dem Büro am Buccleuch Place zu sitzen.
Zum einen fühlte er sich manchmal selbst als Christ und hätte sich gerne mit diesem weise
aussehenden Mann über Gott und die Welt unterhalten. Weise ? Nun ja, vermutlich nicht in
weltlichen Dingen, nicht weise genug, um zu wissen, wie Türschlösser und die menschliche Psyche
funktionierten. Aber weise in anderer Hinsicht. Doch Rebus war außerdem nervös, weil er sich für
einen intelligenten Menschen hielt, der gebildeter hätte sein können, hätte er die Chance dazu
gehabt. Er hatte nie studiert und würde es auch nicht mehr tun. Er fragte sich, ob er anders
wäre, wenn er es getan hätte oder noch tun könnte...
Der Professor starrte aus dem Fenster auf die mit Kopfstein gepflasterte Straße. Auf der einen
Seite des Buccleuch Place befand sich eine Reihe

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