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Ehrensache

Titel: Ehrensache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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doppelt so teuer waren wie in dem ziemlich netten Pub um die Ecke.
Also war das Ding nicht länger eine Sporttasche, sondern diente nun als Reisetasche. Rebus packte
ein Hemd zum Wechseln ein, Socken und Unterwäsche, Zahnbürste, Kamera, Notizbuch und eine
Windjacke. Würde er einen Sprachführer brauchen? Vermutlich, aber er bezweifelte, dass es einen
gab. Aber etwas zu lesen... als Bettlektüre.
Er holte das Exemplar von Fisch auf dem Trockenen und warf es in die Tasche. Das Telefon
klingelte, aber er war in Patience' Wohnung, und sie hatte den Anrufbeantworter angeschaltet.
Trotzdem...
Er ging ins Wohnzimmer und hörte sich die Ansage an.
Dann die Stimme des Anrufers. »Hier ist Brian Holmes, ich versuche, Inspector...«
Rebus nahm den Hörer ab. »Brian, was gibt's?«
»Ah, da hab ich Sie ja doch noch erwischt. Dachte, Sie wären vielleicht schon auf dem Weg in die
Berge.«
»Ich wollte gerade los.«
»Wollen Sie nicht vorher noch mal auf der Wache vorbeikommen?«
»Warum sollte ich?«
»Weil Dr. Curt gleich sein Ergebnis verkündet...«
Das Problem mit dem Ertrinken war, dass Ertrinken und Untergehen zwei völlig unterschiedliche
Dinge waren. Eine Person (bei vollem Bewusstsein oder bewusstlos) könnte ins Wasser fallen (oder
gestoßen werden) und ertrinken.
Oder jemand, der bereits tot ist, könnte ins Wasser geworfen werden, um die Leiche verschwinden
zu lassen oder die Polizei in die Irre zu führen. In dem Fall war die Todesursache problematisch,
ebenso die Todeszeit.
Totenstarre konnte bereits eingetreten sein oder auch nicht.
Blutergüsse und andere Verletzungen am Körper konnten durch Steine oder andere Gegenstände im
Wasser entstanden sein.
Schaum aus Mund und Nase, wenn man auf den Brustkorb drückte, waren jedoch ein Anzeichen, dass
die Person noch am Leben gewesen war, als sie ins Wasser fiel.
Ebenso das Vorhandensein von Diatomeen in Gehirn, Knochenmark, Nieren und so weiter. Diatomeen,
wurde Dr. Curt nie müde zu erklären, waren Mikroorganismen, Kieselalgen, die in die
Lungenmembrane eindrangen und, wenn das Herz noch schlug, durch den Blutkreislauf gepumpt
wurden.
Aber es gab noch weitere Anzeichen. Schlickpartikel in den Bronchien wiesen darauf hin, dass
Wasser geschluckt worden war. Außerdem versucht eine lebende Person, die ins Wasser fällt,
automatisch nach irgendwas zu greifen (ein lebensnahes Beispiel für »sich an einen Strohhalm
klammern«), sodass die Hände der Leiche zu Fäusten geballt wären. Waschfrauenhaut, abgelöste
Fingernägel und ausgefallene Haare, der Grad an Aufgedunsenheit - das alles half dabei
abzuschätzen, wie lange die Leiche im Wasser gewesen war.
Curt wies darauf hin, dass noch nicht sämtliche relevanten Tests abgeschlossen waren. Die
Ergebnisse der toxikologischen Tests würden erst in einigen Tagen vorliegen, deshalb konnte man
jetzt noch nicht mit Bestimmtheit sagen, ob die Verstorbene vor ihrem Tod Alkohol oder Drogen zu
sich genommen hatte. In der Vagina war kein Sperma gefunden worden. Der Mann der Verstorbenen
hatte allerdings ausgesagt, dass die Verstorbene »Probleme« mit der Pille gehabt hätte und dass
ihre bevorzugte Form der Empfängnisverhütung stets das Kondom gewesen wäre...
Mein Gott, dachte Rebus, was der arme Jack sich nicht alles fragen lassen musste. Allerdings
könnte es noch viel unangenehmere Fragen zu beantworten geben...
»Was wir bisher haben«, sagte Curt, während alle ihn schweigend anflehten, endlich zum
Wesentlichen zu kommen, »sind alles Negativa. Kein Schaum aus Mund und Nase... keine
Schlickpartikel... keine geballten Fäuste. Außerdem legt die Leichenstarre nahe, dass die Person
bereits tot war, bevor sie ins Wasser gelangte, und dass sie irgendwo eingezwängt gewesen war.
Auf den Fotos können Sie erkennen, dass die Beine ziemlich unnatürlich angewinkelt sind.«
In diesem Augenblick wussten sie es... aber er hatte es immer noch nicht gesagt.
»Ich würde sagen, dass die Leiche nicht weniger als acht Stunden und nicht mehr als
vierundzwanzig Stunden im Wasser war. Was den Zeitpunkt des Todes betrifft, der ja offenkundig
früher liegen muss, aber nicht allzu lange vorher, eine Sache von ein paar Stunden...«
»Und die Todesursache?«
Dr. Curt lächelte. »Die Fotos vom Schädel zeigen eine deutliche Fraktur auf der rechten Seite des
Kopfes. Sie wurde sehr fest von hinten geschlagen, meine Herren. Ich würde sagen, der Tod trat
beinah sofort ein...«
Es gab noch mehr, aber nicht viel

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