Ehrensache
schönen Garten, eine gepflegte
Auffahrt, und den Wald gab's praktisch noch nicht. War natürlich vor meiner Zeit. Ich glaube, das
Haus wurde in den zwanziger Jahren gebaut. Teil des Kelman-Besitzes. Der Besitz wurde nach und
nach verkauft. Früher gab es Angestellte, die alles in Ordnung hielten. Heutzutage nicht mehr,
und dann passiert so was.«
»Das Haus scheint aber doch in gutem Zustand zu sein.«
»Ja, schon, aber Sie werden feststellen, dass hier und da einige Schieferplatten fehlen, und die
Dachrinne müsste auch mal repariert werden.«
Moffat sprach mit der Inbrunst eines Heimwerkers. Sie gingen um das Haus herum. Es war ein
zweistöckiges Gebäude aus solide wirkenden Steinen. In Rebus' Vorstellungen hätte es am Stadtrand
von Edinburgh keineswegs deplatziert gewirkt; es war nur ein bisschen merkwürdig, ein solches
Haus in einer Lichtung mitten in der Wildnis zu finden. Es gab eine Hintertür, und daneben stand
eine einzelne Mülltonne.
»Werden hier draußen die Mülltonnen geleert?«
»Ja, wenn man sie unten an den Straßenrand stellt.« Rebus hob den Deckel. Es stank wirklich
fürchterlich.
Eine verfaulende Lachshälfte, so wie es aussah, und einige Hühner- oder Entenknochen.
»Wundert mich, dass da noch keine Tiere dran waren«, sagte Moffat. »Rehe und Hirsche oder
Wildkatzen...«
»Sieht aus, als war das schon ziemlich lange in der Tonne, finden Sie nicht?«
»Das sind wohl kaum Abfälle von der letzten Woche, Sir, falls Sie darauf hinauswollen.«
Rebus sah Moffat an. »Genau das meinte ich«, stimmte er zu. »Die gesamte letzte Woche und noch
ein paar Tage vorher war Mrs. Jack nicht zu Hause. Sie fuhr einen schwarzen BMW und war angeblich
hier.«
»Falls sie hier war, hat niemand, mit dem ich gesprochen habe, sie gesehen.«
Rebus hielt einen Schlüssel hoch. »Dann wollen wir doch mal sehen, ob uns das Innere des Hauses
eine andere Geschichte erzählt.« Doch zuvor ging er noch einmal zu seinem Auto und holte zwei
Paar durchsichtige Plastikhandschuhe. Ein Paar gab er dem Constable. »Bin mir nicht sicher, ob
die Ihnen passen«, sagte er. Doch sie passten. »Okay, versuchen Sie, nichts anzufassen, auch wenn
Sie Handschuhe tragen. Könnte sonst sein, dass Sie einen Fingerabdruck verschmieren oder
wegwischen. Denken Sie daran, hier geht es um Mord, nicht um eine Spritztour mit einem
gestohlenen Auto oder um geklaute Kühe.«
»Ja, Sir.« Moffat schnupperte in die Luft. »Haben Ihnen die Fritten geschmeckt? Den Essig kann
ich bis hierher riechen.«
Rebus knallte die Autotür zu. »Gehen wir.« Im Haus roch es feucht, zumindest in dem schmalen
Flur.
Die Türen, die von diesem Flur abgingen, standen weit auf, und Rebus trat durch die erste in
einen Raum, der sich von der Vorderseite des Hauses bis zur Rückseite erstreckte.
Der Raum war ganz auf Bequemlichkeit ausgerichtet. Es gab drei Sofas und zwei Sessel sowie
Sitzsäcke und Kissen, die verstreut auf dem Boden lagen. Es gab einen Fernseher mit
Videorecorder, und auf dem Fußboden stand eine Stereoanlage. Einer der Lautsprecher lag auf der
Seite. Und es war unordentlich.
Jede Menge Becher, Tassen und Gläser. Rebus schnupperte an einem der Becher. Wein. Zumindest
waren die essigartigen Überreste darin einmal Wein gewesen.
Leere Flaschen Burgunder, Champagner und Armagnac.
Und Flecken - auf dem Teppich, auf den Kissen und an einer Wand, gegen die offenkundig ein Glas
geworfen worden und zersplittert war. Überquellende Aschenbecher und ein kleiner Handspiegel, der
verborgen unter einem der Kissen auf dem Fußboden lag. Rebus beugte sich darüber.
Am Rand waren Spuren von einem weißen Pulver. Kokain.
Er ließ den Spiegel, wo er war, und ging zur Stereoanlage, um den musikalischen Geschmack zu
begutachten.
Hauptsächlich Kassetten. Fleetwood Mac, Eric Clapton, Simple Minds... und Opern. Don
Giovanni und Figaros Hochzeit.
»Eine Party, Sir?«
»Ja, aber wie lange her?« Rebus bekam immer mehr das Gefühl, dass dies nicht das Ergebnis von
einem einzigen Abend war. Es sah aus, als wäre ein großer Teil der Flaschen einfach zur Seite
geschoben worden, um freien Platz auf dem Fußboden zu schaffen, in dessen Mitte eine einzelne
Flasche - immer noch aufrecht - sowie zwei Becher standen, einer mit Lippenstift am Rand.
»Und wie viele Leute schätzen Sie?«
»Ein halbes Dutzend, Sir.«
»Da könnten Sie Recht haben. Eine Menge Suff für sechs Leute.«
»Vielleicht machen die sich nicht die Mühe, zwischen den einzelnen Partys
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