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Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition)

Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition)

Titel: Eichmann-Syndikat: Tom Sydows fünfter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Moment inne. Eine Ahnung stieg
in ihm empor, und er hoffte, dass sie sich nicht bewahrheiten würde.
    Er hoffte
vergebens. Die Hände vor dem Gesicht, brach Lea in Tränen aus. »Vroni ist …«, stammelte
sie, immer wieder unterbrochen von Schluchzern, deren sie vergeblich Herr zu werden
versuchte, »Vroni ist verhaftet worden, Tom. Weißt du, was das heißt? Wir werden
sie nicht mehr … wir werden sie wohl nie mehr wiedersehen.«
    »Doch, Lea
– werden wir.« Obwohl er theatralische Gesten verabscheute, sah Sydow auf die Uhr.
»In weniger als drei Stunden.«
    »Was sagst
du da?« Sprachlos vor Staunen, nahm Lea Sydow die Hände vom Gesicht und sah ihren
Mann mit großen Augen an. Sekunden vergingen, bis ihr klar wurde, dass sie sich
nicht verhört hatte, und selbst dann war ihr das Misstrauen noch anzusehen. »Du
lügst mir doch hoffentlich nichts vor, oder?«
    Sydow schüttelte
den Kopf, schloss seine Frau in die Arme und ließ mehrere Sekunden verstreichen,
bevor er begann, die Ereignisse des Nachmittags schildern. Lea hörte ihm zu, ungläubig
zunächst, doch dann, am Ende von Sydows Monolog, mit neu erwachter Tatkraft und
Energie. »Ich denke, du weißt, was du tust, oder?«, fragte sie rundheraus und beobachtete
jede Regung im Gesicht ihres Mannes, den sie schon lange nicht mehr so deprimiert
erlebt hatte. »Das wird Konsequenzen haben, Tom. Für dich, für mich, für uns alle.«
Lea machte sich aus der Umarmung frei und begann im Korridor auf und ab zu gehen.
»Weitreichende Konsequenzen.«
    »Was bleibt
mir übrig! Ich bin gezwungen, mit Verbrechern zu paktieren. Weigere ich mich, ist
Vronis Schicksal besiegelt.«
    »Du riskierst
sehr viel, das ist dir ja wohl klar.«
    »Mir ist
es gleich, wie groß das Risiko ist. Du weißt, für Vroni würde ich alles tun.«
    »Aber?«
    »Ich hab’s
satt, mich ständig mit den gleichen Halunken rumzuschlagen. Klar, das gehört zu
meinem Beruf, und ich meine ja nicht die Ganoven, mit denen wir es tagtäglich zu
tun kriegen.«
    »Du meinst
deren Auftraggeber.«
    »Höflich
ausgedrückt. Die Strippenzieher, welche es vorziehen, im Hintergrund zu agieren.«
Sydow setzte sich und öffnete den Kragenknopf. »All die Eichmänner, die vor nichts
zurückschrecken. Die alles, was von oben kommt, ausführen. Jeden Befehl, jede Order
– einfach alles.«
    »Du glaubst
doch nicht etwa, dass der Befehl, diese Frau zu ermorden, von höchster Stelle kam?
Das kann doch nicht dein Ernst sein, Tom!«
    »Es gibt
nichts, was es nicht gibt, Lea. Um ehrlich zu sein, habe ich sämtliche Illusionen
verloren.« Sydow ließ die Finger über sein Gesicht gleiten. »Man muss die Gedanken,
welche einem das Leben schwer machen, nur zu Ende denken. Und schon beginnt man,
deutlicher zu sehen. Denn eins ist uns beiden doch wohl klar: Wenn herauskäme, was
nicht herauskommen darf, könnten etliche der hohen Herren in Bonn einpacken. Das
gäbe einen Riesenskandal. Nichts einfacher – oder naheliegender – als den BND mit
der Vertuschung des Falles zu beauftragen.«
    »Das kann
ich mir nicht vorstellen, Tom. Was du da sagst, klingt so … so …«
    »Haarsträubend,
dass man sich weigert, daran zu glauben. Wie gesagt, Lea: Ich hab die Faxen dicke.
Klar doch: Als Polizist bist du verpflichtet, alles in deiner Macht Stehende zu
tun, um ein Verbrechen aufzuklären. Das habe ich getan. Und was, bitte schön, tut
meine übergeordnete Dienstbehörde? Sie lässt sich vor den Karren des BND spannen
und sorgt dafür, dass der Leichnam eines Mordopfers samt dazugehörigen Unterlagen
verschwindet. Auf Nimmerwiedersehen. Und dann soll man noch an Recht und Gerechtigkeit
glauben, an Pflichterfüllung und Loyalität? Nee, Lea – nicht mit mir. Da müssen
die sich schon einen anderen Deppen suchen.«
    »Machst
du es dir nicht ein wenig einfach, Tom?« Lea trat neben den Stuhl, auf dem Sydow
saß, und strich ihm sanft übers Haar. »Den Bettel ins Korn zu werfen ist immer das
Einfachste.«
    »So, meinst
du. Und was, mit Verlaub, sollte ich deiner Meinung nach tun? Weitermachen, als
ob nichts gewesen wäre? Abwarten, bis man mir den Fall entzieht? Die Klappe halten
und hoffen, dass ich befördert werde?«
    »Ich hoffe,
du weißt, was du tust, Tom. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.«
    »Wenn ich
etwas weiß, Lea, dann dies.« Ohne Blick für die ältere Dame, die auf der Schwelle
des Wohnzimmers erschien, stand Sydow langsam auf, reckte sich und sagte: »Kann
es sein, Liebling, dass wir heute Abend eingeladen sind? Wenn

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