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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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ich früh ins Bett gefallen. Hatte die Schlafzimmertür hinter mir zugezogen und dem herumfliegenden, vor sich hin brabbelnden Vieh den Rest des Hauses überlassen. Nur die Angst vor Einbrechern hatte mich davon abgehalten, alle Fenster weit zu öffnen und die Sache auf diese Art zu regeln. Jetzt schlich ich vorsichtig, mit eingezogenem Kopf in den Flur. Keine Spur von dem Papagei.
    Aber die verblichenen Ausgaben von Frau im Spiegel und Die Aktuelle, die ich auf dem Boden ausgelegt hatte, waren zuverlässig befleckt. Wobei der Vogel anscheinend königliche Hochzeiten und Adlige den Berichten über Schauspieler vorzog.
    Ich ging ins Bad, machte mir danach einen Instant-Latte und erledigte die dringendsten Gespräche. Es tat gut, nach all den Kämpfen gegen das Unberechenbare endlich wieder organisieren und etwas bewirken zu können. Nicht in einem tückischen Haus mit umherfliegenden Papageien, sondern in der realen Geschäftswelt. In der ich mich auskannte und mein Wort etwas galt. Souverän schickte ich den verwirrten Clown auf sein Kinderfest, überredete einen depressiven Komiker, doch lieber seinen Fernsehauftritt heute Abend wahrzunehmen, statt sich umzubringen, und sprach anschließend auf Christianes Mailbox. Die sich mitten in meinem Bericht abschaltete. Verdammt!
    Ich stampfte mit dem Fuß auf und zermalmte eine Plastikfigur. Im Eifer der Gespräche war ich auf und ab gelaufen, wie ich es auch im Büro gern tat, hatte einen Stapel Spielesammlungen ins Wanken und schließlich auch zu Fall gebracht. Im Planquadrat A2, Abschnitt 3b1, laut meinem gestern skizzierten Plan. Was mir jetzt auch nicht weiterhalf.
    Wusste Christiane eigentlich, was sie mir antat? Warum war sie so sicher, dieses Haus geerbt zu haben? Es gehörte ihrer Tante Mirl, so viel hatte sie mir verraten. Es war mir schon schwergefallen, mir vorzustellen, dass Christiane überhaupt eine Tante hatte. Aber mir vorzustellen, dass sie eine Tante mit einem solchen Haus hatte, in einer solchen Gegend, war nahezu unmöglich. Christiane selbst sprach nicht die Spur Bayrisch, auch sonst keinen Dialekt, sie redete ein klares, gebieterisches Hochdeutsch. Allerdings hatte sie einmal unter Rotweineinfluss den Geschäftsführer von Köln-Artists als »Schafszipfi« bezeichnet. Vielleicht sollte ich Therese fragen, was ein Schafszipfi war. Und was ich mit dem porösen Papagei machen sollte. Wo das nächste Internetcafé mit Drucker war. Wo ich einen richtigen Latte macchiato auftreiben könnte. Ob sich Verliebtheit und Hunger nicht ausschließen müssten. Gleich nachher würde ich ein weiteres Mal die Taxizentrale in der Kreisstadt anrufen, einen Taxifahrer veranlassen, zur Tankstelle zu fahren, die zur Zeit meines gestrigen Anrufs schon geschlossen hatte, einen Kanister Benzin zu kaufen, sich anschließend mit mir an der Einbuchtung zu treffen, wo der Bus samt Bruce parkte, das Komplettpaket möglichst für nicht mehr als fünfzig Euro. Die ich aus eigener Tasche bezahlen würde, weil mein Stolz es mir verbot, Christiane von meiner Dummheit zu unterrichten. Aber erst musste ich für Julia die Verträge ausdrucken. Ich zog meine neuen Jeans an und packte meine Laptoptasche.

    Dort, wo mein Bus gestanden hatte, parkte heute ein rostiger Kombi, mit einem Anhänger voller Surfbretter. Die Tür der Blockhütte, Café und Lodenmoden, stand weit offen. Von drinnen hörte ich Stimmen. Laute Stimmen. Sie stritten sich hinter der Theke. Direkt neben einer … – ich glaubte es nicht, es musste ein Traum sein, an der Türschwelle stehend, riss ich die Augen auf – doch, es stimmte: einer nagelneuen, blitzblanken, italienischen Espressomaschine. Wie in Trance ging ich darauf zu. Allerdings kam ich nicht weit, etwas Haariges, begeistert Wedelndes sprang auf mich los, sabberte selig auf meine hellen Jeans, beschlabberte mein weißes Top. Während ich den feuchten Ansturm mit beiden Händen abzuwehren versuchte, drehte ich mich hilfesuchend zu Flohs Besitzer um. Aber der Mann im Sommerhemd bemerkte weder meine Not noch meine Anwesenheit, so beschäftigt war er damit, seine Freundin anzuschreien. Dieselbe lockige Schönheit, die er gestern Abend hoam gebracht hatte.
    »So redst ned mit mir, Susn! So ned!«
    »Und du musst ma ned sogn, wos i dua soi. Du scho glei gar ned.«
    Er hielt sie an den Handgelenken fest, aber sie riss sich los, stürmte davon, mit fliegenden Locken, durch einen Vorhang hinter der Theke.
    »Entschuldigung, könnten Sie bitte Ihren Hund von mir

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