Eiertanz: Roman (German Edition)
nehmen?«
Er fuhr herum.
»Aus, Floh!« Tatsächlich ließ der Hund von mir ab, mit einem bedauernden Seufzer, legte sich hin und wurde zu einem friedlichen Flokati vor der Theke. Ich wischte an meinen befleckten Hosen herum.
»Was wollen Sie?«
Er stand hinter der Theke, beide Arme auf den Tresen gestützt, und starrte mich an wie etwas, das gerade aus der Spüle gekrabbelt war. Hinter ihm die chromblitzende, wunderbare, vor sich hin zischende Espressomaschine mit dem Milchaufschäumer. Unter normalen Umständen ließ sich Schorscheline von der Lachschmiede so leicht nicht aus der Fassung bringen. Aber dies waren keine normalen Umstände. Ich sabberte wie Floh. Und je finsterer sein Blick wurde, aus blauen Augen – leider fiel mir ein schrecklicher Karnevalsschlager ein, Kornblumenblau –, desto schlimmer stammelte ich.
»Äh … ich wollte nur … Latte … mein Morgen-Latte … Nein, ich meine … macchiato … die Maschine …«
Mein Gesicht glühte. Ich vermied den Blick in seine kornblumenblauen Augen, sah mich verzweifelt im Raum um. Hell getäfelte Wände. Stühle und Tische aus dunklerem Holz, rustikal, es sah weniger nach Café aus als nach Hüttenzauber.
»Ich bin hier nicht die Bedienung«, sagte er. »Aber nur zu, die Maschine macht alles. Sicher auch einen Morgen-Latte. «
Er entschwand durch den Vorhang. Einen Moment stand ich erstarrt, immer noch glühend, dann stieg ich über Floh, vorsichtig, auf einen neuen Ansturm gefasst. Aber Floh, Kopf auf den Pfoten, rührte sich nicht.
Hinter dem Vorhang bat der Mann, dessen Namen ich immer noch nicht wusste, diese gelockte Susn, sich zu beruhigen, ohne Erfolg, im Gegenteil, sie beschuldigte ihn, wie alle Mannsbilder zu sein, was in ihrer leichten, melodischen Dialektfärbung beinahe gemütlich klang. Ich spülte eine Tasse, stellte sie unter die Düse, schaute, ob Bohnen und Milch eingefüllt waren, und schaltete die Maschine ein. Und dann überstürzten sich die Ereignisse. Als hätte ich einen Chaos-Schalter betätigt: Die Kaffeemaschine schäumte, quirlte und brummte, Susn schrie – das klang jetzt weniger gemütlich –, dass es ihr reiche, ihr Freund bot ihr eine Watschn an, falls sie nicht zur Vernunft käme, eine Tür schlug zu, der Mann fluchte, und Floh bellte, war mit einem Satz auf den Füßen, fegte an mir vorbei, und es schien ihn nicht im Geringsten zu stören, dass er ein Tablett mit Tassen und Gläsern mit sich riss.
Ich konzentrierte mich erst auf das Wesentliche: einen königlichen Latte macchiato, mit einer Schicht heißer Milch, einer Schicht Espresso und einer Schaumschicht, gekrönt von Kakaopulver. Das duftende Glas in der Hand folgte ich Floh durch den Vorhang in eine kleine Küche. Eine offene, nur halb ausgeräumte Spülmaschine, ein Blech mit Apfelkuchen auf einem Tisch. Die Tür nach draußen war angelehnt, auf dem Parkplatz ließ jemand einen Motor an. Eine weitere Tür führte in den Lodenmodenladen. Ich lauschte, hörte, wie ein Auto davonfuhr. Dann nichts mehr. Hatte er sie überwältigt und ins Auto geworfen? Oder waren sie einfach gemeinsam weggefahren? Und ob es im Laden wohl einen Drucker gab? Ich öffnete die Tür und ging hinein.
Dämmrig war’s, und es roch nach Stoff und Leder. Dirndl auf Bügeln, passende Blusen. Grüne und graue Lodenjacken. Lederhosen. Hosenlätze, mit Eichblättern umstickt. Lochmuster, in Hirschleder gestanzt, im Westernstil, für zweihundertachtundneunzig Euro, laut Preisschild. Wer um alles in der Welt war bereit, so viel Geld für Trachtenkitsch auszugeben? Die Ladentür ging auf, und ich fuhr zusammen. Therese. Sie schien sich nicht weiter zu wundern, wie ich in den Laden gelangt war, fragte nur, ob ich die Susn gesehen hätte? Und den Quirin? Wie, weggefahren? Ja, kruzifixnoamoi, warum? Schließlich sei doch jetzt Anprobe. Und freili könne ich ihren Drucker benutzen. Das nächste Internetcafé, in dem ich etwas ausdrucken könne, befinde sich auf einem Campingplatz am See und sei zwischen neunzehn und einundzwanzig Uhr geöffnet. Für Campinggäste. Damit ging sie hinüber ins Café und überließ mich meinen Aufgaben.
Der Drucker war hochbetagt, und mein Notebook sträubte sich, ihn zu erkennen, mit der gleichen Sturheit, mit der Thereses Computer sich weigerte, meinen Stick anzunehmen. Nach einer halben Stunde gab ich genervt auf und fragte Therese, ob ich an ihrem Computer kurz ins Internet dürfe.
Auf dem altmodischen Monitor stand ein Bierkrug mit bayrischem
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