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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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anschließend in Ruhe meine Verträge auszudrucken. Falls der Rechner die Seite jemals lud. Ich schaute hinunter auf das Display meines Telefons: love, mirko. Warum nicht in eine Rehhaut schlüpfen? Selig lächelte ich in mich hinein, war schon dabei, die Jeans abzustreifen, und Therese, hocherfreut, half mir in die Bluse, knöpfte den Rock zu.
    »Sakra! I hob’s doch gwusst. Schau her, Quirin.«
    Und Quirin schaute.
    »Für a Balconette-Dirndl braucht’s halt a richtiges Weibsbild«, sagte Therese andächtig. Sie stand dicht neben mir, ihren Grand Balcon fast an meine Balconette geschmiegt, gemeinsam bildeten wir einen Balcon Enorme.
    In der nächsten halben Stunde brachte sie mich dazu, zwei weitere Dirndl anzuprobieren, eins davon hatte ein Camouflagemuster, das andere einen sehr kurzen Rock, dazu passend zwang sie Quirin in Hotpants aus Wildbockleder, fotografierte uns mit einer kleinen Kamera. Vor dem Spiegel, ich musste es zugeben, sah ich wirklich nicht schlecht aus. Ganz im Gegenteil. Fremd, ein bisschen wild sogar, und, ich merkte es an Quirins Blicken, durchaus sexy. Ob Mirko mich auch so ansehen würde? Er hatte mir mit einem: i am longing for your secrets, do you know what i mean? geantwortet, und das Lesen der Botschaft brachte mich an die Grenze eines Herzinfarkts. Während ich neben Quirin im Laden auf und ab schlenderte – ungezwungen, wie Therese es verlangte –, dachte ich über eine passende Antwort nach, und bevor ich es mir anders überlegen konnte, hatte ich Therese schon mein iPhone in die Hand gedrückt und bat sie, ein Foto von mir allein zu machen.
    »Freili, fesch schaust aus, jetz lach halt amoi. So. Guad!« Therese knipste, nicht nur einmal, mindestens zehnmal, schaute aufs Display: »Herrgottsakra!« Sie drückte mir das iPhone wieder in die Hand, schlug sich an die Stirn.
    »Die Küh! I muss die Küh holn!«
    Schon stürzte sie mit wehendem Rock nach draußen. Ließ uns stehen, mitten im Verkaufsraum. Balconette und Wildbock. Die Shorts, musste ich zugeben, passten Quirin ebenso angegossen wie mir das Dirndl. Vorne, am Hosenstall, waren sie nicht nur mit Eichblättern, sondern auch mit blumigen Ornamenten bestickt, über und über, üppig wuchernd, als wären die Stickerinnen auf Drogen gewesen und hätten geglaubt, das Tor zum Paradies zu verzieren.
    Quirin schob die Hände in die Hosentaschen, und ich dachte daran, dass ich nicht gefragt hatte, was ein Schafszipfi war. Allerdings dämmerte mir gerade eine mögliche Bedeutung. Die ersten Takte von Yellow unterbrachen diese Überlegungen, und ich riss das Telefon ans Ohr, ohne aufs Display zu schauen.
    »Ja? Mirko?«
    »Immer noch Kummer?«, fragte Christianes Freund.
    »Was geht dich das an? Wo ist Christiane?«
    »Auf der Messe, das weißt du doch. Und du weißt auch, dass du mich inspirierst, mein Vögelchen.«
    »Hör sofort mit diesem Vögelchen-Quatsch auf.«
    »Wie du willst. Aber …«
    »Ruf mich nicht mehr an, verstanden?«
    Ich drückte heftig auf den kleinen roten Knopf. Und bedauerte, kein richtiges Telefon zu haben wie im Büro, eines, das man wütend zurück in die Station rammen konnte.
    »Bist ja nicht gerade gut zu sprechen auf diesen Mirko.«
    Der Wildbock musterte mich mit hochgezogenen Augenbrauen.
    »Auf Mirko schon. Das war Ralli.«
    »Ah. Und keiner von beiden ist Mister Universum?« Sein wissendes Lächeln. Die Art, wie er die Hände aus den Hosentaschen nahm, sie vor der Hemdbrust verschränkte. Seine Arme waren so braun gebrannt wie seine Beine. Als hätte er nichts anderes zu tun, als am See zu liegen. Oder am See zu sporteln. Und was sah er mich so an, mit diesem amüsierten Blitzen in den Augen? Ein neuer Hupton machte seinem überlegenen Getue ein Ende. Ich stürzte mich auf das Display. Julia.
schon an die verträge gedacht? die vom wdr machen druck.
    »Du kannst dich hier umziehen, ich geh in die Küche.« Quirin drehte sich schroff um, pfiff nach Floh, und zusammen verschwanden sie durch die Tür zum Café.
    »Schafszipfi«, murmelte ich.

    Nach einer Stunde, in der ich wiederholt dem Rechner, dann dem Drucker und schließlich mir selbst gut zugeredet hatte, nicht die Contenance zu verlieren, hatte ich einen Stapel frisch ausgedruckter Verträge auf dem Tisch. Therese war noch nicht zurückgekommen. Und ich hatte mich noch immer nicht umgezogen, hatte vorübergehend sogar vergessen, dass ich ein Dirndl trug. Es war bequemer als meine engen Jeans, ich fühlte mich verblüffend wohl darin.

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