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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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Christiane nichts wissen. Ich solle mich jetzt bitte nur auf meinen Job konzentrieren, und das bedeute, endlich dieses Testament zu finden, verdammt noch mal. Wenn das Haus an den Staat falle, werde alles eine Ewigkeit dauern.
    »Hast du schon mal darüber nachgedacht, was mit diesem Uferstreifen passiert, wenn du an Strobl verkaufst? Er will einen riesigen Hotelkomplex bauen, und hier gibt es ein ganz uriges Café und eine kleine Tauchschule, und die müssten dann …«
    »Gina! In welchem romantischen Heimatfilm bist du denn? Mach jetzt bitte den Termin mit Strobl.«
    »Okay. Ich ruf dich dann zurück.«
    Ich vergaß, sie nach der fehlenden Urne zu fragen, ob sie überhaupt davon wisse, legte auf. Und begab mich auf schnellstem Weg in das kleine, urige Café. Wo ich dringend gebraucht wurde. Als Bedienung beim mittäglichen Touristenansturm, für neunfuchzg die Stunde, den gleichen Lohn, den diese Susn erhalten hätte. Das Karöttchen bekam einen Euro mehr. Julia arbeitete umsonst, als Praktikantin, schnitt schon vormittags summend Obst und Gemüse, rannte zwischendurch, einer neuen künstlerischen Eingebung folgend, nach draußen, holte einen Schwung Wäscheklammern herein, befestigte sie an einem Müllsack, den sie auf dem Ladentisch ausbreitete. Als Therese misstrauisch fragte, was das denn gebe, sagte Julia: »Die werden sich alle noch wundern bei der Modenschau, du wirst schon sehen.«
    »Meinst?« Therese schaute sie so an, wie sie in letzter Zeit öfter schaute. Als wäre ihr irgendwas nicht geheuer. »Aber, gä, du steckst koa Mannsbild in a Dirndl? Also, ned wegen mir, mir ist das eh wurscht, es ist ja alles ganz natürlich, gä, es gibt ja alles. Aber der Herr Bürgermeister, i glaub ned, dass er scho so weit ist, woaßt.«
    Julia nickte dann huldvoll, nein, sie habe sich etwas viel Besseres überlegt. Dann ging sie zurück ins Café, um meditativ Gemüse zu schneiden und sich ab und zu mit dem Karöttchen zusammen in die Schönheit eines Broccoliröschens zu vertiefen. Wofür Therese weniger Sinn hatte.
    »Freili is des schön, so a Broccoli. Dazu passt a Rindfleisch. Wuist ned doch a klitzekleines bissl Rindfleisch machen?«
    »Du bietest Kuhkuscheln an und redest von Rindfleisch?« Um ein Haar hätte das Karöttchen seinen Job gekündigt. Er und Julia hatten schon zweimal am Kuhkuscheln mit anschließendem Kuh-Erlebnis-Spaziergang teilgenommen und waren nach diesem überwältigenden Erlebnis stundenlang wie weggetreten gewesen. Alle hatten mich bekniet, mitzumachen, aber ich hatte eine Kuh-Allergie vorgeschützt, Julia und Therese zuliebe versucht, von der anderen Seite des Zauns mit zu meditieren, die Liebe und die Wärme der Kuh zu spüren. Wovon mich in erster Linie die mich emsig umschwirrenden Insekten abgehalten hatten. Ohne Mirko, der mir romantisch in die Augen schaute, war ich weit weniger tolerant gegenüber Mücken und ihren Stichen.
    Mirko war das nächste Problem. Als ich über den Parkplatz zum Café eilte, vorbei am Sperrmüll, der sich vom Kiesweg bis zum Parkplatz ausgebreitet hatte, verfluchte ich mich ein weiteres Mal dafür, dass ich auf Julia gehört und ihm tatsächlich, nach mehreren Versuchen, ihn anzurufen, auf seine Mailbox gesprochen hatte: dass es sehr schön gewesen sei, dass ich noch oft an unseren Spaziergang und die Margerite denken würde, wobei ich mich, noch während ich es aussprach, vor Peinlichkeit wand, als ich an meinen Versprecher am Bahnhof dachte: Ich dich auch.
    »Also, versteh mich nicht falsch, ich meine das nicht so … Also, ich meine, ich denke einfach gerne daran, es war doch … haha … lustig.« Diesen Moment hatte sich Picco ausgesucht, um kreischend auf meiner Schulter zu landen, und so kam es, dass Mirko auch noch einen kleinen Live-Papageien-Abschütteltanz mitbekam, inklusive des Anbietens einer Auswahl besonders süßer Erdbeeren mit erlesenen Nüssen. Selbst der größte Optimist hätte nicht angenommen, dass Mirko gern an Picco zurückdachte, und so stotterte ich erst eine Reihe Entschuldigungen, bevor ich zum Kern der Sache vordrang. Die Frage, was jetzt eigentlich mit uns sei, kam mir, weil sie mich so viel Überwindung kostete, eher schroff über die Lippen. Was mich wiederum zu einer solchen Orgie von Erklärungen und Entschuldigungen hinriss, dass sich seine Mailbox schließlich genervt abschaltete.
    Seitdem hatte ich nichts mehr von ihm gehört.
    Ich schluckte die aufsteigenden Tränen zusammen mit der Wut auf Julia hinunter –

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