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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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Trends. Und deshalb …« Sie räusperte sich nochmals. »Hier ist das erste Modell für die Damen: das gepiercte Müllsack-Dirndl mit Wäscheklammern. Und hier die etwas härtere Version, das Müllsack-Sadomaso-Dirndl.«
    Bestimmt drei Sekunden herrschte Totenstille. Dann passierte alles gleichzeitig:
    Julia sagte: »Gina, bitte, zieh du das Sadomaso-Modell an. Und jetzt die Hosen für die …«
    »Mei, und was ist jetzt mit meine schönen Klamottn?«, jammerte Therese.
    Anderl äußerte schnaufend etwas, das ich vermutlich falsch interpretierte, etwas, das wie »Die Röcke san doch vui zu lang für a gscheits Sadomaso« klang.
    Und Nat Wildmosers Männer stampften gleichzeitig erst mit dem rechten, dann mit dem linken Fuß auf die bebenden Holzdielen des Ladens: BUMM-BUMM-KLACK. Wie ein Mann rissen sie ihre Bierdosen auf, stampften wieder: BUMM-BUMM-GLUCK, alle tranken gleichzeitig, dazu sang Nat Wildmoser mit hoher Stimme darüber: »We will, we will rock you …«
    Und Floh winselte mit.
    »Stopp, stopp, stopp! Ned so laut.« Therese wedelte mit der Hand. Ich ging schnell an ihr vorbei, in die Kabine. Hinter dem Paravent neben mir zog Quirin sich um, streifte sein Hemd ab, ich sah einen Unterarm, eine Hand. Und nach und nach, während Therese sich mit Nat Wildmoser stritt, ob sie nicht später singen könnten, außerdem müsse er doch mitlaufen, sah ich Quirins Kleidungsstücke an der Wand des Paravents hängen, erst ein Hemd, dann ein T-Shirt, dann die Hose. Auf die Boxershorts wartete ich vergebens. Ich hörte Müllsäcke rascheln, ein unterdrücktes Lachen, ein gemurmeltes: »Mei!«, und Quirin verließ das Paravent. Ich legte mein Top und den Rock auf den Stuhl, der freundlicherweise in der improvisierten Kabine stand, und schaute mir das Müllsack-Dirndl näher an. Julia hatte es mir schon einmal kurz gezeigt. Die Schürze war mit Stacheldraht befestigt, auf Schaumstoff, die Müllsäcke waren durch und durch mit Sicherheitsnadeln gepierct. Von draußen Gemurmel, anscheinend hatten sich auch die anderen hinter ihre Paravents begeben. Nat Wildmosers Männer waren ruhig, nur dezentes Klackern der Bierdosen war noch zu hören. Und ein lauter Hupton.
    Mein Telefon. In meiner Handtasche. Draußen, auf dem Ladentisch. Eine SMS. Oh mein Gott! Eine SMS! Von Mirko! Eine Antwort!
    Schon war ich hinter dem Paravent hervorgestürzt, auf meine Tasche zu. Und erstarrte mitten im Raum. Nat Wildmosers Männer glotzten. Quirin stand vor seinem Paravent. In einem kurzärmeligen Trachtenhemd und einer Art Müllsack-Lendenschurz. Erst in diesem Moment wurde mir klar, dass ich nur BH und Slip trug. Aber für einen Rückzug war es zu spät, ich stieg über Floh, der den Anstand besaß, dezent zur Seite zu blicken. Im Gegensatz zu seinem Besitzer. Aber was kümmerte mich das jetzt.
    Ich griff nach dem Handy, schaute aufs Display.
    »Vögelchen, glaubst du, ich gebe so schnell auf?«
    Die SMS war noch länger, wieder irgendetwas von Schäfern und Wollust. Ich las nicht weiter, fragte mich einen Moment dumpf, ob Wollust nicht mit drei l geschrieben werden müsste, ob Ralli Schafswolle meinte, warum er es in letzter Zeit dauernd mit Schafen hatte, dann erst spürte ich die Enttäuschung in mir aufsteigen und schluckte schwer. Nicht Mirko. Ralli.
    »Keine gute Nachricht?« Quirins Blick. Fragend, neugierig. Und bemüht, in Augenhöhe zu bleiben. Was ihm nicht ganz gelang. Aber es war mir egal, ob ich hier in Unterwäsche stand, ob Quirin und zehn fette bayrische Rocker mich angafften.
    Ralli. Nicht Mirko.
    Ich lächelte unverbindlich, ja, ja, alles supi, und ging zurück zu meinem Paravent.

    Wir würden mit einer Meditationsübung anfangen, sagte Julia. Therese ging durch den Laden, zog überall Vorhänge zu.
    »Die drücken sich da draußen die Nasn platt«, murmelte sie. Wir standen um den Kreidelaufsteg herum, Kathi aus der Nail-Art-Metzgerei schien schon zu meditieren, über einer gewaltigen Kaugummiblase, sie trug das harmlosere Mülldirndl, ohne Stacheldraht, dafür standen von ihrem Körper an jeder möglichen und unmöglichen Stelle Wäscheklammern ab. Anderl neben ihr murmelte immer wieder: »Es ist doch a Schand« und blickte an sich hinunter. Seine Hose war knalleng und mit Klammern getackert, darüber trug er ein rotkariertes Trachtenhemd. Das Karöttchen hatte seine Modeltätigkeit vorübergehend an den Nagel gehängt und war zu Julias Assistenten ernannt worden. Dafür hatte sich Nat Wildmoser umgezogen. Die

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