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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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zu weit gezielten Kuhfladen zu überprüfen, es hätte sowieso nichts genützt, es war zu dunkel, so dunkel, wie es in der Stadt niemals werden konnte. Die vordere Kuh schlug mit dem Schwanz. Es sah freundschaftlich aus, einladend. Und kam mir bekannt vor.
    »Regula? Bist du’s?«
    Bejahender Schwanzschlag. Anscheinend schlief sie nicht. Vielleicht meditierte sie. Ich nahm einen großen Schluck Bier. Um mich herum die Grillen. Die Mücken hatten anscheinend anderswo zu tun. Regula lag bewegungslos. Aufmerksam. Als ob sie wartete. Darauf, dass ich etwas sagen würde.
    »Ich habe heute den besten Kuss meines Lebens bekommen. Und nicht von Mirko.« Seltsam, dies ausgesprochen zu hören, von meiner eigenen Stimme, hier. Regula zwirbelte sanft ihr Ohr. Als ob es sie interessierte, was ich nun sagen würde. Als ob, dachte ich nach einem weiteren Schluck Bier, sie nichts auf der Welt mehr interessierte. Siebenhundert Kilo liegende Aufmerksamkeit.
    »Und ich verstehe überhaupt nicht, was mit mir los ist. Ich bin doch in Mirko verliebt.«
    Schweigen. Sanftes, ohrzwirbelndes Schweigen. Kam es mir nur so vor, oder enthielt es einen Zweifel?
    »Ich weiß gar nicht mehr, wie es ist, nicht von ihm zu träumen. Und ich weiß auch nicht, ob sich das jemals ändern wird.«
    Jetzt schlug sie mit dem Schwanz. Anders als vorher, ungeduldig, wie mir schien, vielleicht sogar eine Spur missbilligend.
    »Du meinst, ich will gar nicht, dass es sich jemals ändert?«
    Schweigen. Großmütig. Voller Verständnis für alle Schwächen der Menschheit.
    »Weißt du, was das Verrückte ist? Als er hier war, hat mir die Sehnsucht nach ihm gefehlt. Aber, was soll ich denn jetzt machen? Regula! Du willst doch nicht sagen, ich soll stattdessen von einem Surflehrer vom Land träumen, nur weil er küssen kann?«
    Wenn eine Kuh sich mit verschränkten Armen hätte zurücklehnen können, ich war sicher, sie hätte es in diesem Moment getan.
    »Er hat mich bestimmt nur aus Eifersucht geküsst, weil seine Freundin was mit Strobl hat.«
    Schweigen. Regula teilte offensichtlich meine Empörung nicht, und sofort beruhigte ich mich auch wieder.
    »Als Mirko mich berührt hat … es hat sich ganz anders angefühlt. So fremd.«
    Daraufhin schwiegen wir gemeinsam einige Minuten, ohne dass es peinlich wurde. Zwischen uns gab es etwas Tieferes als Worte, ich wusste, dass Regula in mein Herz sah, das Durcheinander wahrnahm, das Quirins Kuss angerichtet hatte.
    »Aber es ist doch sowieso alles verfahren, ich verhandle schließlich mit seinem ärgsten Feind. Was soll ich denn anderes machen? Chris ist meine Chefin. Ich muss doch loyal sein.«
    Schweigen. Ein Schweigen, das alles offenließ. In jeder Richtung. Ein Schweigen, von dem mir schwindlig wurde.
    »Ja, ich geb’s zu, ich fühle mich schon ein bisschen von ihr im Stich gelassen.«
    Dafür hatte Regula einen sanften, verständnisvollen Rülpser übrig. Dann schwiegen wir wieder. Ich fühlte mich verstanden. Mehr als das, erkannt. Irgendwo schrie ein Vogel. Meine Bierdose war fast leer. Regula wandte den Kopf, ein Zeichen, dass meine Kuh-Zeit um war, und ich stand auf, getröstet und gerührt.
    Auf dem Rückweg versuchte ich mir einzureden, dass nichts Mystisches an der ganzen Sache war. In Köln wäre ich zum Nachdenken in mein Lieblingscafé gegangen. Hier ging man eben zu einer Kuh. Aber im Stillen wusste ich, dass mehr passiert war. Ich war vielleicht dabei, mich aus Versehen in einen Surflehrer vom Land zu verlieben. Und ganz sicher hatte ich mich in eine Kuh verliebt.

    Am nächsten Tag war das Café bis auf den letzten Platz besetzt. Auch Alexander Strobl war erschienen, mit seinem Vater und dem Bürgermeister. Franzi und Özcan saßen am Ecktisch mit der Nail-Art-Metzgerin, Kathi und Anderl.
    »A Probn?«, hörte ich im Vorübergehen, während ich die ersten Bestellungen aufnahm.
    »Ja, für a Modnschau. A Sadomaso-Dirndl, gä, Kathi? Doch, des is wahr.«
    So viel zu Thereses Geheimhaltungsstrategie. Die mich jetzt nicht groß kümmerte. Ich hatte genug damit zu tun, die Bestellungen am Tisch der Tauchschule aufzunehmen, ohne rot zu werden, wenn mein Blick sich zu Quirin verirrte. Quirin trug ein Tauchschul-T-Shirt, Größe Supereng, hatte seine Sonnenbrille in die Stirn geschoben und sah aus wie die reine Idee eines Surflehrers. Zusammen mit dem dünnen Mädchen, das nach der vegetarischen Seemannsüberraschung gefragt hatte, studierte er die Speisekarte des Karöttchens: Fettuccine mit gebratenen

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