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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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Früchten in Kokossauce. Vegetarisches Gyros mit Fladenbrot.
    »Hast du dich entschieden?« Er lächelte dem Mädchen liebenswürdig zu. Was sie zum Anlass nahm, noch etwas dichter an ihn heranzurücken. Wahrscheinlich gehörte sie zu den Frauen, die es bis zur Perfektion verstanden, dekorativ von Surfbrettern zu fallen. Was nach der Jäger-und-Reh-Theorie das Vernünftigste war, was sie tun konnte.
    »Gut, dann zweimal das vegetarische Gyros.«
    Konnte es sein, dass er blass unter seiner Surferbräune wurde, als er mich ansah? So blass, dass etwas in mir entschied, jetzt doch zu erröten? Was würde Regula mir raten? Auf jeden Fall, die Contenance zu bewahren.
    »Zweimal das Gyros also.« Ich schaute hinüber zu Judda und Üwe, die keine Speisekarte vor sich hatten.
    »Es gibt auch … äh … Kundalini mit fetten Früchten … äh, ich meine … gebratenen Früchten.« Ich würde noch viel von Regula lernen müssen. Aber warum sah Quirin mich jetzt so an, mit diesem belustigten Leuchten in den Augen?
    »Noch einen schönen Abend verbracht, Frau Zuhlau?«
    »Meine Guddsde, Nüdeln mit Öbst, das is nischt für uns, wir nähm lieber die Brötfladen. Aber ohne das Döfü.«
    »Ich … äh … hatte eine Verabredung.«
    »Eine Verabredung? Mit wem denn?«
    »Also Fladen. Zweimal. Mit … mit einer Kuh.«
    »Fladen mit Guh? Nu, meine Guddsde …«
    Ich starrte Üwe an, ohne irgendetwas zu verstehen, und Quirin starrte seinerseits mich an, nestelte dabei an den Pflastern um seine Finger. Erst jetzt fiel mir auf, dass seine ganze rechte Hand verpflastert war. Ich notierte das, was ich verstanden hatte, und flüchtete in die Küche. Das Karöttchen rührte in der riesigen Pfanne, mit freiem Oberkörper und frenetisch schwingendem Zöpfchen. Beim Kochen, ich hatte es in den letzten Tagen beobachtet, veränderte er sich, bekam etwas Konzentriertes, Bestimmtes.
    Etwas – der Gedanke war nicht von der Hand zu weisen – Männliches. Wenn er kochte, war er nicht das Karöttchen, auch nicht Pragit, sondern durch und durch Lutz. Dies war der Name, den er hinter sich gelassen hatte, um sich Pragit zu nennen, er hatte es mir während eines gemeinsamen Kartoffelschälmarathons verraten. Jetzt wies Lutz Julia an, die Nudeln abzugießen, und wandte sich an mich: »Gina, du kannst schon servieren.«
    Folgsam nahm ich die ersten beiden Portionen Gyros und trug sie in den Gastraum. Die nächste halbe Stunde war ich zu beschäftigt, um nachzudenken oder Quirin und das Mädchen, das freiwillig vom Surfbrett fiel, zu beobachten, ich trug volle Teller hin und leere zurück, auch halbleere. Und unangetastete. Ich war schnell wieder in meine geübte Bedienungsroutine hineingekommen, freundlich, aber bestimmt, bemüht, alle Gästewünsche zu erfüllen. Auch den Wunsch, den Koch kennenzulernen. Geäußert, wen wunderte es, vom Strobl-Tisch. An dem Lutz gleich darauf stand. So, wie er gekocht hatte, mit freiem Oberkörper. Auf seinem Rücken, zwischen den Schulterblättern, die hervorstanden wie Flügelansätze, war ein Schmetterling tätowiert. Alexander Strobl zog belustigt die Augenbrauen hoch, musterte ihn von oben bis unten. Der Bürgermeister schob das vegetarische Gyros an den Tellerrand.
    »A Weißwurscht habts zufällig ned? Von mir aus auch vegetarisch?«
    »Das ist doch eine ganz andere Küche.« Alexander Strobl polkte in seinen Fettuccine herum, betrachtete angewidert eine Dattel. »Unentschlossen multikulti. Mit einem Hauch Wüstennomade.«
    Ich stellte die halb abgegessenen Teller aufeinander, ignorierte das Winken der Sachsen vom Nebentisch, in dem merkwürdigen Bedürfnis, das arme Karöttchen nicht alleinzulassen.
    »Aber genau so a lasches Multikulti brauch ma hier ned.« Veit Strobl riss sein Hemd noch ein bisschen weiter auf, zeigte seinen Brustpelz. »Dattln san was für Weiberleit. Ha! Ma könnt fast sogn …«, er lachte vorausschauend über seinen eigenen Witz, der anscheinend so lustig war, dass es ihn fast zerriss: »Dattln für Duttln! Ha! Dattln für …« Als keiner lachte, alle ihn nur entgeistert ansahen, schloss er, etwas bescheidener, mit einem: »A Mannsbild wui a Haxn aufm Tisch! Oder wenigstens an Leberkas. Mit Erdäpfelsalat. Hosd mi?«
    »Wosd recht hosd, hosd recht«, mischte sich Franzi vom Nebentisch ein, »wenn ma scho a Tradition hot, muss man’s auch hochholtn.« Im folgenden Wortschwall wirbelten die Wörter: Döner, Türkei, vegetarisch, anpassen, Özcan und – immer wieder – Haxe

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