Eiertanz: Roman (German Edition)
hi!«
»Mei, so früh?« Hartls Stimme, etwas verärgert. Dann eine andere Stimme: »Ich geh mal eben ins Bad.«
»Kreizkruzifix!« Quirin ließ mich los, und ich fing den rutschenden Bademantel mit letzter Kraft.
»Mei«, sagte Hartl. Er stand in der offenen Tür, in Boxershorts. Christiane sagte gar nichts, schaute nur von Quirin zu mir, dann wieder zu Hartl. Sie trug auch einen Männerbademantel, dazu Plastikbadeschlappen, viel zu groß, ihre Haare waren nicht so perfekt frisiert wie sonst, und sie hatte nur das Nötigste an Schminke aufgelegt. Trotzdem sah sie überraschend gut aus. Jünger. Und fremd.
»I hab do ned ewig Zeit«, rief Therese im Flur. »Hartl? Oh, hallo, Gina. Und … mei … was … was machen … äh … Grüß Gott.«
»Was ich hier mache? Keine Angst, ich will Ihre Besprechung nicht stören. Wir gehen schon. Komm, Gina.«
Damit nahm Christiane mich am Ellenbogen, führte mich durch den Flur, zur Haustür.
Der morgendliche Sperrmülltourismus hatte noch nicht eingesetzt, niemand war Zeuge, wie meine Chefin und ich in zu großen Herrenbademänteln – auf Christianes Mantel war sogar hinten das Emblem der Tauchschule gedruckt – über den Uferweg auf das Haus zuschlichen. Christiane sah mich mehrmals von der Seite an, bevor sie sich räusperte. »Also, du hast auch dort … übernachtet, ja? Ich wusste gar nicht, dass sie zusammen wohnen, Vater und Sohn, unter einem Dach. Wo war denn sein Zimmer? Auch im ersten Stock?«
»Keine Ahnung. Ich … Ich komme … aus dem See. Es war … ein … ein … na ja … Badeunfall. Ja. Ich wollte ihn retten, und dann hat er mich …«
»Gerettet? Mei, Schorschelchen, das ist aber romantisch.« Sie lachte, wie mir schien erleichtert. Wir gingen durch den verwilderten Garten ums Haus herum. Schweigend. Dabei hätte es durchaus das eine oder andere zu sagen gegeben.
Und wie war es bei dir? War es nicht romantisch? Oder: Ich habe übrigens dein Testament gefunden.
»Weißt du irgendwas über diese Besprechung, Schorschelchen?«
Ich schüttelte den Kopf, Therese sei, wie es ausgesehen habe, doch einfach zum Frühstück gekommen.
»Ha! Frühstück!«, knurrte Christiane. »Schlachtpläne schmieden wäre vielleicht die passendere Bezeichnung. Weißt du, Leonhard hat mir gesagt, diese Therese wollte vor der Arbeit noch schnell etwas besprechen, und es wäre …«, sie lachte, »… es wäre vielleicht nicht so geschickt, wenn wir uns über den Weg laufen würden. So hat er sich ausgedrückt.«
»Leonhard?«
»So heißt er richtig. Ein schönerer Name als dieses naturburschenhafte Hartl, findest du nicht? Er passt zu seinen Augen.«
Ich musterte meine Chefin verstohlen von der Seite, aber sie sah mich nicht an, sie blickte auf den Boden, auf ihre Füße mit den sorgfältig lackierten Zehennägeln in zu großen Badeschlappen.
»Schorschelchen?« Christiane war vor der Sperrmüllausstellung stehen geblieben.
»Du machst dir doch keine Illusionen, oder? Dieser gutaussehende Retter und Papageienflüsterer verführt dich natürlich in einer gewissen Absicht. Denk einfach dran, für diese Leute hier steht viel auf dem Spiel.«
»Du … du glaubst, er und … auch Hartl …?«
»Sei doch nicht so naiv, Gina. Ja, das glaube ich. Und ich genieße es trotzdem. Und gleichzeitig kann ich auch noch die Gelegenheit nutzen und Leonhard ein bisschen ausfragen, ob er vielleicht etwas gefunden hat. Er riecht tatsächlich nach Zitrone. Hast du nicht kürzlich davon gesprochen?« Damit schlappte sie die letzten Schritte über den Kiesweg, drückte die Türklinke … ohne etwas zu bewirken. Ich hatte vor dem Joggen abgeschlossen, aus alter Gewohnheit, auch wenn man hier seine Türen und Fahrräder unverschlossen ließ. Aus ebenso alter Gewohnheit griff ich in die Tasche von Quirins Bademantel. Aber ich fand nur einen winzigen Stoffhund. Das typische Geschenk einer verliebten Frau. Ich ließ ihn wieder in die Tasche fallen.
»So ein Mist, der Schlüssel ist in der Tauchschule.«
»Was soll’s.« Christiane drückte auf die Klingel. Mehrmals.
Es war Lutz, der den Ersatzschlüssel aus der Box am Eingang hervorkramte, öffnete und uns von oben bis unten musterte. Erst mich, nur kurz, dann Christiane. Gründlicher. Aus der Küche duftete es.
»Sag jetzt nichts!« Christiane raffte ihren rutschenden Bademantel, ich tat es ihr nach, und wir rauschten an ihm vorbei, verschwanden in unseren Schlafzimmern.
»Es ist ihre Aura«, flüsterte Lutz
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