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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Brendler
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andere austauschen.« Jetzt zuckte es amüsiert in seinen Mundwinkeln. »Ich hab heut um acht den letzten Kurs. Wie wär’s, wennsd ihn nachher einfach mitbringst?«
    Hieß das, wir hatten eine Verabredung? Einen Moment ging mir durch den Kopf, was Christiane gesagt hatte: Sei doch nicht so naiv, Gina. Er verführt dich in einer gewissen Absicht. Und: Ich genieße es trotzdem.
    »Also, bis dann, ja?«
    Therese war in der Tür des Cafés aufgetaucht, blickte mit zusammengekniffenen Augen zu uns herüber, und Quirins Schützlinge folgten in geschlossener Reihe den Düften, die herausdrangen. Jetzt erst sah ich, dass Hartl fehlte.

    Den Rest des Tages arbeitete ich wie in Trance, und ab sieben Uhr brütete ich vor dem Kleiderständer in meinem Schlafzimmer. Hier, vor all meinen Röcken, Hosen, Blusen und Tops, vor allen möglichen Outfits für eine Verabredung, blitzte kurz die Vorstellung auf, wie eine Bettkatastrophe mit Quirin aussehen könnte. Du bist so süß, wennsd so straight bist. Vielleicht stand er auf strenge Erziehung. Immerhin hatte ich sechs Semester Jura studiert, könnte problemlos Frau Zuhlau, die gnadenlose Staatsanwältin, spielen. In Bluse, Kostümjacke, engem Rock und Stiefeln. Die Bluse bis oben zugeknöpft. Er würde einen Knopf nach dem anderen öffnen, in quälender Langsamkeit, während ich ihm juristische Fachbegriffe ins Ohr hauchte, er würde vor mir knien, mit den Fingerspitzen die schnurgerade Naht meiner Seidenstrümpfe entlangfahren, mir mit rauher Stimme all seine größeren und kleineren Vergehen gestehen. In meinem eisigsten Geschäftstonfall, in dem ich sonst nur mit Alexander Strobl sprach, würde ich zehn Jahre Zuchthaus beantragen, während er schon, bebend vor Verlangen …
    Was für eine köstliche, wünschenswerte Katastrophe. Zehn Minuten später stöckelte ich, durch und durch auf Karrierefrau gestylt, auf Echsenledernen den Kiesweg hinunter. Quirins Bademantel über meinem Arm beeinträchtigte den Gesamteindruck vielleicht ein wenig, aber es war zu spät, noch einmal umzukehren und ihn in eine Tasche zu packen, schon sprang mir Floh entgegen, begeistert wedelnd, als wäre ich seit Wochen vermisst gewesen und mein Auftauchen das größte Wunder. Ein Wunder, das sein Herrchen nicht bemerkte. Er stand bis zur Hüfte im Wasser, um ihn versammelt war der neue Schnorchel-Schnupperkurs, zehn bekiffte Frösche, die sich dem üblichen Zirkus hingaben, Mundstücke ausbliesen, Nasenerker zuhielten, flossenfächelnd auf dem Wasser lagen und versuchten, entspannt weiterzuatmen. Plötzlich erschien mir mein Business-Outfit so unangebracht wie ein Taucheranzug in einer Konferenz. Auf meinen Absätzen eierte ich ein paar Schritte zurück. Halbwegs verborgen hinter den Bäumen sah ich zu, wie Quirin die Bewegungen zum Auf- und Abtauchen demonstrierte, während hinter ihm Üwe, in einem figurbetonten Ganzkörpertauchanzug, mit Pressluftflaschen auf dem Rücken, den Steg zum Beben brachte, watschelnd Anlauf nahm, mit einem »Damen uffgebasst, ich gomme!« über den Schnorchelkurs hinweghechtete.
    »Ned reinspringen, Kruzifix!«
    Quirins Rücken, als er sich umdrehte, dem kleinlauten Üwe eine mit bayrischen Flüchen gespickte Strafpredigt hielt. Seine zornblitzenden Augen hinter der Brille, als er sich wieder seinen Schülern zuwandte. Am liebsten hätte ich meine Echsenledernen von mir geworfen, wäre in Kostüm und Bluse ins Wasser gerannt, hätte ihm seine Angeberschwimmbrille in die Stirn geschoben und ihn geküsst. Aber ich traute mich nicht, streichelte stattdessen Floh, kraulte ihm sogar den Nacken, und Floh schmiegte sich entzückt an mein Bein, ließ es sich mit ergebenem Seufzen gefallen. Bis er sich plötzlich aufrichtete, witterte und aufjaulend davonstürmte. In Richtung einer anderen Vermissten. Einer noch länger Vermissten, eines noch größeren Wunders. Die lockige Schönheit im langen Rock kam von der anderen Seite, sie trug einen Rucksack und hielt ihre Sandalen in der Hand. Flohs umwerfende Begrüßung ließ sie lachend über sich ergehen, winkte Quirin lässig zu. »Hier seids!« Von Floh begeistert umtanzt und umspritzt, tat diese Susn, was ich eben noch hatte tun wollen, lupfte ihren Rock, rannte einige Schritte ins Wasser. Samt Rucksack. Und fiel Quirin, der ihr langsam entgegenlief, seine Augen mit der Hand gegen die Sonne beschirmend, um den Hals. Stürmisch, wie Floh. Ohne darauf zu achten, dass ihr Rock wieder ins Wasser sank und die Schnallen ihrer Sandalen

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