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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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meinen Hauptinformanten gewöhnlich schriftlich, daß sie das Manuskript lesen können, bevor ich es einer Redaktion auf den Tisch lege.«
    »In der Beziehung ist er ein bißchen meschugge«, lächelte Elsa. »Aber er hat den Vorteil, dadurch besser zu sein. Nur reich wird er dabei nicht.«
    »Das geht dich nichts an«, sagte ich muffig.
    »Irgendwie bewundere ich das ja«, murmelte Elsa, »aber es macht deine Arbeit so zäh und langwierig. Und wohlhabend wirst du dabei wirklich nicht.«
    »Es dauert länger, aber es hat den Vorteil, präziser, subtiler und nicht so fehlerhaft zu sein wie das Geschmiere gewisser anderer Leute«, sagte ich wütend.
    »Sie sehen, er ist unverbesserlich«, plauderte Elsa. »Tja, dann wollen wir mal. Und falls Ihnen etwas einfällt, was Sie uns erzählen könnten, dann rufen Sie uns einfach an. Wir wohnen ja ganz in der Nähe, zwanzig Minuten weg.«
    »Ich denke, Sie kommen aus Hamburg.«
    »Die Zentralredaktion ist in Hamburg«, sagte ich. »Ich wohne seit fünf Jahren hier in der Eifel. Ich lebe in einem alten Bauernhof, ich gebe Ihnen die Telefonnummer.«
    Ich stand nach wie vor am Fenster, Elsa stand zwei Schritte vom Sofa entfernt auf dem Weg zur Treppe in den Laden. Marita stand ebenfalls, wirkte isoliert und ließ die Arme seltsam leblos hängen. Es war eine Pattsituation.
    »Sie haben ja nicht einmal gefragt, wie ich zu Lorenz stand.« Sie klang enttäuscht und hilflos.
    »Warum sollen wir das?« fragte ich. »Ich kaufe grundsätzlich nie Informationen. Der Informant muß mir vertrauen und darauf hoffen, daß irgend etwas an seiner Situation klarer wird und daß er die Chance hat, die Affäre mit eigenen Worten zu erklären, oder ...«
    »Er war mein Geliebter, wir wollten heiraten«, sagte sie schnell.
    Elsa drehte sich zu mir herum, ließ ihre Augen wie ein Leuchtfeuer blitzen, ging zurück zum Sofa und setzte sich. Ich drehte mich erneut zum Fenster und sah auf die Gasse hinaus. Die Katze war verschwunden.
    »Er war aber doch verheiratet«, sagte ich.
    »Ja, das war er«, sagte sie. »Aber er hatte die Scheidung eingereicht. Der Termin war in vier Wochen.«
    Die Katze war wieder da, hatte sich auf den Stein gesetzt und beobachtete einen Papierfetzen, den der Wind langsam über das Kopfsteinpflaster trieb. Als sie zusprang, drehte ich mich herum und sagte: »Er hatte also am Freitag mittag gar nicht vor, ins Münsterland zu fahren?«
    »Nein«, sagte sie. »Ich dachte, das wüßten Sie. Er machte Freitag mittag Schluß und kam hierher. Wie immer.« Dann begann sie zu weinen und sagte: »Verdammt, das ist alles so schlimm. Ich hab nicht mal sein Grab gesehen, ich konnte nicht mal zur Beerdigung.« Sie stand schnüffelnd auf und suchte irgend etwas.
    »Ich habe sogar daran gedacht, heimlich ins Münsterland zu fahren und auf den Friedhof zu gehen und sein Grab zu suchen. Und dann stehe ich da und weiß nicht ... Was soll ich ihm sagen? ... Es ist ja nur sein Grab.«
    »Hier ist ein Tempo«, murmelte Elsa matt.
    »Ich kriege das nicht geregelt«, sagte sie und schniefte in das Tuch. »Ich bin so was von fertig, daß ich mich kaum noch auf den Beinen halten kann.«
    »Haben Sie denn keine Freunde?« Elsa sah zu Boden.
    »Doch, ein paar, nicht viele. Meine Freundinnen sind alle verheiratet und haben wenig Zeit. Das sagen sie immer. Das ist ein Scheißkaff, ist das hier. So verlogen und so bigott. Ich habe sogenannte Bekannte, die nur über den Hinterhof zu mir kommen. So ist das.«
    Ich setzte mich und sagte: »Vielleicht ist es gut, wenn wir einen Kaffee trinken.«
    Sie nickte und verschwand mit Elsa in der Küche. Ich starrte in das grelle Licht der Sonne, das sich in den Schlieren der Fensterscheibe bündelte. Ich hörte, wie sie in der Küche miteinander sprachen, einmal schluchzte Marita laut und brüllte: »Scheißbundeswehr!« Dann kam die beruhigende Stimme von Elsa und das Klappern von Geschirr. Ich stopfte mir die Commodore von Oldenkott und zündete sie bedachtsam an. Sie zog nicht. In Zeiten der Hektik werden die Pfeifen vernachlässigt. Sie kamen herein, deckten den Tisch, und Elsa sagte: »Stell dir vor, Baumeister, es gibt italienischen Kaffee.«
    »Toll«, sagte ich höflich. »Marita, seien Sie mir nicht böse, aber gibt es Beweise dafür, daß Lorenz Monning Sie wirklich heiraten wollte?«
    »Ja«, sagte sie. Sie stand auf und ging zu einem Schrank. Sie kam mit zwei kleinen grünen und einem kleinen blauen Heft zurück und legte sie vor mich hin. Es waren

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