Eifel-Blues
die Motorhaube. »Wir haben die Apparate immer bei uns, aber die Kameras enthalten keine Filme, sie sind leer.« Ich wirbelte alle drei Nikons auf und legte sie offen auf die Motorhaube. »Und falls Sie das nicht glauben, falls Sie immer noch mißtrauisch sind, dürfen Sie den Wagen durchsuchen. Sie haben zwar keinerlei polizeiliche Befugnis, aber ich erlaube es Ihnen. Und dann möchte ich nicht, daß das noch mal passiert.«
Bis zu diesem Punkt war es offensichtlich nach ihren Vorstellungen gelaufen, aber das alles war nur ein Vorspiel gewesen. Jetzt kam der Punkt, er sammelte Kraft. »Da ist eine andere Sache«, sagte er irgendwie tonlos. »Wir haben erfahren, daß ein Kamerad von uns ... daß einer von der Bundeswehr Ihnen Bilder verkauft hat.«
Links von mir stand eine wilde, samtrosafarbene Malve, an der drei Hummeln hingen. Sie summten sehr laut.
»Das ist richtig«, sagte ich. »Das habe ich auch dem Bundesanwalt gesagt und ihm die Fotos gegeben. Es war aber nicht viel drauf zu sehen. Die Leichen im Jeep sehr unscharf und ein paar Soldaten.«
Er räusperte sich. »Der Bundesanwalt hat aber nur Abzüge gekriegt, nicht die Negative. Und die wollen wir unbedingt haben.«
»Die bekommen Sie nicht. Es ist ein Grundrecht unserer Demokratie ...«
»Wir wollen die Negative, damit das klar ist.«
»Ich habe die Negative nicht in der Tasche ...«
Er lächelte schmal. »Wir glauben Ihnen schon, wenn Sie sagen, daß wir sie kriegen. Und wir wollen den Namen des Soldaten, der Ihnen die Bilder verkauft hat.«
Die Szenerie blieb. Der Jeep, die zwei Soldaten drin, die sich so lümmelten, als seien sie Statisten in einem Wildwestfilm. Der dritte Soldat, ein kleiner, hagerer schwarzer Typ an der Motorhaube, und der Sprecher mit leicht gespreizten Beinen.
»Den Namen gebe ich nicht preis, die Negative bekommen Sie nicht.«
Elsa atmete scharf ein. Ich wußte, daß sie sagen wollte: »Gib ihnen doch die Negative, wir haben genug Bilder, wir können sie neu machen«, aber sie sagte nichts. Ich griff an, weil mir nichts anderes blieb. »Was wollen Sie jetzt machen? Wollen Sie uns totschlagen, wie der Doktor Messner das bei mir versucht hat?«
»Wer ist das? Ich kenne keinen Doktor Messner.«
»Es ist doch sehr einfach«, sagte ich. »Die Kameradschaft bei der Bundeswehr ist lebenswichtig. In meinem Beruf ist lebenswichtig, daß ich Menschen, die mir Informationen geben, niemals verrate. Ich denke, Sie verstehen das sehr genau.«
»Einer hat Ihnen Bilder verkauft und uns verpfiffen.« Er hatte jetzt ein Problem und wurde nicht damit fertig.
»Das ist doch ein leichtes. Sie können doch herausfinden, wer fotografiert hat. Soviel können das doch nicht gewesen sein.«
»Achtundzwanzig«, sagte er schnell.
Die Sonne war sehr intensiv, ein paar Vögel machten netten Lärm, die Hummeln an der wilden Malve arbeiteten weiter, Elsa bewegte sich unruhig.
»Wir fahren jetzt«, sagte ich. »Sie wissen, wo ich wohne. Wir können in Ruhe darüber reden, wenn Sie wollen.« Er nickte langsam und vollkommen in sich gekehrt. »Wir kommen demnächst mal vorbei. Los, fahr die Karre zur Seite.«
»Wie heißen Sie?«
»Norbert Lenz«, sagte er mehr zu sich selbst. »Gute Fahrt.« Er drehte sich ab und ging in einem merkwürdig weiten Bogen um den eigenen Jeep herum. Er ging wie ein Mensch, der in zwei Teile gespalten ist. Die langen, starken Beine staksten kräftig mit nach innen gerichteten Füßen vorwärts. Das wirkte so, als wolle er jemanden angreifen. Von der Hüfte an aber war er nach vorn geneigt, sein Rücken war gekrümmt, und sein Nacken verstärkte die Krümmung, und es schien, als sei ihm sein Kopf zu schwer. Er hielt inne, wandte sie langsam nach links, drehte sich, richtete sich auf, sah uns an, machte eine sehr linkische Verbeugung und sagte scharf: »Fahr die Scheißkarre aus dem Weg!« Dann stand er stocksteif, und sein Kopf knickte ein wenig nach vorn.
Wir stiegen ein, ich fuhr ganz langsam an ihnen vorbei.
»Du lieber Himmel!« Elsa hatte ein schneeweißes Gesicht. »Jetzt verstehe ich, warum ich den Film rausnehmen sollte. Der kneift ja furchtbar.« Sie holte ihn aus der Tiefe ihrer Jeans. »Das war knapp, oder? Du siehst aus wie Frankfurter Handkäs.«
»Ich rieche aber besser. Sie waren stocknüchtern, und sie wollten die Sache schnell und mit Gewalt ausmachen. Das war gefährlicher als zehn Messners zusammen, sie hatten so einen messianischen Blick. Du hast uns gerettet. Du bist eine Frau, und das hat sie
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