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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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eine Kneipe. Wir schliefen lange am Samstag und fuhren dann nach Monschau zum Kaffeetrinken. Dann gammelten wir hier. Am Sonntag dasselbe. Er war gutgelaunt, er lief nach dem Aufstehen im Handstand die Treppe runter. So was konnte er mit links ...«
    »Das geht mir zu schnell«, murmelte Elsa und biß sich auf die Lippen. »Erzählte er nichts aus dem Dienst?«
    »Also anfangs an diesem Sonntag nichts. Dann mittags hatte er plötzlich Hunger ... also Hunger auf mich, und wir schliefen zusammen. Ist das wichtig? Vielleicht ist das wichtig ...«
    »Das ist immer wichtig«, sagte Elsa. »Wir wollen ja nicht wissen, ob Sie die Missionarsstellung geprobt haben oder das, was prüde Deutsche französisch nennen. Da Männer aber beim Bumsen oder nachher gern reden, also die Frage: Hat er was gesagt?«
    »Ich möchte so formulieren können wie Sie.« Marita lächelte. »Ja, er hat was gesagt, aber ich weiß nicht, ob ich überhaupt verstanden habe, um was es ging. Also, wir ... wir aalten uns im Bett und sprachen davon, daß wir Pfingsten nach Texel wollten. Plötzlich sagte er ganz leise: Ich glaube, ich werde mißbraucht. Das sagte er zwei- oder dreimal. Er sagte es nicht wütend, er war auch nicht traurig. Das klang so, als hätte er das jetzt erst begriffen und ...«
    »Sie haben doch bestimmt nachgehakt«, sagte Elsa.
    »Ich habe gefragt: Was soll denn das? Und er antwortete, er würde mir das später erzählen. Es sei so neu, daß er das noch gar nicht richtig begriffen habe. Aber: Er würde mißbraucht.«
    »Von wem denn?« stieß ich nach.
    »Das habe ich auch gefragt. Er sagte: Wahrscheinlich von zwei Menschen. Von meiner Frau und meinem Vorgesetzten.«
    »Also auch von Hartkopf, den wir als Doktor Messner kennen?«
    »Richtig. Aber ich habe bis heute nicht kapiert, was er meinte. Und bis Sie kamen, habe ich das auch nicht in Verbindung, in Verbindung, in ... mit seinem Tod gebracht.«
    Sie tat ein paar Schritte in altes Laub und starrte in den Wald. »Wir haben dann aufgehört, davon zu sprechen. Ich ging in die Küche und machte Kaffee. Als ich zurückkam, saß er an seinem Schreibtisch und lachte leise. Er hatte sich etwas auf ein Blatt Papier geschrieben. Das Papier knüllte er zusammen und verbrannte es in einem Aschenbecher. In diesen Dingen war er pingelig: Nie blieb etwas Schriftliches zurück. Er sagte: Das Schwein hat die Aktenlage ausgenutzt. Das sagte er zweimal. Ich war fröhlich und fragte: Was sollen alle diese dunklen Andeutungen? Und er antwortete: Es geht nur um Macht für einzelne Menschen. Was anderes haben die nie gewollt. Aber er sagte nicht, wen er meinte, wer diese Macht wollte. Es war Spätnachmittag, als die Susanne Kleiber anrief. Das weiß ich genau, weil ich am Telefon war. Sie sagte: Gib mir mal den Lorenz ...«
    »Mit welcher Stimme?« fragte Elsa schnell.
    »Mit normaler Stimme. Lorenz ging ran, und sie redeten kurz miteinander. Dann legte er auf und sagte: Ich muß um neun rauf ins Depot. Wir wollen uns einen LKW-Fahrer aus der DDR ansehen ...«
    »Moment mal«, sagte ich. »Genau das waren seine Worte?«
    »Genau das«, sagte sie. »Aber weiter nichts. Nur: Wir wollen uns einen DDR-LKW-Fahrer ansehen. Um halb neun abends ist er dann raufgefahren. Dann nichts mehr.«
    »Das habe ich jetzt verstanden«, sagte ich. »Nun weiter zu Ihnen. Sie waren also bis zum Abitur in einem Internat in Trier.«
    »Dann wollte ich studieren, aber daraus wurde nichts, weil mein Aussehen dazwischenkam. Ich wurde Model, ich verdiente eine Menge Geld, aber ich war nicht diszipliniert genug. Ich fraß zuviel, und wahrscheinlich habe ich auch zuviel getrunken. Mit 24 war ich unten und bekam plötzlich Angebote für Pornofilme. Das machte ich nicht. Ich wollte zwar nicht zurück zu meiner Familie, aber ich mußte, weil ich pleite war. Dann kam ein Fabrikant daher, verheiratet und mit einem Stall voll Kinder. Der Mann hatte eine grauenhafte Angst vor Impotenz, was dazu führte, daß er impotent war. Der richtete mir den Laden hier ein, und ich befreite ihn von seiner Angst, so gut es ging. Zwei Jahre ging das so. Dann begriff ich, daß ganz Blankenheim Bescheid wußte und mich insgeheim verachtete. Also zahlte ich dem Fabrikanten Pfennig für Pfennig zurück. Harte Zeiten waren das. Der Laden gehört jetzt seit drei Jahren mir. Vor zwei Jahren lernte ich Lorenz Monning kennen. Das war bei einer Fete in Bad Münstereifel, dort war er stationiert. Wir, na ja ... es war Liebe auf den ersten Blick. Er sagte mir

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