Eifel-Blues
herausgefunden. Es gibt im Rahmen der NATO rund 500 Militärdepots in der BRD. Das ist Weltrekord. Die wichtigsten Depots werden direkt von Militär bewacht, die weniger wichtigen von Privatfirmen, die Rentner mit Schäferhunden einsetzen und so ihre Gewinne maximieren. Dann gibt es eine Unmenge von Depots, die gar nicht bewacht werden. Das sind die sogenannten Sprengmittelhäuser, die man mitten in den Wald gesetzt hat oder um die herum man Schonungen anlegte. Die Sprengmittelhäuser sind mit den Ladungen gefüllt, die man braucht, um Brücken und Dämme in die Luft zu jagen, wenn der böse Feind kommt. Alle Depots sind wie eine Zwiebel gebaut. Gewissermaßen hinter der letzten Schale lagern die Munition, die Sprengstoffe, die Raketenköpfe. Jedes Depot ist über eine Alarmeinrichtung direkt mit dem nächsten großen Polizeirevier verbunden. Niemand hat eine Chance, unbemerkt an das Zeug heranzukommen. Vom Depot in Hohbach zum Beispiel ist nur ein Viertel zu sehen, der Rest liegt hinter meterdickem Beton und Stahl tief in der Erde.«
»Und wenn mal ein Flugzeug auf so ein Ding stürzt?«
»Dann gute Nacht, Marie. Darüber laß uns besser nicht spekulieren. Was machen wir jetzt? Ich weiß: frühstücken und eine Runde schlafen.«
»Du bringst mein ganzes ordentliches Leben durcheinander, Baumeister.«
»Sieh mal, wie schön das Land nach Regen und Gewitter aussieht.«
Gegen elf Uhr kam Naumann vorbei und warf uns aus dem Bett. Er besah sich die Naht hinter dem Ohr, zog behutsam die Fäden und murmelte etwas von »sehr gutem Heilfleisch«.
»Wann können wir bei der Mordkommission in Trier eintrudeln?«
Er grinste. »Sie brauchen nicht hin. Da gibt es den Kriminalrat Rodenstock. Der läßt anfragen, wann er kommen darf. Er ist ganz wild auf Sie.«
»Ist er gut für uns?«
»Mit Sicherheit. Er ist stinkwütend, daß der MAD die Mordkommission aus dem Rennen geworfen hat.«
»Sagen Sie ihm bitte, er kann jederzeit kommen. Ich habe noch eine Frage nach den ersten beiden Leichen. Aus welcher Entfernung sind Monning und Kleiber erschossen worden?«
»Höchstens zwei bis drei Meter, schätze ich. Ich habe übrigens noch einen sehr wichtigen Hinweis: Die dritte Leiche, Marianne Rebeisen, war schwanger. Im zweiten Monat. Meine Kollegen aus Bonn haben mir das gesagt.«
»Es wird immer verrückter«, sagte Elsa. »Ob Monning der Vater ist?«
»Monning wird nicht dreißigtausend Mark mit Marita Heims sparen und von einer Kölner Prostituierten ein Kind bekommen«, gab ich zu bedenken.
»Lehr mich die Menschen kennen«, sagte sie leise.
»Wie lange werden Sie noch brauchen, um das alles zu entwirren?« fragte der Arzt.
»Keine Voraussage«, sagte ich. »Im Grunde wartet man bei so einem Fall immer auf den Menschen, der einfach sagt: Ich kann das alles erklären. Aber in der Regel muß man sich die Dinge selbst zusammenreimen, weil ein solcher Mensch nie auftaucht.«
»Aber der Mörder weiß alles«, sagte Elsa schnell.
»Ganz falsch«, sagte ich. »Es ist durchaus vorstellbar, daß der Mörder auch nur einen Ausschnitt kennt. Es ist vorstellbar, daß er aus gewissen Einzelheiten die falschen Schlüsse zog, daß gar kein Grund bestand zu morden.«
Sie überlegte das und war erschreckt. »Also kann der Mörder gedacht haben, daß Monning etwas wußte, weil einiges darauf hindeutete, daß er etwas wußte. Und tatsächlich wußte Monning nichts.«
»Das geht noch weiter«, sagte ich. »Es kann sein, daß Susanne Kleiber und Marianne Rebeisen nur ermordet worden sind, weil sie zufällig am Tatort waren. Es kann aber auch sein, daß es Monning zufällig erwischt hat. Und so weiter und so fort in allen Kombinationen. Und dann kommt die schlimmste Möglichkeit: Ein Irrer, absolut ohne erkennbares Motiv, wohnt in der Gegend um Hohbach und will nur einmal ausprobieren, wie seine Schrotflinte funktioniert.«
Der Arzt protestierte. »Warum wurden Sie und Alfred dann verprügelt?«
»Ich habe darüber nachgedacht. Sie spielen auf unseren geliebten Messner an. Es gibt eine sehr einfache Antwort: Messner glaubt, daß hier eine Spionagegeschichte läuft, von der er nichts weiß. Er benimmt sich also wie jeder Platzhirsch, schmettert alles ab, was in sein Revier vorstößt. Und sei es auch nur, um den Überblick zu behalten und die Kontrolle nicht zu verlieren. Auf gut deutsch wurden Alfred und ich einfach verprügelt, um aus der Szene herausgehalten zu werden.«
Naumann nickte langsam. »Und ein Typ wie Messner würde
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