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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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»Messner wäre so himmlisch als der große geheimnisvolle Spion, der hinter allem steckt. Und ich träume davon, daß du ihn mit der Messerschärfe deines Verstandes zur Strecke bringst.«
    »Du wirst mir unsympathisch«, sagte ich.
    Sie stand da und starrte auf die Fliesen. »Die Frau in dem Tante-Emma-Laden in Hohbach findet übrigens den Lastwagenfahrer aus Dresden sehr nett. Der kommt jedes Jahr mal vorbei und kauft bei ihr Kinderspielzeug und Sachen für seine Frau und so.«
    »Ja und?«
    »Nichts weiter. Nur so. Sie mag ihn. Sie sagt, er ist ein netter Kerl und lacht dauernd und macht Spaße.«
    »Zieh mich nicht auf, da ist noch was.«
    »Richtig«, sagte sie. »Sie haben ihn nicht mehr erwischt. Er ist losgefahren, ist in Herleshausen über die Grenze in die DDR und verschwunden. Er ist Messner und Konsorten durch die Lappen gegangen.«
    »Das kann doch gar nicht sein«, sagte ich. »Die Kleiber hat Lorenz Monning bestellt, weil sie sich den Lastwagen ansehen wollten. Der ist bis zur DDR-Grenze fünf bis acht Stunden unterwegs. Wieso konnte er ihnen entkommen?«
    »Das ist die Frage«, murmelte sie. »Liebe Hausfrau, ergänzen Sie: Ohne Flei- kein Prei-.«
    Ich rief Alfred an und fragte, wie man herausfinden könne, wo der Schäfer sei. Er sagte, ich solle es in der Staatlichen Domäne versuchen, der die Herde gehöre. Aber dort wußten sie nur, daß der Schäfer in den großen Steinbrüchen am Ostrand der Kalkmulde sei, irgendwo in der Gegend. Als ungefähre Richtung reichte das.
    Wir fuhren nach Westen und ließen den Wagen oberhalb des ersten kleinen Steinbruchs stehen. »Wenn wir Glück haben, sind es zwei, drei Kilometer, wenn wir Pech haben, das Dreifache.«
    »Sieh mal, die Farbe der Steine ist phantastisch«, sagte Elsa begeistert.
    »Die meisten Steinbrüche hier liegen still, und ein paar Idioten warten darauf, daß sie voll Wasser laufen. Sie träumen von Bratwurstbuden und Colaverkauf an Leute, die auf zweihundert Quadratmetern surfen wollen. Das nennt man Strukturwandel, nachdem es gelungen ist, die bäuerliche Kultur kaputtzumachen.«
    Nach zwei Kilometern hörten wir die Klarinette.
    Der Schäfer hatte seinen Karren auf die erste Sohle eines dreistufigen Steinkraters gestellt. Er hockte vor einem mattblau rauchenden Feuer, über dem ein Kessel hing. Und er spielte den Basin Street Blues.
    »Das glaubt uns keiner«, sagte Elsa atemlos, und sie schraubte das vierhunderter Rohr auf die Kamera und fotografierte den Mann. »Wie gehen wir vor?«
    »Harmlos wie immer«, sagte ich. »Am besten als Leute, die hier rumkraxeln und keine Ahnung haben.«
    Die Klarinette schraubte sich in schnellen Sprüngen hoch, ging dann Blue Velvet an, wenig später den Trumpin Blues. Als wir nach dem Abstieg suchten, verlor sie sich im St. Louis Blues. Kein Zweifel, der Mann spielte sehr leicht und gekonnt, die Läufe perlten wie ein Gebirgsbach.
    »Kann sein, daß das unser Waterloo wird«, sagte ich. »Jemand, der so spielt, ist einfach zu gut. Und Schafhirte ist der auch nicht.«
    Dann sahen wir die Herde in einer großen Wiese liegen. Ein schwarzer großer Hund kam schnell wie ein Strich heran.
    Ich sagte hastig: »Streichel ihn nicht!«, aber sie war starr vor Angst und bewegte sich überhaupt nicht. »Du sollst dich natürlich verhalten«, sagte ich. »Das ist doch kein Horrorfilm.«
    »Ich benehme mich ja natürlich«, sagte sie. »Ich hab Angst, und der guckt so heimtückisch.«
    Der Hund trollte sich, als habe er etwas gehört, das wesentlich interessanter war als wir. Dann fanden wir den Abstieg und gingen auf den Hirten zu, der uns entgegensah und dabei eine Zigarette drehte. Die Klarinette hatte er auf einen großen rötlichweißen Bruchstein neben sich gelegt.
    »Ich hoffe, Sie haben einen Schnaps bei sich«, sagte er fröhlich. »Wir haben Sonntag.«
    »Aber es ist nicht Sonntag«, sagte Elsa irritiert.
    »Es ist so«, erklärte er, »die Gewerkschaft hat festgestellt, daß Schafe auch einen Sonntag brauchen. Wir haben durchgesetzt, daß wir selbst bestimmen können, wann Sonntag ist. Also: Heute ist Sonntag.«
    Er war ein Mann Ende Dreißig, mit dichtem dunkelbraunem Vollbart, einer roten Zinkennase und in vielen Lachfalten versunkenen Augen.
    »Wir streunen hier herum«, sagte ich. »Und leider haben wir keinen Schnaps, aber beim nächsten Mal denken wir daran. Lohnt sich denn die Schäferei noch?«
    Er trug das, was wir in grauer Vorzeit ein Buschhemd genannt hätten, darunter Lederhosen, die über die

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