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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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wir warten.«
    Um ein Uhr gingen wir hinunter in den Schankraum. Ein paar Männer standen am Tresen, sprachen miteinander und tranken ihr Bier. Die Tische waren unbesetzt. Es herrschte sekundenlang vollkommene Stille, als wir eintraten. Dann grüßten sie freundlich und wir setzten uns.
    Die Wirtin kam verschwörerisch heran. »Die Gabriele Monning, die Frau vom Lorenz, hat gehört, daß Sie hier sind. Und sie bedankt sich auch schön für Ihr Kommen und läßt fragen, ob sie mit Ihnen sprechen kann.«
    »Selbstverständlich«, sagte ich kurz angebunden. »Wo und wann?«
    »Vier Uhr zum Kaffee bei Meier zum Hofe. Das ist ihr Mädchenname. Ich würde Ihnen dicke Bohnen in weißer Soße anbieten. Kartoffeln dazu und ein Schnitzel natur.«
    »Toll«, sagte Elsa schon wieder. »Die Gabriele wohnt nicht bei den Schwiegereltern?«
    »Nein, nein, die haben sich den alten Hof von ihren Eltern eingerichtet. Der war ja eigentlich ein kleiner Bauer, ein kleiner Krauter, wie man so sagt. Ein bißchen Vieh noch, aber sonst nur das, was man braucht, ein paar Hühner und so. Lorenz hat für Gabriele ihr Elternhaus neu ausgebaut, für sie und die Kinder. Lorenz' Hof soll ja stark vergrößert werden, und sie brauchen das Wohnhaus da ja nicht mehr. Soll wohl ein Wirtschaftsgebäude werden, wenn sie das mit der Großschlachterei machen ...«
    »Lorenz wollte wieder hier anfangen?« fragte Elsa schnell.
    »Ja sicher. Das war der Plan, und die Gabriele hatte das alles ja fest in der Hand. Die ist tüchtig, die ist das, was die Leute clever nennen, die wollte was Neues anfangen, die hat ja auch Managerkurse in Hamburg belegt und alles so was. Na ja, ich verstehe ja nix davon, aber die war dahinterher und die Gemeinde hat sich gefreut, von wegen Gewerbesteuer und so und neue Arbeitsplätze. Sieht ja hier beschissen aus mit den Arbeitsplätzen. Mein Gott, das war damals eine Hochzeit bei den beiden.«
    Die Schnitzel hatten den Umfang einer mittelgroßen Bratpfanne, die Kartoffeln schmeckten nach Kartoffeln, die dicken Bohnen waren ein Genuß, nur die weiße Soße war des Guten zuviel.
    »Ich würde hier in einer Woche fett«, sagte ich. »Ich frage mich die ganze Zeit, ob die Geheimdienste hier waren. Es spricht einiges dafür, daß sie die Angehörigen völlig rausgelassen haben, weil Lorenz Monning so gut wie nie hier war.«
    »Und was bedeutet das für uns?«
    »Das bedeutet, daß sie tatsächlich nichts wissen. Aber vorstellbar ist mir das noch immer nicht.«
    »Ich bin auf die Frau gespannt«, flüsterte Elsa. »Wahnsinnig gespannt.«
    »Ich bin überhaupt nicht gespannt auf die Dame. Sie wird eine der Hausfrauen sein, die alles für sich und die Kinder und den Mann wollen: liebevolle deutsche Mutter, Geschäftsgründung und die erste Million möglichst schnell. Und sie ist gescheitert. Aber dieser Lorenz Monning wird meinem Hirn immer unerträglicher. Er läßt sich von der Frau scheiden, oder er will das tun. Er verspricht einer zweiten Frau die Heirat und kauft mit ihr einen alten Bahnhof, um eine Kneipe und ein Hotel zu machen. Er kriegt von einer dritten Frau ein Kind, deren Freundin eine Mitspionin ist. Gleichzeitig wartet dieses ganze Dorf darauf, daß er demnächst zurückkommt. Und zwar, weil er nicht nur Schützenkönig werden soll, sondern nebenbei auch noch eine Großschlächterei gründen will. Dieser Mann hat etwa vier Karrieren parallel machen wollen, dieser Mann muß schizophren gewesen sein.«
    »Vielleicht war er das«, murmelte sie.
    Nach dem Essen gingen wir zwei Stunden spazieren, sahen in der Ferne große Höfe, trödelten herum auf Sandwegen, auf denen stahlblaue Mistkäfer herumtorkelten, lagen unter einer Eichengruppe im samtweichen Gras und wurden immer ungeduldiger.
    Wir gingen zu Fuß, nachdem wir uns um einige Schattierungen dunkler angezogen hatten. Die Wirtin hatte mir drei Teerosen aus dem eigenen Garten spendiert, weil es einen Blumenladen nicht gab. Elsa hatte auf Make-up verzichtet und sah bleich und edel aus.
    Die Hofanlage sah von weitem gut aus, hatte etwas von deutscher Romantik, lag in einer Eichengruppe. Als wir näherkamen, sahen wir den Verfall. Kein Gerät ohne Rost, der landwirtschaftliche Betrieb offensichtlich aufgegeben, in einem nach vorn offenen Bretterverschlag rosteten zwei Traktoren. Das Wohnhaus war neu, sehr aufwendig aus roten Klinkern hochgezogen. Das roch nach Geld.
    Es war offensichtlich die Uroma, die uns empfing, eine Frau mit einem schmalen, zerfurchten Ledergesicht auf

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