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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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schweigsam, während sie mit Bienenemsigkeit den Tisch deckte und uns eine kleine Vase mit Blumen hinstellte.
    »Der alte Monning ist völlig von der Rolle«, sagte sie. »Und Lorenz' Frau, die Gabriele, mußte sogar zu einem Nervenarzt, damit sie nicht durchdreht, sagen die Leute. Kennen Sie die Gaby?«
    Ich schüttelte den Kopf und Elsa sagte: »Nein.«
    »Lorenz wollte ja aufhören beim Bund«, sagte sie. »Der wollte zurück zur Frau und den Kindern und die Höfe machen. Gaby hat mir gesagt, er wollte sich auf Kälbermast spezialisieren. Da ist ja noch was zu holen. Es war ja auch die Rede davon, daß er eine Großschlächterei aufmacht. So Wurst aus dem Münsterland. Und nächstes Jahr sollte er Schützenkönig sein.« Sie arrangierte die Butter, die Milch, das Salz, den Pfeffer. »So nette Kinder, so eine nette Frau. Den alten Monning hat das geschmissen. Na ja, was Wunder.« Dann ruckte sie hoch und schrie durchdringend: »Oma, mach mal ein bißchen schneller, die Leute verhungern mir ja.« Dann vertraulich: »In der Küche herrscht unsere Oma. Bleiben Sie länger?«
    »Wir hätten gern ein Zimmer«, sagte ich. »Ich weiß noch nicht, wie lange wir bleiben.«
    »Ein Zimmer, jawoll. Ich gebe Ihnen eins nach hinten raus, weil heute abend der Gesangverein im Saal ist, und da ist es etwas laut.«
    Das Frühstück war gut, die Wirtin rührend besorgt, wir fühlten uns unbehaglich.
    »Waren Sie also ein Kollege vom Lorenz?«
    »Ja. Eine andere Einheit, aber ich kannte ihn. Panzergrenadiere.« Das war das einzige, was ich locker dahinsagen konnte.
    »Ach so«, sagte sie. »Lorenz war ja auch Ehrenmitglied im Kriegerverein. Es war eine schöne Beerdigung, obwohl die Familie ihn ja nicht mehr ansehen konnte. Muß ja ein furchtbarer Unfall gewesen sein.«
    »Furchtbar«, sagte ich.
    »Aber gelitten hat er nicht«, sagte Elsa.
    »Wollen Sie noch Kaffee?«
    Wir wollten keinen mehr, rauchten in Ruhe und warteten auf das Stichwort.
    Endlich sagte sie: »Sie gehen also die Dorfstraße runter bis zur Volksbank. Dann links, und dann sehen Sie den Friedhof schon liegen. Lorenz' Grab ist im Familiengrab von Monnings, das größte und erste linker Hand. So ein trauriger Fall.«
    Als ich die Tür hinter uns schloß, sah ich sie den Telefonhörer abnehmen.
    »Ich finde diese Art der Recherche nicht gut«, sagte Elsa.
    Wir gingen ordentlich untergehakt durch die Sonne, und die Leute, die uns begegneten, grüßten freundlich. Der Friedhof war zweigeteilt in einen sehr alten und einen sehr neuen Teil. Das Familiengrab der Monnings war so groß wie eine Vier-Zimmer-Wohnung und besetzt mit Findlingen, auf denen ohne kirchliche Sprüche die Namen der Toten, ihre Geburtstage und Sterbedaten in einfachen Bronzelettern eingelassen waren. Unwillkürlich dachte ich an ein Hünengrab, heidnische Rituale. »Das ist der Adel dieser Gegend«, sagte Elsa. »Die großen Bauern sind schweigsam, gottesfürchtig, sauflüstern und geil.«
    »Heh, das ist ja ein gewaltiger Spruch.«
    »Na ja, ich weiß, wovon ich rede. Ich hatte mal einen Freund, der von einem der großen Höfe hier stammte. Zuletzt ging es ihm so schlecht, daß er sich pro Tag nur einen grünen Hering erlauben konnte. Aber den servierte er sich bei Kerzenlicht auf einem alten Silbertablett.«
    Eine Frau auf einem Fahrrad fuhr zwischen den Gräbern durch und sah uns mit hochgerecktem Hals sehr intensiv zu, wie wir da in der Sonne standen, fuhr dann gegen einen Begrenzungsstein und fiel unendlich langsam um.
    Elsa kicherte grell, und ich sagte schnell: »Reiß dich zusammen, lach in der Eifel.«
    »Es ist aber so grotesk«, murmelte sie.
    Wir blieben eine halbe Stunde, dann gingen wir zurück, und die Art der Leute auf den Dorfstraßen hatte sich kaum merklich verändert. Sie grüßten herzlicher, uns verbunden. Sie wußten alle, weswegen wir gekommen waren, sie verstanden es alle, und sie fanden es gut. Wir ließen uns das Zimmer geben, und ich sagte kein Wort, während Elsa munter plapperte und der Wirtin Komplimente der Art machte, daß sie das Dorf toll fand und das Frühstück toll und den Friedhof toll und die Landschaft toll.
    »Du übertreibst etwas«, sagte ich.
    »Laß mich und versink in deiner Trauer.«
    »Lach mich nicht aus, aber ich glaube, ich hätte diesen Lorenz Monning gern gekannt.«
    »Er war sicher ein seltsamer Mann«, sagte sie. »Und ich weiß immer noch nicht, ob er eine Sau oder ein Heiliger war. Was glaubst du, wer wird als erster kommen?«
    »Keine Wetten,

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