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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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würden, aber sie wußte nicht, ob ich sie mitnahm. »Es geht nicht«, sagte ich. Und dann nur scharf: »Nein!« Das verstand sie, trollte sich und ging in eine dunkle Ecke, um zu trauern. Ich hatte mir das so zurechtgelegt, viel wahrscheinlicher war, daß sie sich mit einer Horde wüster Bauernkater verabreden würde, um oben auf den Hügel Spitzmäuse zu jagen.
    Elsa trödelte herum und konnte sich nicht entschließen, ob Hosen oder Kleid.
    »Ich nehme das weiße Kleid und Pumps. Werden wir übernachten?«
    »Man sagt, Münsterländer Bauern seien stur. Nimm also die Zahnbürste mit.«
    »Wir können nicht sagen, wer wir sind und was wir schon wissen. Wie wollen wir vorgehen?«
    »Ich bin gegen Tricks und gegen Türken. Ganz ohne geht es aber nicht. Schau: Ein weißes Kleid und blaue Schuhe und blauer Gürtel, das ist doch gut.«
    »Aber dann brauche ich ein blaues Hemd drüber, ein Männerhemd.«
    »Es fängt immer sehr harmlos an. Im Schrank sind blaue Hemden.«
    »Findest du meine Brüste noch in Ordnung?«
    »Ja, sehr. Jedenfalls sind sie makellos gegenüber meinem Bauch.«
    »Was ist mit der Naht über dem Auge und hinter dem Ohr?«
    »Es pocht, aber es schmückt mich. So in der Richtung schwer angeschlagener, aber standhafter Held.«
    »Trotzdem siehst du aus wie ein Strauß Feldblumen.«
    Wir fuhren schnell, auf dem ersten Autobahnstück aus der Eifel nach Köln rauschte ich mit einhundertsechzig zu Tal, an Köln vorbei und wurde aufgehalten, wo alle immer aufgehalten werden. Die AI zwischen Köln und Dortmund scheint vernagelt, ist immer im Bau, immer kaputt, feiert Triumphe bei der Staubildung und läßt Straßenbauer in einem miesen Licht erscheinen. Chet Atkins dröhnte auf WDR 2 Like a Crystal in the Night. Eine klare, gute Gitarre, nicht verschwommen durch elektronische Schleifereien.
    Jemand referierte über Glücksreisen, was immer das sein mag, und Elsa fragte: »Können wir nicht zusammen in Urlaub fahren, wenn wir die Geschichte hinter uns haben?«
    »Bitte, nein«, sagte ich erschreckt.
    Sie war ein bißchen beleidigt, und ich setzte schnell hinzu: »Erst die Geschichte, dann sehen wir weiter.«
    »Du bleibst also der Alleinunterhalter?«
    »Das ist zu befürchten«, sagte ich. »Ich bin nämlich der einzige, dem ich traue.«
    »Du tust mir manchmal ganz schön weh.«
    »Das ändert nichts an den Tatsachen.«
    Erst weit hinter Dortmund war die Strecke frei, und ich konnte mich wieder beeilen. Wir erreichten Kalkdorf gegen zehn Uhr. Es war ein sehr ordentliches, schmuckes Dorf, die Kneipe hieß Zur Linde und hatte ein Schild in den Butzenscheiben hängen: Schinkenbutterbrote. Es war alles so sauber, daß man die Schinkenbutterbrote vom Gehsteig essen konnte. »Zweites Frühstück«, sagte ich. »Sei nett zu mir, wir sind irgendwie verwandt.«
    »Du trickst.«
    »Uns bleibt nichts anderes«, sagte ich.
    Irgend jemand im Radio dröhnte die zweihundertste Version von King of the Road, ich drehte ab. »Zurückhaltung und sanfte, aber wilde Trauer ist angesagt«, sagte ich.
    »Scheiße«, sagte sie.
    Die Kneipe war urgemütlich, wenn man das Bemühen bedenkt, sie so aussehen zu lassen, als lebten wir knapp nach dem Dreißigjährigen Krieg. Niemand war zu sehen, wir waren die einzigen lebenden Wesen.
    »Ein Tisch nahe an der Theke«, flüsterte ich.
    Die Wirtin erschien, wünschte ungeheuer forsch: »Schönen Tach auch«, und fragte: »Soll's was Alkoholisches sein?«
    »Nein danke«, sagte Elsa. »Wir möchten gern frühstücken, geht das?«
    »Würstchen, Eier auf Speck, ein bißchen Mettwurst, Marmelade selbstgemacht, Brötchen?« haspelte sie herunter. Sie war blond und unnötig dick und scheinbar ganz und gar von dem Gedanken beseelt, die Menschen seien eigentlich gut. Sie strahlte unentwegt.
    »Ein bißchen von allem«, sagte ich. »Können Sie uns sagen, wo der Friedhof ist?«
    »Aber es ist doch gar keine Beerdigung heute«, sagte sie irritiert.
    »Das ist es nicht«, sagte ich und trat Elsa leicht auf den Fuß.
    »Mein Mann besucht das Grab eines Kameraden«, plauderte Elsa. »Lorenz Monning, wissen Sie. Zur Beerdigung konnten wir nicht kommen.«
    Das Lachen glitt von ihrem Gesicht wie ein Wassertropfen. »Der Lorenz«, sagte sie langsam. »So ein guter Kerl, und dann der Unfall.«
    »Es trifft immer die Besten«, sagte ich.
    »Ich zeige Ihnen den Friedhof«, sagte sie. Dann war sie wieder um Munterkeit bemüht: »Aber erst mal gibt es Frühstück.«
    Wir waren unserer Rolle gemäß sehr

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