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Eifel-Blues

Eifel-Blues

Titel: Eifel-Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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unglaublich krummen Beinen. Sie murmelte etwas Burschikoses wie »Kommt man rein« und ging vor uns her. Sie hatten wohl versucht, das Haus so zu bauen, wie man sich vorstellte, daß die Herren dieses Landes einst gehaust hatten: pompös und überladen. Hinter der kleinen Diele lag ein hallenähnlicher Raum, der bis in den Dachstuhl reichte: von dunklen Eichenbalken durchzogene Klinkerflächen. Sechs Türenfenster ließen viel Licht einfallen, dahinter ein Garten, gepflegt, sehr sauber. An der Innenwand ein Kamin aus dunklem Stein. Darin ein Feuer und davor eine Sitzgruppe aus schwarzem Leder.
    Gabriele Monning war eine schmale, zierliche Frau um die Dreißig. Sie trug das dunkelbraune Haar lang herunterhängend ohne Schnörkel, und sie war sehr hübsch in einem dezenten, streng englischen Hosenanzug mit einem einfachen Männerhemd aus weißem Leinen. Ihr Schmuck war von Cartier, was nichts sagt außer über den Preis. Sie hockte in einem der Ledersessel, stand auf, drehte sich zu uns und sagte leise und affig: »Ich danke von Herzen für Ihren Besuch. Setzen wir uns.«
    »Wir wollten Ihnen unser Beileid aussprechen«, sagte Elsa. »Er war ein feiner Kerl, mein Mann kannte ihn.«
    »Ja, ja«, murmelte sie schnell. Ihr Lächeln kam und ging sehr schnell, als habe sie die Kontrolle über diesen Mechanismus verloren. »Es ist still im Haus. Meine Eltern sind mit den Kindern und Oma Monning nach Sylt gefahren. Hier ... hier ist es zu still und bedrückend. Tee? Kaffee?« Sie hatte plötzlich rote Flecken im Gesicht.
    »Wir nehmen Tee«, sagte Elsa.
    »Waren Sie in der Kompanie meines Mannes?«
    »Nein, nein. Nachbarkompanie, Panzergrenadiere. Wir hatten manchmal dienstlich miteinander zu tun.«
    »Lorenz ist in der Arbeit für die Bundeswehr ja völlig aufgegangen«, sagte sie hohl. »Aber gegen Jahresende wollte er zurückkommen. Wir wollten neu anfangen.«
    »Wir hörten: eine Großschlachterei«, sagte Elsa lächelnd.
    »Nicht nur das«, sagte sie schnell, und sie wirkte plötzlich erstaunlich sicher. »Auch Verarbeitung. Wurst und so. Wir dachten an eine Fünf-Millionen-Investition.«
    »Das ist ja wohl zu Ende jetzt«, murmelte ich.
    »Durchaus nicht«, sagte sie schnell, »durchaus nicht. Jetzt ziehe ich es allein durch, die Bank will es auch so.«
    Elsa warf mir einen warnenden Blick zu, und ich verstand das nicht. »Wenn Sie die Bank hinter sich haben und es sich zutrauen«, murmelte ich, »dann wird es klappen.«
    »Die Bank steht hinter mir, die Deutsche Bank. Sie haben mich sogar in die hausinterne Management-Schulung aufgenommen. Bullenmast, Schlachterei, Verarbeitung. Die Bank steht hinter mir, voll und ganz. Das ... das war ...« Da waren wieder die roten Flecken. »Das war ja wohl ein schlimmer Unfall mit Lorenz.«
    »Ja«, sagte ich knapp. »Aber er hat nichts gemerkt, es ging so schnell.«
    »Das sagte man mir«, sie geriet ins Stottern, wollte eigentlich nicht darüber sprechen.
    »Sie müssen sich Zeit nehmen, um den Verlust zu überwinden«, murmelte Elsa schnell. »Vielleicht eine Reise.«
    »Wir wollten am Jahresanfang mit den Kindern in die Staaten«, sagte sie. »Lorenz und ich. Um Kraft zu tanken für den Start hier.«
    »Er sollte der Praktiker sein und Sie der Manager«, sagte ich, nur um etwas zu sagen.
    »Ja, genau so«, sagte sie eifrig. Das war etwas, was sie sicher machte. »Arbeitsteilung, verstehen Sie? Er wußte alles über Mast und Verarbeitung. Ich komme mit Management und Marketingsachen.«
    »Ein Traumpaar«, sagte Elsa leise.
    Die Uroma kam herein und sah uns nicht an. Sie hatte nur Augen für Gabriele Monning, und sie mochte sie nicht. Sie stellte das Tablett aus Sterlingsilber auf den Tisch und sagte muffig: »Ich geh im Garten Unkraut jäten.«
    »Mach man, Oma«, sagte Gabriele Monning. Sie wartete eine Weile. »Sie ist auch noch ganz benommen von Lorenz' Tod.«
    »Die Leute im Dorf auch«, sagte Elsa. »Richtig benommen.«
    Gabriele Monning goß uns Tee ein, ihre Hände waren vollkommen ruhig. »Meinen Schwiegervater hat es besonders schlimm erwischt. Der läuft wie ein Traumtänzer rum und erzählt überall Sachen, daß man glauben könnte, der Lorenz kommt morgen zurück. Er trinkt wie verrückt.«
    »Väter sind immer hilflos«, sagte Elsa seufzend und machte mich wütend mit diesem Gefasel. Aber dann ging sie zum Angriff über und ihre Schnelligkeit und Brutalität erschreckten mich.
    »Sagen Sie, waren eigentlich die Marita Heims, die Susanne Kleiber und die Marianne

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