Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
musste sie stoppen. Sie liegt jetzt in Gerolstein im Krankenhaus.«
»Wird sie es schaffen?«, fragte Kischkewitz. »Ich meine, kommt sie ohne Schwierigkeiten darüber hinweg?«
»Das halte ich nicht für möglich«, erklärte ich, und Rodenstock nickte dazu heftig. »Sie ist eine unheimlich harte Nummer, sie war heroinabhängig, jahrelang auf der Straße, von der Familie in Bonn ausgegrenzt, dann nach Köln geraten. Irgendwie hat sie es geschafft, aber ich denke, das war immer ein wackeliges Leben. Und dann taucht unser Sunnyboy Samba aus Daun auf und nimmt sie mit in die Eifel. Anderthalb Jahre vergehen, sie sagt sich: Ich habe endlich ein kleines Stückchen richtiges, gutes Leben. Und dann passiert diese schreckliche Geschichte, jemand schießt Samba vom Motorrad. Wenn sie es schafft, ist es ein Wunder. Aber es wäre verdammt viel einfacher für sie, nach Köln zurückzugehen und bei einem Rentner für einen Hunderter im Monat unterzukriechen, Hartz IV zu beziehen und irgendwann zu versauern oder zu saufen, oder, oder, oder. Oder eine Abkürzung über den nächsten Friedhof zu nehmen.«
»Wieso redest du so schroff?«, fragte Emma vorwurfsvoll mit ganz großen Augen.
»Es ist einfach so!«, meinte Rodenstock sanft. »Sie ist kein sozialromantischer Fall, sie gehört zu den eindeutigen Verlierern dieser Gesellschaft.«
»Was könnte sie uns liefern?«, fragte Kischkewitz.
Rodenstock legte die Finger der rechten Hand auf die Stirn und schloss die Augen. »Ich würde vorschlagen, sie mit viel Geduld und Spucke auf die Gelder anzusetzen, die sie in Sambas Haus gesehen hat. Wir müssen auf ihr Erinnerungsvermögen setzen. Wir müssen versuchen zu rekonstruieren, mit welchen Größenordnungen wir es zu tun haben. Ob man die Gelder nach Jahreszeiten einteilen kann, zum Beispiel Weihnachten und Ostern, oder zum Beispiel Schulferienzeiten. Wann kamen große Summen, wann ergaben sich Lücken, wann sind überhaupt keine Gelder transportiert worden? Und wir haben den eindeutigen Hinweis, dass Samba die Gelder mit nach Hause brachte und anschließend irgendwohin transportierte. An welche dieser Transporte kann sie sich erinnern? Wie viele Stunden genau blieb Samba weg? Sie wird das deswegen wissen, weil nach meiner Überzeugung der Samba ihre große Liebe war, der Mann, der ihr nach all den Jahren voller Katastrophen erneut das Leben schenkte. Sie blieb in dem hübschen Haus zurück, und es wurde immer mehr ihr Haus, sie wartete auf ihn. Daran wird sie sich erinnern.« Er öffnete die Augen wieder und fragte: »Wieso Samba? Wie kam der zu dem Namen?«
Niemand hatte eine Antwort.
»Ich frage, ob wir nach dem Ereignis in Eisenschmitt irgendeine Erkenntnis haben, aufgrund derer wir weitermachen können?«, fragte Emma.
»Wir haben nichts.« Kischkewitz schüttelte den Kopf. »Wir konzentrieren uns auf die Frage, ob die Polizeibeamten jemanden kannten, der in der Lage ist, einen solchen Doppelmord in Auftrag zu geben oder aber selbst auszuführen. Wir dürfen dabei keine Möglichkeit außer Acht lassen. Wir müssen sogar der Frage nachgehen, ob die Ehefrau von Horst Walbusch an so einer Tat beteiligt sein kann. Ich halte zwar die Möglichkeit für lächerlich gering, darf sie aber nicht vergessen.«
»Wie sah denn die Ehe der Walbuschs tatsächlich aus?«, fragte Emma.
»Wir sind erst am Anfang«, antwortete Kischkewitz. »Tatsächlich kann man die Ehe als schwer angeschlagen bezeichnen. Die Ehefrau sagt aber, ihr sei nicht bekannt, dass ihr Ehemann irgendetwas mit einer anderen Frau hatte. Sie erklärte, die Ehe sei seit etwa anderthalb Jahren praktisch tot, sie hatten keinen Verkehr mehr. Sie sagt auch, ihr Mann sei ziemlich oft des Abends irgendwo anders geblieben. Sie hat keine Ahnung, wo. Sie haben zusammen über eine Scheidung gesprochen, aber ein Entschluss, ein Termin sei noch nicht gefasst worden. Beiden sei klar geworden, dass der Junge namens Julian niemals darunter leiden dürfte. Die Ehefrau sagt auch, sie hätten sich einfach auseinandergelebt, aber zu irgendwelchen Handgreiflichkeiten oder zu heftigem Streit sei es nicht gekommen. Sie habe keine Ahnung, ob ihr Mann irgendetwas mit einer Frau hat.«
»Als ich am Morgen nach der Tat diese Ehefrau traf, sagte sie, sie habe die Nacht bei einer Freundin verbracht. Stimmt das?«, fragte ich.
»Das stimmt nicht«, reagierte Kischkewitz schnell. »Es gibt diese Freundin nicht, bei der sie die Nacht verbracht haben will. Sie war irgendwo, aber sie weigert sich,
Weitere Kostenlose Bücher