Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
irgendetwas zum Sprühen. Da hat sich nur diese Kunststimme gemeldet und dann habe ich draufgesprochen, dass er das mitbringen soll. Aber er hat sich nicht gemeldet. Das ist ja jetzt mehr als acht Stunden her, sage ich mal. Also, ich verstehe das nicht.«
»Herr Walbusch«, sagte Rodenstock drängend, »das ist jetzt wichtig. Hat der Timo irgendetwas gesagt, irgendeinen Namen genannt, hat er mit jemandem telefoniert, als er da in Ihrer Küche stand?«
»Nein, das nicht. Also, er hat nicht telefoniert. Nein, mit keinem.«
»Was ist mit Timo passiert, wenn er total betrunken war? Wohin ist er dann gegangen, wo hat er sich verkrochen?«, fragte ich. »Sie waren doch stinksauer auf ihn, wenn so was passierte, Sie haben ihn doch gesucht, Sie wollten ihn doch davor bewahren, weiteren Blödsinn zu machen, krumme Sachen anzustellen. Wo haben Sie nach ihm gesucht? Bitte, konzentrieren Sie sich! Das ist jetzt dringend!«
Er sah auf seine Hausschuhe hinunter, versuchte, sich zu konzentrieren und sagte stockend: »Das kann doch nicht sein, also das ist ja ...« Dann hob er den Kopf und sagte sehr endgültig: »Da finden Sie doch nicht hin.«
»Wenn Sie mir jetzt sagen, wohin ich muss, dann find ich auch dahin. Wo ist es?«
»Also, das sind die zwei Buchen«, begann er, und er sprach sehr langsam. »Du fährst jetzt rauf zur Bundesstraße. Dann fährst du links in Richtung Dockweiler. Aber du fährst nur bis zum zweiten Parkplatz, wo es rechts in den Wald geht. Da fährst du rein, und dann immer geradeaus. Dann kommt rechter Hand eine Schonung, Tannen, vielleicht zehn Jahre alt, nicht älter. Du fährst zur Mitte von der Schonung, ungefähr hundert Meter, würde ich mal schätzen. Dann siehst du links Buschwald, ziemlich viel Durcheinander. Vogelbeere, Birken, aber auch Haselbusch und Erle, denn da ist es nass. Und auf der anderen Seite von dieser Buschstrecke kommen Buchen. Schöne Stücke, um die siebzig Jahre. Du gehst bis zu einem Bruch im Gelände, ein starker, kurzer Abhang, vielleicht insgesamt drei, vier Meter runter. Da stehen zwei Buchen, die sich mit den Wurzeln verschränkt haben. Die Jungens haben sich damals Bretter über die Wurzeln gelegt.« Er sprach wieder so langsam, als müsste er es lernen. »Totale Windstille, weil nach Osten, und staubtrocken. Also, die Bretter sind längst weggefault. Das kann doch nicht wahr sein, also das glaube ich nicht, wie soll der Junge denn da ... Also, ich weiß nicht.«
»Wir haben keine Wahl«, sagte Rodenstock und war schon wieder auf dem Weg zum Auto.
»Und passen Sie auf!«, schob der alte Walbusch nach und wirkte sehr verwirrt. »Da ist es verdammt nass!«
»Bis dann«, sagte ich.
Ich fuhr so schnell, wie die schmale Straße es mit ihren Kurven zuließ. An der Einmündung in die Bundesstraße nach links. Am zweiten kleinen Parkplatz rechts in den Wald. Es war rutschig, ich hoffte nicht aufzusetzen.
»Da sind die Tannen«, sagte Rodenstock. »Da steht der Jaguar. Machen wir Lärm?«
»Wir machen keinen«, sagte ich. »Pass auf, wenn du da reingehst, da steht Wasser.«
Aber es war schon zu spät, er stand bis zu den Knien in einem Wasserloch und stellte sachlich fest: »Schön kühl!«
Die Strecke durch den Buschwald war nicht breiter als ungefähr sechzig Meter, dann kamen sanft bergan steigend die Buchen, ein stolzer Dom, durch dessen grünes Dach die Sonne schien. Dann der Geländebruch, ganz wie der alte Walbusch es gesagt hatte.
Wir rutschten auf dem Hintern hinunter und sahen rechts Timo Walbusch auf einem alten, morschen Stamm sitzen. Ihm gegenüber saß ein junger Mann auf einem großen, flachen Stein, der den Kopf gesenkt hielt und dessen Schultern sich bewegten, weil er wohl weinte.
»Komisch«, sagte Timo sehr gelassen. »Ich habe gedacht, wenn einer mich findet, dann seid ihr das. Mein Vater hat euch hierher geschickt.«
»Was soll das hier?«, fragte Rodenstock aggressiv.
»Wir unterhalten uns nur«, sagte Timo.
»Du lügst«, sagte ich. »Rainer? Hallo, Rainer!«
Der junge Mann hob den Kopf. Er sah aus wie jemand, der stirbt. Er hatte ein graues Gesicht, die Augen lagen tief und schwarz umrandet in ihren Höhlen, seine Bewegungen wirkten so, als unterläge er einer grotesken Zeitlupe. Er sah mich an, aber er nahm mich nicht wahr.
»Das kannst du nicht verantworten«, sagte ich zu Timo.
»Das kann ich. Und wie ich das kann!« Er sprach leise und sehr konzentriert.
»Was soll er dir denn sagen?«, fragte Rodenstock.
»Wer ihm das Crystal
Weitere Kostenlose Bücher