Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
verkauft hat«, antwortete Timo.
»Er ist suchtkrank«, stellte Rodenstock fest. »In diesem Zustand sagt er dir alles, was du hören willst.«
»Das kann schiefgehen«, sagte ich und hatte einen sehr trockenen Mund. Ich hatte Angst um Rainer Soos. Wir waren Meilen weit entfernt von einem Krankenhaus, und meilenweit entfernt von einem Arzt.
»Dann gib mir deine Waffe!«, forderte Rodenstock hart und laut.
»Sie liegt zu Hause«, sagte Timo mit Verachtung. »Ich brauche sie doch nicht. Wenn dieses Weichei fertig ist, wird er es sagen.«
»Sachlich bleiben«, mahnte ich. »Was hat er denn bisher gesagt?«
»Er sagt, es war ein Mann in einem BMW. Der Wagen war schwarz. Und es war in der Nacht.«
Rainer Soos beugte sich vor und ließ sich dann auf das Gesicht fallen. Er winselte ganz hoch, es war eine erschreckende Folge hilfloser, kindlicher Töne. Seine Augen rollten unkontrolliert in ihren Höhlen. Er krümmte sich in einen Bogen wie ein ungeborenes Kind.
»Hat er gesagt, wie viel Geld er für das Crystal gezahlt hat?«, fragte Rodenstock sehr sachlich.
»Hat er«, nickte Timo Walbusch. »Er sagt, er hat seinem Vater fünfzig Euro aus der Brieftasche geklaut. Er hat dem Dealer diese fünfzig Euro gegebenund das Crystal genommen. Dann ist er Richtung Maare gelaufen. Zu Fuß. Es war in der Nacht. Irgendjemand hat ihn dann zurück nach Daun mitgenommen.«
»Kannte er den Mann in dem BMW?«, fragte ich.
»Er sagt nein. Er sagt, es war Nacht und er hat von dem Mann so gut wie nichts gesehen. Aber das kommt schon noch«, murmelte Timo Walbusch.
»Timo, weißt du, was ich glaube?« Ich konnte mich kaum konzentrieren, ich hatte das Gefühl, nicht durchatmen zu können.
»Du wirst es mir sagen.«
»Ich glaube, er weiß wirklich nicht mehr. Er hat dir alles gesagt.« Ich wurde wütend. »Du kannst hier nicht den lieben Gott spielen. Wenn der Junge hier kollabiert, kann er sterben. Du hast selbst gesagt, dass Crystal die Hölle ist.«
Rainer Soos winselte wieder wie ein Kleinkind und rieb sich mit erdigen Fingern über das Gesicht. Er hatte plötzlich dreckverschmierte Wangen und spuckte Erde aus.
»Pass auf«, sagte Rodenstock hart: »Wir laden ihn jetzt ins Auto und fahren ihn ins Krankenhaus.« Er ging auf Rainer Soos zu und fragte: »Kannst du aufstehen?«
»So geht das nicht!«, sagte Timo hart.
»Doch! So geht das«, sagte ich.
Rodenstock bückte sich über Rainer Soos, griff ihm unter die Achseln und zog ihn hoch. Der Junge war weicher als Gummi, er war vollkommen leblos, und er war schwer.
»Das lässt du sein!«, sagte Timo.
»Du solltest uns lieber helfen«, sagte ich wütend. »Du markierst hier den starken Macher, und keiner ist beeindruckt. Es geht um diesen Jungen, nicht um dich!«
»Es ist wegen Hotte!«, sagte er matt.
»Hotte würde dir in den Hintern treten!«, schrie Rodenstock. »Jetzt hilf mir mal, verdammte Hacke!« Er ließ Rainer Soos wieder zu Boden gleiten, und der weinte jetzt. Der Rotz lief ihm aus der Nase, er stammelte irgendetwas, was niemand verstehen konnte.
»Du scheiß Sicherheitsbeauftragter, du greifst dir jetzt den Rainer, und du trägst ihn zum Auto. Moser hier nicht rum, und komm mir nicht mit dem blöden Getue: für Hotte. Komm mir nicht damit. Du missbrauchst deinen toten Bruder. Und wegen unterlassener Hilfeleistung bist du sowieso dran.« Ich musste versuchen, flach zu atmen, diese Szene ging mir schwer an die Seele.
»Pack jetzt an«, blaffte Rodenstock kalt, »sonst hole ich die Bullen hierher, und du bist matt.«
»Er ist ein Arsch, er bewegt sich nicht«, sagte ich. »Ich nehme die Schultern und du die Beine.«
Wir versuchten das, scheiterten aber an dem steilen Hang. Mit der Last kamen wir nicht hinauf.
»Gib her«, sagte Timo endlich. Er packte den Jungen wie einen Sack, legte ihn sich über die Schulter und stapfte scheinbar mühelos den Hang hinauf und auf den Streifen Buschwald zu. Wir hatten Mühe, ihm zu folgen.
Wir legten Rainer Soos auf die Rückbank meines Wagens, und weil ich nicht im Schlamm stecken bleiben wollte, verzichtete ich darauf zu wenden und fuhr im Rückwärtsgang bis zur Bundesstraße. Ich dachte ununterbrochen und verkrampft an die Möglichkeit, dass der Junge hinter mir sterben konnte und fuhr verantwortungslos schnell.
Rodenstock neben mir telefonierte. »Wir kommen mit einem Süchtigen, der Crystal genommen hat. Er geht durch einen kalten Entzug und braucht dringend einen Arzt. Wenn es gut geht, sind wir in zehn Minuten bei
Weitere Kostenlose Bücher