Eifel-Feuer
versauen.«
Seepferdchen saß rechts von ihm und löffelte ein Ei. »Ich habe Vertraute dort, Leute, die es nicht unbedingt weitersagen würden, falls ich sie um etwas bitte.«
»Ich könnte zu Tom Becker gehen und ihn einfach fragen«, meinte Marion. Aber ihr Gesicht sah nicht so aus, als wolle sie es begeistert riskieren.
Emma nahm das Foto und starrte darauf. »Er ist richtig ideal für den Geheimdienst. Der Mann ohne Eigenschaften. Sieh dir diese Augen an, absolut wie Steine. Er ist sicher ein brutaler Mann.« Sie stellte die Fotografie an die Warmhaltekanne vom Kaffee. »Müßte ich nach Bonn oder nach München-Pullach?«
»Das weiß ich nicht«, brummte Rodenstock. »Was schlägst du vor?«
»Ich bin ja eine höhere Polizeibeamtin«, sagte sie vergnügt. »Ich könnte behaupten, daß dieser Mann in meiner holländischen Heimatstadt s'Hertogenbosch gewildert hat. Das tun die manchmal, weil wir es auch tun. Ich könnte die empörte Polizeichefin sein, die kleingeistig und spießbürgerlich mit einer Anfrage kommt: Wer, verdammt noch mal, ist dieser deutsche Kerl?« Sie strahlte uns an.
»Es müßte schnell gehen«, überlegte Rodenstock. »Was ist mit dem Bundeskanzleramt? Da sitzt der Verbindungsmann zum BND...«
»Ich fahre dorthin«, sagte Emma entschlossen. »Und Seepferdchen kann mitkommen und die Szene mit dem ganzen Charme einer Großmutter entschärfen. Ist der Verbindungsmann wenigstens schön?«
»Er ist so schön, daß er ohne Spiegel nicht leben kann«, sagte Rodenstock.
ZEHNTES KAPITEL
Im Grunde passierte das, was jedesmal passiert, wenn irgendeine Recherche in eine ganz entscheidende Phase tritt. Alle waren furchtbar beschäftigt oder taten zumindest so, nur ich ging in den Garten, legte mich in die Sonne und machte nichts.
Ich dachte darüber nach, welche Frage ich stellen müßte, um die Lösung des Rätsels im Kern zu treffen. Lautete die Frage: Was hat der General herausgefunden? Oder: Ist er umgebracht worden, weil er etwas herausfand? Oder lautete sie: Hat der General gewußt, was er herausfand? Folgte eine ganze Reihe anderer Fragen: Wußte der General, in welcher Gefahr er schwebte, als er irgend etwas herausgefunden hatte? Kann es sein, daß nicht der General das Opfer war, sondern Carlo? Oder der alte Küster? Aber was kann einen alten Küster so wertvoll machen, daß er getötet werden muß? Wußte der General eigentlich, daß man ein Netz um ihn gewoben hatte? Daß die CIA ihn nicht aus den Augen ließ? Kann es nicht sein, daß auch der BND-Meier zufällig ermordet wurde? Scheinbar gab es auf jede dieser Fragen eine schnelle Antwort, aber wenn man nur sechzig Sekunden darüber nachdachte, war jede Antwort falsch, konnte völlig in die Irre führen. Natürlich ist es einfach zu behaupten: Der Sprengstoffmord an Herterich ist ein Werk der Deutschen! Aber welcher Deutschen? Und warum? Und was wußte Herterich, das ihn einen Mord wert sein ließ? Und: Hatte der General den gleichen Wissensstand? Oder hatten die Mörder das nur angenommen? Wieviel wußte Becker von der CIA?
Marion kam durch die Wiese auf mich zu und reichte mir das Telefon. »Irgendwer will was von dir.«
»Gut, danke. Bleibst du mal eine Weile?«
»Ja, bitte?«
»Hier ist noch mal Hermes aus Jünkerath«, krähte fröhlich ein weibliches Wesen. Ich stellte sie mir korpulent vor. »Ich wollte noch mal fragen, wann Sie denn über diese Baustelle schreiben, die hier seit Monaten, Sie wissen schon, und der Sport-Brang hat schon ein Schild im Fenster von wegen Baustellenpreise und so. Und mein Mann sagt, ich soll noch mal anrufen. Und wir wollen Ihnen sagen, daß wir das auch gut bezahlen.«
»Können Sie mir die Unterlagen schicken?« Unterlagen schicken lassen ist immer gut, weil sie meist keine Unterlagen haben und völlig verdattert sind.
»Aber sicher, wir haben die ganze Schublade voll. Mein Mann sagt, wenn es nach ihm geht, geht dieser Bürgermeister den Bach runter, hat mein Mann gesagt.«
»Vielleicht kann der schwimmen«, murmelte ich. Dann laut: »Schicken Sie mir die Unterlagen zu?«
»Sicher, machen wir. Tschökes denn auch!« Und weg war sie aus meinem Leben.
Marion hockte zwischen drei Büscheln goldgelber Löwenzahnblüten. »Die Frau hat mich auch schon totgequatscht«, sagte sie.
»Ich will etwas von dir wissen«, sagte ich und musterte sie aufmerksam. »Deine Geschichte mit Carlo ist tot, weil Carlo tot ist. Also kann es dir egal sein, wie es weitergeht. Aber ich bin der Meinung, es gibt
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