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Eifel-Feuer

Eifel-Feuer

Titel: Eifel-Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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schreibe oder so telefoniere, daß kein Mensch verstehen kann, was ich sage. Nur der, mit dem ich telefoniere, der versteht mich. Manchmal sieht man so einen Quatsch im Fernsehen. Ich dachte immer, die saugen sich das aus den Fingern, aber das tun die gar nicht. Meine Lehrer waren Frauen, nur Frauen.«
    Sie schwieg eine Weile. Dann sagte sie leise: »Und jetzt ist der General tot... oh Scheiße, ich schäme mich so.«
    »Du bist eine ehrbare Frau«, sagte ich. »Und du hast viel Mut, wenn du da raus willst, schaffst du es auch. Du weißt, daß Macker immer sagen: Das ist kein Beruf für dich! Aber sie tun nie etwas, sie labern nur, glaub ihnen nicht. Du mußt es selbst wollen und dann tun. Aber nur, wenn du es wirklich willst. Wenn es zu dick kommt, dann steuerst du dieses alte Eifelhaus an und redest und schläfst dich aus.«
    »Das kann ich nicht annehmen. Ich bin kein Umgang für Leute wie dich.«
    »Vergiß es. Ich mag dich, und Dinah wird dich auch mögen. Mit der deutschen Hausfrau, die glaubt, sie wäre der bessere Mensch, haben wir sowieso nichts am Hut. Diese Damen sind zum Kotzen langweilig.« Ich wußte nicht recht, ob ich diesen trivialen Blödsinn selbst glaubte.
    Sie wich aus: »Ich habe Küchendienst, ich wollte fragen, ob du einverstanden bist, wenn ich grüne Bandnudeln mit einer grünen Pfeffersauce mache.«
    »Das klingt sehr gut.«
    Sie nickte und ging in das Haus zurück, ich blieb in der Sonne hocken und sah zu, wie sich gewaltige Gewittertürme über der Mosel auftürmten. Es kam Wind auf, er wehte schwach aus Südwest, und die kleine Linde, die Corny mir zum Einzug geschenkt hatte, ließ ihre Blätter flirren. Im Efeu an der Mauer raschelte es, und ich wußte, daß es die Smaragdeidechsen sein mußten. Drei hatte ich gezählt, und zuweilen, wenn ich Unkraut ausstach, sahen sie mir zu und blinzelten. Wahrscheinlich amüsierten sie sich über mich.
    Rodenstock kam heraus und rief: »Wir brauchen Autos, verdammt noch mal, wir kommen hier nicht weg, wenn wir weg müssen.«
    »Dann miete doch zwei und laß sie herbringen«, schlug ich vor. »Ich habe Spesengelder. Der Verleih heißt Ganser. In Daun.«
    »Mache ich.« Er pfiff etwas vor sich hin und verschwand um die Ecke.
    Der Wind wurde heftiger, die Gewittertürme nahmen jetzt den halben Eifelhimmel ein, es war beängstigend schwül. Die Katzen schlichen durchs Gras, als müßten sie sich von einer schweren Krankheit erholen. Paul streifte dicht an mir vorbei, ohne mich eines Blickes zu würdigen. Er hatte einen Platz gefunden, an dem man es aushalten konnte: eine Höhle zwischen dem dichten Efeuvorhang und der Mauer aus alten Bruchsteinen, in die kein Sonnenstrahl fallen konnte. Als Momo versuchte, sich neben ihn zu legen, wurde er sauer und haute Momo eine runter, der so grell aufjaulte, als ginge es ans Sterben. Dann starrte er mich an, als wolle er sagen: Sorge gefälligst für mich!
    »Ist ja schon in Arbeit«, sagte ich. Ich drückte das Efeu einen Meter von Paul entfernt etwas zur Seite, rupfte Gras aus und polsterte die kleine Höhle. Momo sah mir dabei zu und besichtigte dann seinen Unterschlupf. Er maunzte laut, und ich begriff, daß die Höhle vielleicht um einige Zentimeter zu klein geraten war. Also rupfte ich noch einmal Gras und machte sie etwas größer. Dann hatten wir das nächste Problem, weil die Sonne im senkrechten Stand einen grellen Fleck in diese Behausung warf. Ich legte zwei Efeuranken in die Lücke und schuf so die gleiche Dunkelheit, in der Paul nebenan sich suhlte. Katzen sind eben verrückt, aber nett verrückt.
    Rodenstock tauchte erneut auf und stellte fest: »Wir müssen dringend die Frage beantworten, was der Bundesnachrichtendienst in Pullach zu erwarten hatte, wenn Herterich der Chef wurde.«
    »Eine vollkommen andere Gangart«, vermutete ich. »Wahrscheinlich sehr viel mehr Transparenz und weniger Sprüche, an die sowieso kein Mensch glaubt.«
    »Also eine Veränderung der inneren Struktur?« fragte er sich selbst und gab sich gleich die Antwort. »Natürlich. Und Seepferdchen sagt, er habe vorgehabt, jede Menge junger Frauen und Männer systematisch zusammenzuziehen und zu schulen.« Er nickte, starrte mich an, sah mich aber nicht, machte auf dem Absatz kehrt und ging davon. Rodenstock live.
    Fünf Minuten später begann das Gewitter. Schon die ersten Tropfen waren groß und klatschten mir auf die Haut. Ich zog das Hemd aus, dann die Jeans und ließ es auf mich rauschen. Es war ein herrliches Gefühl. Momo

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