Eifel-Feuer
hält sich raus, weil er den Sieger als Verbündeten will. Das machen die immer so.«
»Ich wußte genau«, klagte Rodenstock, »daß am Ende eine Riesenschweinerei herauskommen würde.«
»Was hast du erwartet?« fragte ich. »Haferschleim?«
»Dann ist da noch wer«, setzte die Sekretärin nach. »Der Mossad, der Geheimdienst der Israelis, der war auch für Schüller.«
»Reden die etwa alle mit?«
»Oh, nein«, entrüstete sie sich. »Das ist ja eine streng deutsche Angelegenheit. Doch sie geben ihre Meinung kund, was sie von dem Herterich oder dem Schüller halten. Und sie sind der Ansicht: Zur Kooperation ist der Schüller besser. Na klar, der steckt ja auch dauernd in jedem passenden Rektum ... oh, ich entschuldige mich.«
»Verdammt noch mal, wer ist denn dann überhaupt für Herterich gewesen?« Rodenstock fuchtelte mit beiden Armen.
»Der General und ziemlich viele Bundestagsabgeordnete. Deshalb haben sie sich auch für Herterich entschieden. Als er noch lebte.«
»Und jetzt heißt unser Mann Schüller, und wir lieben ihn alle«, stöhnte ich. »Ich will jetzt endlich fettige Kartoffelpuffer mit einem Haufen Apfelmus.«
»Ich würde gern mit Schüller reden«, sagte Rodenstock.
»Ich auch«, nickte ich.
»Na, dann rufe ich ihn eben an. Wann?«
»Übermorgen«, bestimmte ich. »Wir müssen irgendwann mal schlafen. Nicht viel, aber diese oder jene Sekunde. Was machen wir, wenn er nicht will?«
»Er wird wollen«, Rodenstock straffte sich. »Ich werde ihm keine Wahl lassen.«
»Na ja, ein bißchen Erpressung hat noch niemandem geschadet.« Ich sah Seepferdchen an. »Haben wir sonst noch was vergessen?«
»Im Moment sehe ich nichts«, versicherte sie ernsthaft und zupfte eine Locke von ihrem blauen Haar schelmisch vor das rechte Auge. »Ach ja, da fällt mir ein, daß dieser Amerikaner Tom Becker von der CIA wahrscheinlich nur nach Bonn versetzt wurde, damit Herterich nicht der Chef vom BND wird.«
»Können Sie das beweisen?« fragte Rodenstock verblüfft.
»Na ja, nicht schriftlich«, antwortete sie. »Aber der General hat mir einen Brief diktiert, in dem das drin stand. Doch ich darf ja mein Büro nicht mehr betreten.«
»Noch etwas?« fragte Rodenstock mißtrauisch.
»Nicht direkt«, Seepferdchen wirkte leicht verlegen. »Aber ich weiß, daß der BND den Antrag gestellt hat, das Gebiet in Jugoslawien abzuhören. Ich meine das Gebiet, in dem Herterich die zivile Verwaltung wieder aufbauen sollte.«
»Aha!« sagte ich tonlos. »Und wann war das?«
»Das ist es ja eben. Das geschah genau zu dem Zeitpunkt, als Herterich explodierte, also als ... Die Überwachung setzte eine Woche vor Herterichs Tod ein und endete eine Woche nach seinem Tod.«
»Woher wissen Sie das?« fragte Rodenstock.
»Weil ich einen Brief darüber geschrieben habe«, sagte sie. »Der General wollte sich nämlich beteiligen. Er wollte an die Abhörergebnisse kommen, um dem Geheimdienst der NATO die Möglichkeit zu geben, an einem praktischen Beispiel zu lernen, wie undurchsichtig die Szene in Ex-Jugoslawien ist.«
»Und? Durfte er mitmachen?«
»Nein«, sagte sie und hielt den Kopf gesenkt.
»Ich will jetzt Reibekuchen und kein Wort mehr«, sagte Rodenstock energisch. Er sah mich an. »Wir gehen heißen Zeiten entgegen, mein Sohn.«
Ich erwiderte: »Ja, Papi.« Was soll man da auch anderes erwidern?
Ich kann die Leserin und den Leser verstehen, die an diesem Punkt des Berichtes glauben, sie seien einer Lösung nahe. Es ist ja auch verführerisch, so viele Rätsel plötzlich gelöst zu haben. Aber Rodenstock und ich schauten uns nicht einmal vielsagend an. Seepferdchen hatte dankenswerterweise sehr viel zur Erhellung beigetragen, aber nichts von dem, was sie sagte, war auch beweisbar. Ich hörte den Redakteur Sibelius spöttisch fragen: »Sollen wir vielleicht eine Gerüchtenummer fahren und ein paar Millionen Entschädigung zahlen?«
Emmas Reibekuchen waren ein voller Erfolg. Wir hockten einträchtig um den Küchentisch und erzählten Geschichten.
Nur Dinah fehlte, und das tat weh.
Als wir die Runde auflösten, war es immerhin zehn Uhr, und ich hatte Schwierigkeiten, mir einen Schlafplatz zu ergattern, weil Seepferdchen sich plötzlich entschieden hatte, keineswegs in das Dorint zurückzukehren. Sie sagte lebhaft: »Hier spielt die Musik, oder?«
Ich dachte daran, mich vielleicht zu Günther nach nebenan zu verziehen oder zu Udo oder den Lattens – irgend jemand würde ein altes Bett haben. Aber dann fiel mir
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