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Eifel-Feuer

Eifel-Feuer

Titel: Eifel-Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Fenster und Türen, waren durchgefault oder einfach ausgehängt und gestohlen. Ein Teil der achtundzwanzig Gebäude hatte kein Dach mehr, anderen fehlten ganze Wände, wieder andere schienen noch vollkommen intakt. Es war unmöglich zu schätzen, seit wieviel Jahren dieses Lager von Mama Natur zurückerobert wurde, aber geduldig, wie diese Dame nun einmal ist, griff sie auf breiter Front das sehr fragwürdige Menschenwerk an.
    Ganze Waldungen von Hornklee waren hochgeschossen, und in schattigen Winkeln streckte der Buchenklee seine hellgrünen Pfeile in den immer noch heißen Sommerhimmel. Es gab viele Glockenblumen, Dickichte der Sichelluzerne, die blauen Kissen der Wegwarte hatten besonders die Wege zwischen den Gebäuden erobert und die schmalen Asphaltbahnen buchstäblich gesprengt. Dazwischen die eindringlichen Standarten des Roten Fingerhutes. Felder von Wald Weidenröschen wiegten sich sanft in einem lauen Wind. Der Lärm der Bienen und Hummeln war sehr eindringlich. Germaine hatte recht, es war ein Traumplatz, und besonders tröstlich war die Tatsache, daß die Pflanzen langsam, aber sicher Asphalt und Betondecken aufplatzen ließen, sie zerbröckelten. Holunder war es mühelos gelungen, zentimeterbreite Risse in die Wände der Häuser zu sprengen, durch Dächer zu kriechen und sie hochzustemmen, als hätten sie nicht das geringste Gewicht. Im Haus mit der Nummer 14 hatte sich in der alten Dachrinne eine Birke festgesetzt. Sie war etwa anderthalb Meter groß und schien zu triumphieren.
    Wo in diesem scheinbaren Chaos hatte Carlo gehaust?
    Ich wanderte von Haus zu Haus, kletterte über die Erdwälle, suchte ausgetretene Pfade und fand keine. Ich stellte mir vor, daß Carlo das alte Lager niemals durch das Loch am Zaun betreten hatte, das wir benutzt hatten. Es wäre wahrscheinlich viel zu riskant gewesen, vom Haupteingang her zu kommen, denn am Haupteingang herrschte zu reger Verkehr von und nach Adenau, zu viele Wanderer und Spaziergänger, Jogger und Eifel-freaks. Nein, er hatte mit Sicherheit einen anderen Zugang gefunden, einen, der es auch ermöglichte, das alte Motorrad unterzubringen und vor Neugierigen zu verbergen.
    Ich brauchte nahezu eine Stunde, um das Versteck des Jungen zu finden. Der Himmel begann, sich im Westen rot einzufärben, im Südosten türmten sich Gewitterwolken hoch.
    Im hintersten Winkel des Munitionslagers gab es ein Gebäude, das erkennbar eine andere Struktur hatte. Die Häuser waren normalerweise kaum durch Zwischenwände unterteilt, dieses Gebäude aber wies viele Zwischenwände auf und schien so etwas wie ein Verwaltungsgebäude gewesen zu sein. Vor dem Eingang war ein großes betoniertes Feld gewesen, das jetzt ebenfalls von Pflanzen zurückerobert wurde. Aber es war noch deutlich zu erkennen, daß auf diesem Platz Hubschrauber gelandet und gestartet waren. Die Reste des großen in weißer Farbe aufgemalten Hs waren noch zu lesen. Und selbstverständlich waren die Ermittlungsbeamten schon hier gewesen und hatten wahrscheinlich weggeschleppt, was sie für bemerkenswert hielten.
    Carlo hatte sich zwei Räume hergerichtet, die beide keine Fenster hatten, einen Tages- oder Arbeitsraum und einen Schlafraum. Für beide hatte er sehr viel Mühe verwendet, beide hatte er liebevoll ausgestattet, und aus irgendeinem Grund hatten die Ermittler der Geheimdienste beide Räume in außerordentlich sauberem und aufgeräumtem Zustand zurückgelassen. Ich war darüber ein paar Minuten lang verblüfft, bis mir einfiel, daß Carlos Eltern mit Sicherheit hierherkommen würden, um zu sehen, wo denn ihr Sohn gelebt hatte. Und es war allemal freundlicher, ihnen eine nicht angetastete Unterkunft zu präsentieren, als sie mit dem rücksichtslosen Durcheinander einer Durchsuchung zu schocken.
    Ich hasse Handies, aber zuweilen braucht man eines. Ich rief also die Polizistin Heike Schmitz an und erfuhr in der Wache, daß sie frei habe und wahrscheinlich zu Hause sei. Sie meldete sich etwas verschlafen.
    »Baumeister hier. Wie ich sehe, hat man Carlos Schlupfloch entdeckt.«
    »Das ist richtig. Uns war das ja bekannt, aber die Ermittler wußten nichts davon.«
    »Ich bin jetzt dort. Was haben die denn mitgenommen?«
    Sie lachte erheitert. »Eigentlich nichts. Sie haben nämlich nichts gefunden. Sie haben ein paar Bilder abgegriffen, die Carlo gemalt hat. Beide Räume haben sie buchstäblich umgepflügt, aber absolut nichts finden können. Sie vermuten jetzt, daß er mögliche wichtige Dinge zu Hause bei

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