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Eifel-Feuer

Eifel-Feuer

Titel: Eifel-Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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etwas.
    Ich stieg also aus und machte die typische Handbewegung zum Hosenschlitz hin, die Männer auf der ganzen Welt benutzen, um zu signalisieren, daß die Blase zu voll ist. Dann erreichte ich die Kiefern, begann augenblicklich zu rennen und hörte hinter mir den Motor meines Autos aufheulen. Sie gab wirklich Vollgas.
    Ich lief jetzt parallel zum Waldweg, und Germaine zog sehr schnell an mir vorbei und wirbelte mächtig Staub auf. Ich sah, wie mein malträtiertes Auto in den Uraltpfützen tanzte und hochgeschleudert wurde. Dann kamen die starken Bodenwellen, auf die ich gesetzt hatte.
    Der Siebener BMW bot einen wirklich berauschenden Anblick, wie er mit Vollgas fast lautlos an mir vorbeihuschte und sicherlich mit mehr als hundertzwanzig Kilometern pro Stunde in die Bodenwellen geriet. Die erste schaffte er. Aber zwischen der zweiten und der dritten schlug er mit einem mächtigen Scheppern erst vorn, dann hinten auf und verlor rapide an Fahrt, als versuche der Fahrer eine Vollbremsung. Auf der vierten Welle saß der Wagen auf und hatte keine Chance mehr. Ich liebe die Eifel, und ich rannte, so schnell ich konnte.
    Als ich keuchend mein Auto erreicht hatte, rief ich: »Fahr weiter. Das hast du richtig fein gemacht. Sie werden ihre Picknicksachen auspacken und eine längere Rast einlegen. Es lebe meine Ortskenntnis!«
    Ich ließ Germaine über Kelberg zum Nürburgring fahren, dann an der Hohen Acht links abbiegen und auf Adenau zugleiten. In der scharfen Linkskurve fuhr sie geradeaus. Da war ein alter, verrosteter Zaun, mehr als mannshoch.
    »Das wird unser Zeltplatz«, erklärte ich. »Hier hat Carlo gelebt. Von hier ist es zum Haus des Generals sicherlich nicht mehr als tausend Meter durch den Wald. Versprich mir nur eines: Unternimm niemals etwas auf eigene Faust.«
    »Was mache ich, wenn ich Angst vor Ameisen und Schnecken habe?«
    »Dann machst du die Augen zu«, sagte ich.
    »Und wie lange haben wir vor, hier zu überleben?« Ihr Sarkasmus war deutlich wie eine Ohrfeige.
    »Ich vermute, nicht mehr als ein paar Tage. Wenn wir mehr wissen als die Geheimdienstleute, können wir auftauchen. Dann werden sie keine Bedrohung mehr sein, dann werden sie uns Zucker in den Arsch blasen.«

VIERTES KAPITEL
    Wir schlenderten gemächlich am Zaun entlang und kamen schnell zu einem großen Loch, wo der Zaun durchgerostet und dann abgebogen worden war. Hier gab es auch einen kleinen Mast und einen Verteilerkasten – wahrscheinlich eine der Stromzuleitungen.
    »Was ist, wenn gleich fünfhundert Polizisten oder Bundesgrenzschützer anrücken, um hier nach weiteren Leichen zu suchen?« fragte Germaine. Zuweilen war sie erstaunlich abgebrüht.
    »Das wird längst passiert sein«, sagte ich. »Der Leichenfund ist viele Stunden her.«
    Sie stand neben mir und sah auf das, was von dem Munitionsdepot übriggeblieben war. »Das ist ein Platz, auf den ich mich, als ich zwölf war, sicher dauernd geflüchtet hätte. Ich hätte mir im Traum ein paar Pferde gekauft – nein – geklaut und hätte hier mit ihnen gehaust. Mit Sicherheit hätte mich hier ein junger Prinz besucht, und mit Sicherheit hätte er so ausgesehen wie mein Nachbar. Ich, die Eifel-Prinzessin Andromeda. Ich wollte unbedingt Andromeda heißen. Damals in Berlin.«
    Am Himmel war kein Wölkchen, die Sonne stach, und es war ruhig. Es roch nach Heu, und ein kleiner, roter Falter, den die Leute Blutströpfchen nennen, landete auf meiner rechten Schuhspitze.
    »Hast du noch viele solcher Träume gehabt?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nicht viele. Mein Vater sagte immer, der schönste Traum sei der vom liebenden Jesus, und ich fühlte mich schuldig, wenn ich etwas ganz anderes träumte. Tut mir leid, Baumeister, aber ich müßte mir dringend Klamotten kaufen. Jeans und Hemden und so.«
    »Du kannst nach Adenau reinfahren. Gesucht werden wir überall, aber vermutlich nicht hier.« Ich fummelte Geld aus meiner Tasche und reichte es ihr. »Bring mir eine Quittung, es ist schließlich Berufskleidung für die Recherche. Das Finanzamt in Daun hält mich ohnehin für einen Papagei, der sich hierher verflogen hat. Wenn du dich beeilst, kannst du es noch schaffen. Und fahr den Wagen bitte dorthin, wo er jetzt steht. Ich muß später einen Platz dafür finden. Ich suche uns eine Bleibe.«
    »Ich beeile mich.« Sie ging am Zaun entlang zurück zum Auto.
    Die Struktur des Munitionsdepots war ganz einfach: Niedrige Steingebäude waren von großen Erdwällen umgeben. Mittlerweile fehlten

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