Eifel-Feuer
eins!«
Statt irgendwelches Fachwissen rein sachlich zu referieren, fragte sie etwas hinterhältig: »Welche deutsche Einrichtung wußte 1968 lange vor jedem Spion der Amerikaner vom Einmarsch der Russen und der DDR-Truppen in die damalige Tschechoslowakei?«
»Ich mag keinen Quiz«, nörgelte ich.
Sie lachte. »Es war das Fernmeldebataillon der Bundeswehr, das in Daun in der Eifel stationiert ist. Passierte der Mord nicht auch in der Eifel?«
»Ist das Ihr Ernst?«
»Mein voller Ernst. Man nennt dieses Fernmeldebataillon auch die musikalischste Truppe in Deutschland. Das ist ein höchst elitärer Zirkel, und alle Angehörigen dieses Zirkels verfügen über das absolute Gehör.«
»Moment mal. Das mit der Tschechoslowakei 1968 ist ja sehr interessant, aber der Mann wurde vor drei Tagen getötet, nicht vor fast dreißig Jahren.«
Sie lachte wieder. »Haben Sie Geduld, der Kreis schließt sich gleich. Das Antennenfeld dieser Fernmeldeeinheit ist das mit Sicherheit modernste, was man in dieser Technik auf der Erde kaufen kann. Die wirklichen Kosten der sechs Masten sind nicht bekannt, sie wurden erst 1996 vollkommen erneuert, falls Sie das ...«
»Das weiß ich. Schließlich muß der ganze Landkreis Daun ständig daran vorbei. Die haben auch so dämliche Schilder überall aufgehängt. Der Standortälteste teilt mit, daß das ein militärischer Sicherheitsbereich ist, daß notfalls geschossen wird und daß kein Mensch fotografieren darf. Das hat zur Folge, daß besonders Pennäler die Schilder gern klauen und daß besonders viel fotografiert wird. Entschuldigung, ich wollte Sie nicht unterbrechen ...«
»Macht nix. Also, diese Einrichtung verbuchte 1968 für sich den Erfolg, als erste Abhöranlage des Westens den Einmarsch des Ostblocks in die Tschechoslowakei eindeutig zu verifizieren. Und derartige Erfolge setzten sich systematisch fort. Die Anlage war auch aktiv im Spiel, als die Amerikaner den Golfkrieg führten und die Logistik im wesentlichen aus Deutschland kam. Natürlich hat mich gereizt, festzustellen, warum man 1996 so viele Millionen in eine neue Antennenanlage investiert hat, obwohl weder das Verteidigungsministerium noch die Bundesregierung Geld haben. Eigentlich ist der Staat pleite, wieso also beim Fehlen des Lieblingsfeindes im Osten ein derartiges Verbuttern von Steuergeldern? Die Antwort ist ganz einfach: Die Bundeswehr arbeitet in Daun, in eurer schönen Vulkaneifel, auch für andere Auftraggeber. Zum Beispiel für die NATO, zum Beispiel aber auch für den BND, also für diese Schlapphüte in Pullach. Und derartige Einsätze werden überwacht und gesteuert vom Bundesamt für Fernmeldewesen. Das ist natürlich an den Ergebnissen überhaupt nicht interessiert, sondern nimmt nur die Interessen beider Partner wahr. Ist das nachvollziehbar?«
»Ja, ist nachvollziehbar. Wie läuft so was ab?«
»Zunächst muß man wissen, was diese Anlage technisch leisten kann. Nehmen wir einfach einmal den Krieg in Ex-Jugoslawien. Die Anlage in Daun kann jedes Gespräch zwischen zwei Panzerkommandanten abhören, jedes Gespräch zwischen zwei Artillerieeinheiten, jedes Gespräch, das streckenweise drahtlos läuft – also auch alle Morsegespräche. Technisch ist das ein Höchstleistungszentrum.« Sie kicherte. »Selbstverständlich habt ihr in der Eifel keine Ahnung, was da auf dem Berg nördlich von Daun abläuft. Und das ist auch durchaus beabsichtigt.«
»Zwischenfrage. Dieses Amt für Fernmeldewesen ist also der Knotenpunkt? Das heißt, wenn der BND was wissen will, was nur die Dauner rausfinden können, schaltet er das Amt ein, und das gibt den Auftrag an die Bundeswehr in Daun?«
»Sie haben es begriffen. Wissen Sie etwas von den dienstlichen Aufträgen des Generals?«
»Nicht das Geringste. Er war ein guter Bekannter. Wir haben über die Eifel und über Glockenunken diskutiert, niemals über Dienstliches.«
Sie schwieg eine Weile. »Ich habe einen Informanten in der Bundeswehr. Auf der Hardthöhe in Bonn. Der erzählte mir, daß der General sehr oft in Daun war. Und zwar immer, wenn er sich in seinem Jagdhaus aufhielt. Das wußten Sie wohl nicht?«
»Das wußte ich nicht, das zu wissen war für mich auch gänzlich unwichtig. Wenn man im privaten Bereich des Generals herumschnüffelt und nach einer kleinen Akte des Bundesamtes für Fernmeldewesen sucht – was heißt das für die Fachfrau?«
»Gute Frage. Ich weiß es nicht. Würde ich es wissen, hätten wir wahrscheinlich die Lösung für die drei
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