Eifel-Feuer
Morde. Fest steht nur: Der General wurde umgebracht. Zwei mögliche Zeugen wurden ebenfalls getötet. Dieselben Leute von den Geheimdiensten, die sich um Aufklärung des Falles bemühen, durchsuchen das Haus des Generals. Sie suchen nach einer Akte, die vom Bundesamt für Fernmeldewesen stammen soll. Das läßt den Schluß zu, daß der General etwas wußte, was er nicht wissen durfte, nicht wahr?«
»Warum sollte er etwas nicht wissen dürfen?«
»Weil er mit einem unserer Redakteure ein Date hatte und davon überzeugt war, nie mehr an seinen Schreibtisch in Brüssel zurückkehren zu können. Wenn es stimmt, daß diese DIN A4-Seiten ein Hammer sind, daß man deswegen nach ihnen sucht und daß man beim General nach ihnen sucht, dann kann man sich vorstellen, daß es eine Art Vorschlaghammer sein muß ...«
»Einspruch, Euer Ehren. Wenn diese Seiten ein Vorschlaghammer sind, existiert im Amt für Fernmeldewesen todsicher eine Kopie. Und bei der Bundeswehr in Daun auch. Oder?«
»Habe ich auch überlegt. Was ist, wenn die dreißig Seiten zwar in Kopie vorliegen, aber so brisant sind, daß sie zu den absoluten Geheimhaltungs-Akten gehören? Dann liegen sie in Panzerschränken, oder? Und niemand wird sie herausrücken beziehungsweise überhaupt erwähnen, daß es sie gibt. Die Leute bei der Bundeswehr und die Leute beim Bundesamt reden ja nie vom Auftraggeber Bundesnachrichtendienst. Sie sprechen immer nur von unserem Partner im Süden. Denken Sie daran, daß Geheimhaltungsspezialisten alle irgendwie paranoid sind. Was ist, wenn diese Akte etwas enthält, dessen Tragweite der Verwalter der Akten gar nicht ahnt, dessen Tragweite der General aber begriffen hat?«
»Ach, du lieber Gott«, murmelte ich. »Das kann sein, das könnte sein. Und er hatte sich entschlossen, das in die Öffentlichkeit zu bringen, was bedeutet, daß die Schweinerei sehr groß ist.«
»Richtig.«
»Das Bundesamt für Fernmeldewesen gibt aber keinerlei Auskunft?«
»Keine. Wir müssen irgendwie herausfinden, wann der General zum letzten Mal in der Kaserne in Daun war und was sich dort abgespielt hat.«
»In Daun sind Spezialisten, die Stimmen erkennen und Morsesprache zuordnen können?«
»Genau das.«
»Wieso sprechen Sie eigentlich so nett über die Vulkaneifel?«
»Weil ich im vorigen Jahr dort war«, sagte sie. »Im Herbst. Es war traumhaft schön. Viel Glück. Und passen Sie auf sich auf.«
»Mache ich«, murmelte ich und trennte die Verbindung. Ich wählte sofort die private Nummer von Heike Schmitz und hatte Glück.
»Baumeister hier. Schreiben Sie sich die Nummer auf, bitte.« Ich diktierte sie ihr.
»Ich dachte, Sie seien schon verhaftet«, meinte sie. »Sie müssen aufpassen, Ihre Verfolger wissen jetzt, daß Sie in Ihrem Haus waren, und sie sind furchtbar angeschissen worden, daß Sie denen ständig durch die Lappen gehen.«
»Wo sind sie jetzt?«
»Weiß ich nicht genau. Sie müssen damit rechnen, daß mindestens sieben Autos hinter Ihnen her sind. Haben Sie irgend etwas Neues?«
»Ja. Eine Menge. Ich rufe Sie in der Nacht an.«
»Geht nicht mehr«, erwiderte sie. »Ich glaube nicht, daß mein Anschluß noch koscher ist. Gehen Sie raus. Ich finde schon einen Weg.« Es klickte.
»Laß mich fahren«, sagte ich, und erst jetzt fiel mir auf, daß Germaine sehr still war. Sie hockte hinter dem Lenkrad und schlief ganz fest. Sie wurde kaum wach, als ich sie anstieß, aber sie verstand sofort, daß ich ans Steuer wollte. Also rutschte sie auf den Nebensitz und war schon wieder eingeschlafen, als ich wendete und den Weg am Waldrand entlang auf die Straße nach Bongard zurollte. Wenn es sieben Autos waren, hatte ich kaum eine Chance, und obwohl ich die Landkarte dieser Region im Kopf habe, blätterte ich den Atlas auf. Wie konnte ich mich nach Meckenheim-Merl durchschlagen, ohne geortet, ohne gesehen zu werden? Wahrscheinlich wußten sie inzwischen auch, daß wir einen schwarzen Ford Fiesta fuhren. Es sah sehr trübe aus, denn ich konnte auch nicht mehr einfach durch das Gelände fahren, weil es bald dunkel sein würde.
Ich bremste scharf, um nicht zu nahe an die Straße von Brück nach Bongard zu rutschen, und fuhr unter eine Kieferngruppe. Ich hatte gar keine Wahl, ich mußte mich mit dem dicken Meier in Verbindung setzen. Die Frage war nur: War dieser Fall wichtig genug für ihn, daß er jetzt am späten Abend noch im Amt war?
Der Fall war wichtig genug. »Baumeister!« jammerte er. »Sie machen mir Kummer, verdammt noch
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