Eifel-Feuer
gemütlich, als träfen wir uns zu einem Skatspiel. Er marschierte in die Küche und hockte sich auf einen Stuhl. »Was machst du hier, Zeitungsschnüffler?«
»Ich bin hier aufgekreuzt, um Marion zu erzählen, daß Carlo nicht tödlich verunglückt ist, sondern daß es jemanden gibt, der ihn erschossen hat. Das muß sie wissen, nicht wahr? Und du solltest mich nicht Zeitungsschnüffler nennen, ich nenne dich ja auch nicht einen schwulen Nigger, bloß weil ich dich nicht mag. Wer hat denn den dicken Meier erschossen?« Ich war um einen leichten Tonfall bemüht, aber es fiel mir schwer.
»Das wissen wir nicht«, sagte er. »Das werden wir herausfinden.«
»Falls ihr das herausfinden wollt.«
»Augenblick«, sagte Marion. »Also stimmt das, daß Carlo erschossen wurde?«
Sammy nickte. »Das stimmt, kleine Maus. Wir haben es dir nicht gesagt, weil du es sowieso schon schwer genug hast. Jetzt weißt du es.«
»Oh nein«, hauchte sie zittrig. Dann dachte sie darüber nach, und langsam wurde ihr Gesicht grau und blutleer. »Und wie soll das jetzt weitergehen?«
»Ganz normal«, sagte Sammy. »Du weißt von nichts, wie verabredet. Ich würde dir raten, dich daran zu halten. Du kennst uns nicht, wir kennen dich nicht. Es war nicht gut, dem Baumeister von uns zu erzählen. Das war gar nicht gut. Jonny macht sich jedenfalls große Sorgen um dich.«
»Das muß Jonny nicht«, entgegnete sie schnell. »Ich bin sauber. Ich habe Baumeister nur das gesagt, was er sowieso schon wußte.«
»Und was wußte der Zeitungsschnüffler sowieso schon?« fragte er.
»Fast alles«, murmelte sie unsicher. »Es ging um die Geschichte von mir und Carlo.«
»Nur um die?« fragte er.
»Nur um die«, bestätigte ich, obwohl ich wußte, daß er kein Wort glaubte.
Er ging nicht darauf ein. »Du hast keine Unterlagen mehr?«
»Hatte ich nie«, antwortete sie.
»Und du hast auch keine Notizen gemacht, oder?«
»Nie«, sagte sie fest, und in ihrem Gesicht war eine Spur von Hoffnung »Hm.« Er räusperte sich. »Weißt du, wir müssen die Arbeitsbeziehung zu dir lösen, Kleines.«
»Was soll das heißen?« fragte Marion schrill.
»Er will uns töten«, sagte ich. »Er ist nur gekommen, um dich zu töten. Mich kriegt er sozusagen kostenlos dazu.«
»Das ist richtig«, bestätigte er ohne Betonung. »Wie immer hat Baumeister recht. Der Zeitungsschnüffler ist ganz groß im Rechthaben.« Er griff nach hinten unter seine Jacke und zog eine Waffe aus dem Hosenbund, dann einen sehr langen Schalldämpfer, den er betulich auf den Lauf schraubte.
»Das ist doch wohl nicht wahr«, stöhnte Marion. »Was habe ich euch denn getan?«
»Du hast zuviel geredet«, sagte er gemütlich. »Und du weißt auch zuviel. Jonny traut dir nicht mehr. Bei der erstbesten Gelegenheit hast du Baumeister alles erzählt. Du bist eben nichts anderes als eine kleine Nutte mit einem sehr kleinen Gehirn.«
Er war fertig mit Schrauben, der Schalldämpfer war jetzt Bestandteil der schweren, dunkelblau schimmernden Waffe. Sammy legte sie betulich vor sich hin auf den Küchentisch.
Wie hatte der amerikanische FBI-Agent Douglas geschrieben? Mörder, die zutiefst überzeugt einen Auftrag erfüllen, wollen häufig deutlich machen, daß sie die Situation absolut beherrschen, daß sie über alle ersehnte Dominanz verfügen, daß die Opfer bekennen: Du bist der Herr, du hast die Macht! Douglas hatte vergessen zu erwähnen, ob es dagegen eine Taktik gibt.
»Er ist ein Henker«, sagte ich. »Er ist nichts als ein billiger Strichjunge, der für seine Vorgesetzten den Dreck erledigt. Und er kommt sich dabei großartig vor. Hast du den General erschossen? Und den Küster? Und den Carlo? Und vielleicht auch den dicken Meier vom BND? Du hast sie alle erledigt, nicht wahr? Und jetzt willst du die Verdienstnadel oder das Purple Heart oder die Medaille der Kämpfer für Demokratie oder irgend so etwas. Du mußt nämlich wissen, liebe Marion, daß es jetzt schon vier Leichen gibt. Und wahrscheinlich in fünf Minuten sechs.«
»Du weißt doch ganz genau«, entgegnete Sammy, »daß ich niemanden erschossen habe in diesem blöden Fall. Es war ein schönes Arrangement, und irgendein Arsch hat es zertrümmert.« Er machte »Ts, ts, ts« und schüttelte dabei den Kopf.
Marion war weiß im Gesicht und zitterte vor Furcht. »Aber ich habe doch alles getan, was ihr gewollt habt.«
Er war gnädig, er nickte. Doch er schlug auch zu. »Aber als es zum erstenmal auf dein Gehirn ankam, hast du wegen
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