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Eifel-Feuer

Eifel-Feuer

Titel: Eifel-Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Augenblick, und ich gab Vollgas, um das zu unterstreichen.
    Auf der Fahrt nach Altenahr ins Tal murmelte Marion ängstlich: »Wenn du vielleicht etwas langsamer fahren könntest...«
    Ich stieg in die Eisen und kam schlitternd einem LKW sehr nahe. »Tut mir leid, tut mir sehr leid. Ich hasse Geheimdienste, und ich hasse Städte, und ich hasse diesen Fall.«
    »War der General dein Freund?«
    »Nein. Aber er ist auf dem besten Weg, mein Freund zu werden.«
    »Hat Carlo, ich meine ... wie soll ich sagen? Hat er ...«
    »Er hat keine Schmerzen gehabt«, sagte ich hastig. »Er hat nichts gemerkt, er kann gar nichts gespürt haben. Es war ein Kopfschuß.«
    Sie weinte und hielt ihr Gesicht abgewendet. »Scheiße, er wollte mich wirklich heiraten. Und ich hatte ihn so lieb.«
    Wir schwiegen und glitten unter einem Vollmond dahin, der sein Licht verschwenderisch über die Wälder goß. Früher hatten die Leute gesagt: »Man kann Zeitung lesen, so hell ist der Mond.«
    Um aus der Vulkaneifel nach Bad Godesberg zu kommen oder den Weg umgekehrt zu nehmen, hat ein Fahrer viele Möglichkeiten. Trotzdem ist ein jeder ein Gewohnheitstier und nimmt immer wieder dieselbe Route. Ich fahre gern den Hinweg über Nohn, Adenau und das Ahrtal und wähle auf dem Rückweg eine andere Variante: Ich lasse Adenau aus und steuere in Dümpelfeld das Ahrtal flußaufwärts bis Müsch, um dann mit einem Rechts-links-Schwenk in die Vulkaneifel Richtung Gerolstein zu ziehen. Ganz selbstverständlich machte ich es in dieser Sommernacht genauso.
    Niemand soll mich fragen, ob der Mörder das wußte. Tatsache war, daß er an der Strecke aus dem Ahrtal hoch nach Hillesheim von Ahrdorf nach Ahütte auf uns wartete. Und er wartete teuflischerweise präzise an dem Punkt, an dem nach rechts ein traumhaft schöner Weg in das Unkental abzweigt. Er konnte an diesem Punkt ganz sicher sein, daß es erstens so gut wie keinen Verkehr gab und zweitens niemand seine Schüsse hören würde. Zusätzlich hatte er den Vorteil, daß er querfeldein auf guten Wald- und Feldwegen Üxheim und Leudersdorf erreichen konnte, wo er von niemandem gesehen werden würde.
    Auf der Strecke zwischen Ahrdorf und Ahütte gebe ich grundsätzlich Vollgas, die Strecke ist eine einzige Steigung, ideal geeignet zu testen, ob das Fahrzeug gut in Schuß ist. Und da mein Wagen gut in Schuß war, kamen wir mit etwa einhundertzwanzig Stundenkilometern auf der sehr breiten Piste herangefegt und sahen den Mann viel zu spät.
    »Da!« schrie Marion. Es klang hoch und ganz atemlos.
    Der Mann kniete hinter einer kleinen Weide, die nicht höher als sechzig oder siebzig Zentimeter war. Er wirkte unglaublich ruhig und profihaft, und die Angst peitschte wie eine steile Welle in mir hoch. Aus irgendeinem Grund war meine erste Reaktion richtig: Ich schaltete in den vierten Gang zurück. Im vierten Gang kann ich bei rund 5500 U/min bequem auf einhundertfünfzig km/h beschleunigen. Ob die zweite Reaktion richtig war, weiß ich nicht, aber letztlich blieb Marion ja am Leben – also muß es richtig gewesen sein. Ich griff nach rechts, bekam ihre Haare zu fassen und zog sie brutal nach unten. Der Mann feuerte jetzt schon die zweite Salve, wobei ich heute nicht einmal mehr sagen kann, was seine erste Salve alles zerdepperte. Die zweite Salve erlebte ich bewußter und schaltete gleichzeitig alle vier Scheinwerfer an. Er stand jetzt voll im gleißenden Licht. Und er schoß zum dritten Mal Dauerfeuer. Ich weiß nicht, ob die Frontscheibe unter der zweiten oder dritten Salve pulverisiert wurde, ich erinnere mich dunkel, daß ich den Fahrtwind plötzlich als schneidend kalt erlebte und daß die Scheinwerfer erloschen waren. Wir rasten steil auf den Mann zu, ich hatte bis jetzt nicht zu bremsen begonnen. Jeden Moment mußte ich auf ihn aufprallen und ihn buchstäblich in Stücke schmettern. Aber es passierte nichts. Der Wagen rollte blitzschnell an ihm vorbei, und ich sah sein Gesicht, ein gehetztes, verblüfftes Männergesicht. Dann bemerkte ich, daß ich die Innenbeleuchtung angeknipst hatte, und war den Bruchteil einer Sekunde sehr erstaunt darüber. Der Jeep stand plötzlich schräg, dann stieg die Schnauze senkrecht in die Höhe, wir machten einen Salto rückwärts wie in einer Achterbahn, und Marion schrie hoch und gellend. Es krachte entsetzlich, und alles wurde schwarz.
    Viel später erst begriff ich, daß ich höchstens eine halbe Minute bewußtlos gewesen sein konnte. Marion stieß wiederholt gegen meine

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