Eifel-Filz
glauben Sie denn, wieviel Wut da entsteht?«
»Nicht unbedingt«, widersprach ich. »Dann steht wie immer die Sparkasse als Retter da und verteilt Kredite an die Handwerker, damit sie nicht schließen müssen.«
»Lieber Gott, welche Abhängigkeiten«, hauchte Dinah.
»Seien Sie froh, daß Sie arm sind«, bemerkte ich. »Ich habe verdammte Kopfschmerzen, ich muß ins Bett. Können Sie Charlie bitten, daß er heute nachmittag vorbeikommt?«
»Das mache ich«, nickte Rodenstock.
»Ich glaube immer noch an das Liebesmotiv«, seufzte die Marcus. »Das ist stark, alles andere ist Tinnef.«
Wir arrangierten uns. Rodenstock verschwand in seinem Zimmer, ich in meinem, und die Soziologin bekam zwei Sofas zur Auswahl. Kurz bevor ich einschlief, kam Paul und kroch in meine Armbeuge. Er seufzte sehr tief, ehe er einschlief.
Dann stand Rodenstock noch einmal in der Tür und meinte: »Sie sind mir teuer, mein Lieber. Das mit den schlagwütigen Jugendlichen war riskant, aber vergleichsweise harmlos. Sie müssen damit rechnen, daß Profis auftauchen. Irgendwer will Ihnen an den Kragen, und es muß nicht der Mörder sein.«
»Wer sonst?«
»Irgend jemand, der nicht will, daß Sie etwas über dieses merkwürdige, im Bau befindliche Luxusbad recherchieren.«
»Dann müßte der aber auch die ganze Mordkommission umlegen, Sie dazu, und die Soziologin.«
»Mörder sind nicht logisch«, widersprach er sanft.
Ich schlief nicht, ich döste bestenfalls. Mein Kopf schien eine Trommel zu sein, und ich spürte an tausend Stellen meinen Herzschlag. Meine Unruhe übertrug sich auf Paul, der schließlich neben der Matratze hockte und wütend maunzte.
Es war Mittag, und draußen schien die Sonne. Im Nebenzimmer schnarchte Rodenstock, und es roch nach Kaffee. Das Telefon schellte, und ich hörte die Soziologin sagen: »Wir haben aber im Moment wenig Zeit.« Das Leben schien weiterzugehen.
Ich schlurfte ins Bad und fand heraus, daß ich mich nicht rasieren konnte, weil mein Gesicht brannte. Also ging ich so nach unten.
Dinah hockte in der Küche und säuselte gerade ins Telefon: »Es war richtig wie im Film, meine Liebe.«
Ich goß mir einen Kaffee ein und verschwand im Arbeitszimmer. Leute, die morgens mein Reich besetzt halten, machen mich grundsätzlich nervös.
Die Soziologin kam mir nach. »Also, ein gewisser Werner hat angerufen, daß er mittags das Brennholz bringt. Dann war eine Frau am Apparat, die unbedingt will, daß Sie irgendeine Rechnung bezahlen. Dann rief eine Redaktion an. Sie bieten fünftausend für das Bild der beiden Ermordeten auf dem Golfplatz. Ich habe gesagt, daß wir uns das überlegen. Es folgte RTL, die irgendwas mit Exclusiv machen wollen und die trällerten, als singe die Nachtigall ein Liebeslied. Dann kam ein Magazin aus München und meinte, Sie sollten nicht sauer sein und sich noch einmal überlegen, ob Sie die Fotos nicht gegen einen vernünftigen Aufpreis abgeben. Sie haben allerdings nicht gesagt, was vernünftig ist. Dann rief dieser Charlie an, er sei heute nachmittag im Clubhaus und er müsse Ihnen noch etwas sagen. Ich habe ihn dann gebeten hierherzukommen, weil Sie invalide sind. Er sagte, er kommt so gegen sechzehn Uhr. Dann war ein Mann dran, der behauptete, er sei der olle Römer und ob Sie nicht Lust auf einen Tee hätten. Das Ganze so gegen 18 Uhr. Danach rief eine Frau an, die ganz aufgeregt sagte, sie habe sich entschlossen, ein paar Tage bei Ihnen zu verbringen. Ich wußte nicht genau, was ich sagen sollte, ich habe ihre Nummer notiert. Sie ist aus Berlin. Es folgte eine stinksaure Stimme, die einem Verleger gehört. Er will endlich sein Buch, sagt er. Die Nummer habe ich auch aufgeschrieben. Geht das eigentlich immer so?« Sie faltete den Zettel zusammen, auf dem sie das alles sorgsam aufgeschrieben hatte.
»Manchmal geht es etwas hektischer zu«, knurrte ich. »Können Sie Omelettes machen?«
»Das ist so ziemlich das Einzige, was ich kann«, nickte sie. »Ach so, ja, der Wiedemann hat auch angerufen, aber gesagt hat er nichts. Er wollte mit Rodenstock sprechen.«
»Lassen Sie den schlafen. Oder nein, holen Sie ihn raus. Er muß klar sein, wenn Charlie kommt. Und geben Sie mir mal bitte das Telefon.«
Ich rief Walburga an, und die Stimme des jungen Gottes war voller Salzsäure: »Sie wird keine Zeit haben.«
»Sie hat Zeit«, versicherte ich.
Im Hintergrund war ein Stimmengewirr, dann meldete sich Walburga. »Falls Sie fragen wollen, ob ich auch so ein Apartment gekauft habe,
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