Eifel-Filz
»Kartoffelsalat können die Weiber überhaupt nicht.«
Ich wurde in einen schneeweißen Raum gefahren und wollte mich tapfer ausziehen. Doch da war ein Drachen, der das nicht duldete und mit Unteroffiziersstimme dröhnte: »Nun laß mich mal an die Buxe, ich kann dat viel besser.«
Dann karrten sie mich auf einen eiskalten Metalltisch, auf dem ich ruhig zu liegen hatte, und jemand beharrte wütend darauf, daß ich meinen Kopf in einem geradezu idiotischen Winkel hielt, obwohl das gemein wehtat. Irgendwann war es vorbei, und ein schmächtiger Weißkittel des Typs Wichtelmännlein erklärte: »Sie haben enormes Glück gehabt. Und nun wollen wir Sie mal rasieren.«
»Rasieren?« fragte ich zittrig. »Warum denn das?«
»Sie haben eine Kopfschwartenwunde, die müssen wir ein bißchen piksen. Und an der Stelle sind Haare, und da sollten keine sein.« Ich vermute, er ging oft mit Kleinen aus dem Vorschulalter um.
Sie kamen zu zweit und wirkten wie eine Abordnung der Marx-Brothers. Sie piksten mich ein bißchen und machten wichtige Gesichter. In einer auf Hochglanz polierten Tupferschale konnte ich sehen, daß sie bemüht waren, mich zu einem Irokesen umzustylen, ich bekam eine Kahlstelle von der Größe eines Fünfmarkstückes, meine Schönheit schmolz dahin.
Endlich, nach zwei oder drei Ewigkeiten, schob sich der Chef der Truppe einen Stuhl neben mein Bett. »Da ist jemand für Sie«, sagte er und reichte mir unwillig ein Telefon.
Es war Wiedemann. Er fragte: »Waren die Bemerkungen der beiden Jugendlichen eindeutig? Haben die auf Sie gewartet?«
»Eindeutig. Die wußten, daß wir kommen würden. Woher, weiß der Kuckuck, aber sie wußten es.«
»Der Schmächtige nicht«, sagte er. »Dieser Bulle wußte es. Aber er sagt nichts. Na ja, vielleicht morgen, vielleicht übermorgen. Ich lasse die jetzt zu den Eltern bringen. Das ist wahrscheinlich schlimmer als Knast.«
»Sind Sie weitergekommen?«
Wiedemann grunzte unwillig. »Nicht sonderlich. Rodenstock hat was, aber er redet nicht drüber, bis er sicher ist.«
»Was war es für Gift?«
»Wir wissen es immer noch nicht. Wir müssen in die Feinanalyse samt Gewebeschnitten gehen. Morgen wahrscheinlich. Gute Besserung.«
Ich gab dem Arzt das Telefon zurück, und er meinte väterlich: »Sie sollten ein paar Tage unser Gast bleiben.«
»Kommt nicht in Frage. Ich kenne das: Wenn ich erst mal im Krankenhaus bin, werde ich krank. Ich habe keine Zeit.«
»Wegen der zwei Leichen?« Er lächelte ganz fein, wie nur Intellektuelle in der Provinz lächeln können.
»Richtig«, nickte ich.
»Versprechen Sie, sofort zu kommen, wenn etwas nicht stimmt?«
»Ich verspreche alles.«
»Okay, okay. Da ist eine junge Dame, die behauptet, sie fahre mit Ihrem Auto durch die Gegend.«
»Das ist meine Soziologin«, sagte ich grinsend.
»Sie haben sowas?« fragte er.
»Wer hat heute keine?« fragte ich.
Tatsächlich saß Dinah Marcus unten in der Empfangshalle und las Illustrierte. »Hallo«, grüßte sie, »Sie sehen ja wirklich prima aus.«
»Kein Kommentar«, sagte ich. »Schnell nach Hause, ich muß ins Bett.«
»Sehr vernünftig«, murmelte sie. »Ich auch. Ihr Auto finde ich übrigens prima.«
Mir war nicht nach Smalltalk, ich brummte etwas und versuchte frische Luft zu gewinnen.
»Das hätte schiefgehen können«, sagte sie. »Zehn Zentimeter weiter nach rechts, und Sie hätten einen Schädelbruch gehabt.«
»Ich will keine Konjunktive diskutieren. Waren Sie in der Hütte?«
»Na sicher.«
»Irgend etwas gesehen, was Sie neugierig machte? Ich meine, außer den Einzelheiten eines Liebesnestes?«
»Da war ein Video, offensichtlich ein privates. Da stand Mama Natascha drauf.«
»Und? Angesehen?«
»Ich habe kein Videogerät. Aber ich habe das Band geklaut. Es liegt im Handschuhfach.«
Einen Moment lang konnte ich nichts sagen. »Sehr umsichtig«, lobte ich dann. »Wiedemann wird Sie dafür hängen.«
»Aber seine Leute waren zu dämlich, es zu sehen.« Ihre Stimme klang vorwurfsvoll.
»Wo war es denn?«
»In einem männlichen klobigen Wanderschuh«, erklärte sie befriedigt.
»Wir kopieren es und schenken es ihm«, entschied ich. »Wenn Sie wollen, können Sie auf dem Sofa im Arbeitszimmer schlafen.«
»Ich habe gehofft, daß Sie so etwas sagen«, knurrte Dinah. »Ich kann nämlich nicht nach Hause.«
»Wieso das?«
»Da liegt ein Macker rum, der sehnsüchtig wartet. Das einzig Gute an ihm ist seine Lederjacke.«
»Auf was wartet er denn?«
»Auf mich
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