Eifel-Gold
dunkelblaues Hemd, schwarze Krawatte. Ein puterrotes Gesicht, dessen Mund mit Paketband verschlossen war. Um den Kopf, auf den Ohren, ein paar Schallschützer. Knallrot, was sehr lustig aussah.
Der eben noch Eingepackte griff sich an den Mund, zog das Paketband ab und jaulte. Dann nahm er die Schallschützer vom Kopf und schrie: »Wo ist unsere Karre?«
»Wo ist was?« fragte der Polizist, der ihn losgebunden hatte.
»Die Karre!« schrie der Mann wieder. »Der Wagen, der Transporter! Wir sind ein Geldtransporter!«
»Das sehe ich nicht so«, murmelte der Polizist. »Oder sehen Sie hier irgendwo einen Transporter?«
»Emil«, regte sich der Mann auf, »unser Transporter ist geklaut!« Der zweite Kartoffelsack reagierte nicht.
»Nun schneide den endlich los!« schnauzte der Polizist neben mir seinen Kollegen an.
Es herrschte eine angespannte Stille, während der Mann, der Emil hieß, von seinem Kostüm befreit wurde.
»Wieviel Uhr ist es jetzt?« rief Emil dann.
»Genau elf Uhr vierzig«, antwortete ich.
»Dann sind wir ungefähr eine halbe Stunde angebunden gewesen!« schrie er. »Du lieber Himmel, Ringfahndung! Ringfahndung!«
»Wieso denn das?« fragte der Polizist neben mir.
»Das darf nicht wahr sein«, hauchte der erste Wachmann. Dann brüllte er: »Wir fahren einen Geldtransporter! Wir kamen aus Hillesheim. Wir kamen hier strikt nach Fahrzeit um zehn nach elf durch. Hier war ein Unfall. Viel Blut. Wir stiegen aus, wir hatten plötzlich diese Scheißsäcke überm Kopf. Kapieren Sie? Unser Geldtransporter ist weg.«
»Wieviel war denn da drin?« erkundigte sich der Polizist neben mir gemütlich.
Es herrschte wieder Stille.
»Genau wissen wir das nicht«, erkärte Emil dann. »Es waren zweiundzwanzig Geldsäcke. Nicht besonders viel, ganz normal. Irgendwas um zehn bis zwölf Millionen Mark würde ich mal sagen.«
Darauf war es sehr still, und niemand moserte, weil ich dauernd fotografierte.
»Ringfahndung«, krächzte der Polizist, der die Wachmänner losgebunden hatte. »Los, gib es durch. Ringfahndung. Verdammt schnell, Mann. Zwölf Millionen? Ich werd wahnsinnig. Wieso bin ich eigentlich Polizist geworden?«
Der neben mir bewegte sich und hastete zum Streifenwagen. Er hockte sich hinein, nahm den Hörer und begann wie wild zu sprechen. Wir konnten ihn nicht verstehen, er sah aus wie ein Karpfen, der verzweifelt nach Sauerstoff giert.
»Jonny, Junge, ich wußte, heute geht was schief«, sagte Emil. Er sagte das ganz ruhig und hockte sich auf einen Moosfleck.
Jonny setzte sich neben ihn. »Gib mir eine Zigarette! Hast du was mitgekriegt?«
»Nicht die Bohne«, murmelte Emil.
Ich gesellte mich zu ihnen. »Sie haben nichts mitgekriegt?« fragte ich nach. »Gar nichts?«
»Wie denn?« entgegnete Emil.
»Nicht schlecht«, meinte ich. »Was ist denn eigentlich genau passiert?«
»Sind Sie von der Presse?« erkundigte sich nun Emil.
»Ja, so ähnlich«, gab ich zu.
»Also, es war so: Wir holen jeden Samstagmorgen Bargeld in Hillesheim ab. Wird da gesammelt von den umliegenden Banken, also von Gillenfeld, Daun, Wittlich, Gerolstein, Kylltal und so. Wir holen es immer um elf Uhr samstags und fahren es in die Landeszentralbank nach Düsseldorf. Ruhiger Job, nichts Besonderes, wird gut bezahlt, weil Samstag ist. Und jetzt das!«
Sie schwiegen.
»Ja, was? Was ist passiert?«
Jonny rauchte und flüsterte: »Paß auf, ich wette, irgendein Bulle kommt auf die Idee und behauptet, wir wären es gewesen!« Er zitterte.
Emil stimmte ihm mit einem müden Nicken zu.
»Also, was war los?« versuchte ich es erneut.
»Wir fuhren normal nach Plan los. Als wir hier ankamen, lagen drei auf der Straße, also drei Menschen. Ziemlich viel Blut. Normalerweise dürfen wir nicht anhalten, egal, was passiert. Aber wir hielten an, weil hier in der Eifel sowieso nie was los ist. Da lagen die drei, und da lag das total kaputte Motorrad.«
»Moment mal, drei Mann und ein Motorrad?« fragte ich.
»Ja, ja, später ist mir das auch aufgefallen, aber zuerst denkst du ja nichts Schlechtes. Ich bremse, ich ziehe die Handbremse und sage zu Emil: Laß uns helfen. Wir steigen also aus und bücken uns, und schon ist es passiert, schon hatten wir die Säcke über den Köpfen und ...«
»Hat denn keiner von den dreien etwas gesagt?«
Jonny schüttelte den Kopf. »Kein Wort, nicht einen Muckser. Außerdem brauchten sie ja auch nicht zu reden. Weil, na ja, es war ja alles klar. Sie griffen sich unsere Colts. Was braucht man da
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