Eifel-Gold
geschürt, betrachtete uns und ließ den Schwanz peitschen. Soviel Betriebsamkeit tagein, tagaus machte sie nervös. Sie kam herangetänzelt, Elsa hielt ihr die Hand hin, und Krümel legte ihren Kopf hinein und begann zu schnurren.
Rodenstock fragte sehr direkt: »Sind Sie sauer, Baumeister?«
»Nein, bin ich nicht. Aber man kann alte Zeiten nicht aufwärmen.«
»Das wollte ich nicht«, meinte er. »Ich bin ein Egoist.«
»Ist schon in Ordnung«, sagte ich. »Komm, wir holen deine Karre. Du kannst das Sofa nehmen. Die Geschichte hat etwas für Frauen: Männerspiele und eine sehr wahrscheinliche Mörderin.«
Bevor wir gingen, mahnte ich Unger: »Lieber Unger, Sie sollten vielleicht Ihre große Liebesfähigkeit einschränken, weil Marker gleich im Morgengrauen den Bundesgrenzschutz durch die Wälder hetzen will.«
»Sie sind ein Chauvi«, stellt Unger fest.
»Ja, ja, mag sein. Aber immerhin ein Chauvi, mit dessen Hilfe Sie eine Geschichte machen, oder?«
»Ich gehe mit dir«, tröstete ihn Bettina.
Elsa und ich schlenderten durch die Nacht und sprachen anfangs nicht, bis Krümel zwischen uns auftauchte und maunzte.
»Hat sie noch einmal Kinder bekommen?« fragte Elsa.
»Nein, ich habe sie sterilisieren lassen. Es war zu riskant. Wie geht es dir wirklich?«
»Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Ich war froh, als Rodenstock anrief und fragte, ob ich nicht Lust hätte, den größten Geldraub nach dem Krieg zu beschreiben.«
»Normalerweise machst du doch Mode?«
»Ja, immer noch. Aber das geht mir schon seit Jahren auf die Nerven. Ich habe dich vor einem halben Jahr angerufen, du hast dich nicht gemeldet.«
»War irgendwas?«
»Ich saß in der Tinte. Das hat sich inzwischen geklärt.«
»Wie lebst du so?«
»Wie lebt man so?« fragte sie mit einem schnellen Lächeln zurück.
»Ich verlange keine teutonische Nabelschau«, sagte ich. »Ich will einfach wissen, wie du dich fühlst.« Wir waren an ihrem Auto angelangt, das enthob sie einer Antwort. Wir fuhren die paar Meter auf meinen Hof, und ehe sie den Motor abstellte, knurrte sie wie eine wütende Katze: »Ich bin zwischendurch verheiratet gewesen.«
»Keine Nabelschau«, warnte ich. »So was kann schiefgehen. Ist es schiefgegangen?«
»Darauf antworte ich nicht.«
Wir schleppten ihre Taschen in mein Schlafzimmer, und sie erklärte, sie wolle duschen. Ich ging in mein Arbeitszimmer und hockte mich in einen Sessel. Als sie hinunterkam, trug sie einen wildbunten Hausanzug, warf sich auf das Sofa und forderte: »Erzähl mir alles von dem geklauten Geld.«
Ich berichtete ihr, was es Berichtenswertes gab. »Wie du siehst, wurde das Geld geklaut, und die Täter sind nicht einmal vage in Sicht. Wir haben einfach nichts.«
»Es hört sich so an, als denkt ihr in einer Einbahnstraße.« Sie klopfte den Tabak einer Zigarette fest.
»Wieso das?«
Sie lächelte leicht, ohne mich anzusehen. »Da wird Geld fast genial geklaut, und ihr habt nur eine Idee: Nämlich geniale Logistik, also organisierte Kriminalität auf hohem Niveau.«
»Aber was sonst?« fragte ich verblüfft.
»Die Lust am Klauen«, meinte sie leichthin. »Du redest unentwegt von einer genial perfekten Sache. Vielleicht war das alles Zufall?«
»Zufall? Fast neunzehn Millionen in bar samt dem Laster spurlos verschwinden lassen?«
Sie sagte trocken: »Das ist genauso wahrscheinlich wie eure Mär von einer hochorganisierten Bande. – Und dir? Wie geht es dir?«
»Eigentlich gut.«
»Ich habe ein paar deiner Geschichten gelesen, sie klangen resignativ.«
»Das bleibt nicht aus in dieser Scheißzeit. Im Grunde kriegen wir doch nichts mehr auf die Reihe, wir verpflastern unsere Sünden, wir heilen sie nicht. Wir denken bis zur Erschöpfung in alten Bahnen und wissen, daß wir auf dem falschen Zug sitzen. Bonn brilliert durch Rücktritte statt durch politische Lösungen, und noch immer wird uns eingeredet, ein Mann ohne Funktelefon sei ein Verlierer ...«
»Du lieber Himmel, ein Baumeisterscher Rundschlag. Und was sollte man tun?«
»Das weiß ich auch nicht. Geh schlafen.«
»Und du?«
»Ich schlafe hier.«
»Es war wohl nicht so gut, herzukommen.«
»Doch, doch, es war gut. Rodenstock hat Angst, weißt du. Nicht nur seine Frau ist tot, er selbst hat Krebs. Schlaf dich aus, wir können reden, wenn es ruhiger wird.«
Sie stand auf, dehnte sich, gähnte herzhaft und verschwand. Krümel lief hinter ihr her. Dann erschien Elsa erneut in der Tür und erklärte: »Ich bin hier, um die
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