Eifel-Gold
das ist eine sehr gute Idee. Ich bin ohnehin vernagelt. Aber zieh dir etwas an, sonst fallen die Bauern vom Trecker.«
»Und Rodenstock?«
»Lassen wir hier, soll das Telefon hüten.«
»Ist er suizi... ist er müde?«
»Ja, ich glaube. Aber langsam kommt er wieder.«
»Er ist zu schade für den Tod«, murmelte sie. »Ich zieh mir etwas an.«
Sie kam in Jeans und einem grellroten Shirt wieder und hatte sich ein leuchtend rotes Band in die rote Löwenmähne geflochten, und wir stiefelten los.
»Hat sich hier etwas verändert?«
»Nein. Das Leben fließt gleichmäßig.«
»Sind die Roten Milane noch da?«
»Ja. Wieso hast du die Idee mit der Ehe gehabt? Für so was braucht man einen Waffenschein.«
Sie lachte. »Vielleicht hätte ich dich um Rat fragen sollen. Ich habe es aber nicht.«
»Was war denn das für ein Vogel?«
»Ein ganz netter«, meinte sie nachdenklich. »Eigentlich ein ganz netter.«
»Wie kam es dazu?«
»Sei doch nicht lebensfremd, Baumeister. Wir hatten uns verliebt. Wir hatten beide das Gefühl, etwas schrecklich Normales, Bürgerliches machen zu müssen.«
»Vielleicht hat er dich nicht wirklich geliebt?«
»Oh doch! Er hat mich so sehr geliebt, daß er sein Gehirn an der Garderobe abgab und mich für ihn denken ließ.«
»Und dein Gehirn reagierte wie ein Schweizer Käse?«
»Nein, durchaus nicht. Aber das Vakuum in seinem Kopf machte ihn träge. Seine Karriere funktionierte nicht mehr, und schließlich kam er auf die Idee, mir alles abzunehmen, was mich irgendwie beeinträchtigen könnte. Er machte die Wäsche, er spülte, er bügelte sich seine Hemden, er putzte meine Schuhe, er staubsaugte, er ...«
»Das ist ja furchtbar.«
»Richtig. Das war es auch. Schließlich wollte er Hausmann sein und schlug mir ein Kind vor.«
»Und du bist geflüchtet.«
»Nein, noch nicht. Ich flüchtete erst, als er versuchte, mein ganzes wunderschönes Wohnzimmer mit Nut und Federbrettern auszulegen. Da kam ich mir vor wie bei Mama Ikea persönlich. Erst dann flüchtete ich.«
»Was macht er jetzt?«
»Das weiß ich nicht. Er wollte in eine Therapie gehen, und er wollte sogar, daß ich sicherheitshalber mitgehe.«
»Und wie lange leidest du schon?«
»Das ist ein halbes Jahr her. Jetzt kann ich hin und wieder schon wieder lächeln.«
»Wie schön. – Sieh mal, da tanzt eine Heidelerche«, zeigte ich ihr.
»Du lieber Gott, schlägt die einen Lärm.«
»Ja. Und sie fliegt dabei mit hohem Flügelschlag. Gemessen an menschlichen Kräften, könnten wir diese Leistung nicht einmal zwanzig Sekunden bringen, sie bringt sie stundenlang. Lateinisch heißt das kleine Wunder Lululla arborea. Sie nistet zweimal im Jahr, und gewöhnlich fliegt sie zum Überwintern in den Mittelmeerraum. Aber immer häufiger bleiben sie über den Winter hier. – Was hast du beruflich erlebt?«
»Ich war zwei Monate in Bosnien-Herzegowina.«
»Schlimm?«
»Ein Alptraum. Was ist das da? Dieser violettblühende Strauch?«
»Das ist ein Seidelbast. Aber er blüht nicht. Das ist eine Mogelei. Da hat sich eine Vogelwicke an ihm hochgerankt.«
»Du bist ein guter Biologielehrer«, lächelte sie. »Ist niemand aufgetaucht, der dich haben wollte?«
»Doch schon, aber ich wollte nicht. Es waren Typen, die eher hausfrauliche Beschwerden hatten und so etwas wie eine unverbindliche Abwechslung suchten. Du kennst das ja: Anrufe, bei denen jemand beziehungsvoll seufzt und dann auflegt, um das Schicksal sprechen zu lassen. Bei einem IQ von zehn.«
Eine Weile schwiegen wir.
Dann schlug Elsa vor: »Du kannst das Geld finden und die Belohnung kassieren. Dann pumpst du mir was, und ich mache mich selbständig.«
»Bist du denn pleite?«
»Und wie, Baumeister, und wie! Aus irgendeinem Grund habe ich ihn an mein Sparbuch gelassen. Weißt du, was er angeschafft hat?« Sie lachte strahlend. »Ein Wohnmobil, sechzehn Meter lang, zwillingsbereift mit einer Inneneinrichtung wie für den Schah von Persien.«
»Ach du lieber Gott. War er ein Campingfreund?«
»Nein. Wir haben es uns nur so schön vorgestellt, mit dem Ding durch die Welt zu fahren. Wir waren sehr verrückt, glaube ich.«
»Wie schön«, meinte ich. »Wer von euch kam denn auf die Idee, daß die Konstruktion faul ist?«
»Ich natürlich.«
»Und er?«
»Na ja, er macht seine Therapie und versucht dauernd, mich zu überreden, zurückzukehren.«
»Das darf nicht wahr sein. Morgen steht er auf meinem Hof!«
»Er hat doch keine Ahnung«, sagte sie leichthin. »Und
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