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Eifel-Gold

Eifel-Gold

Titel: Eifel-Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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wohl das, was wir Gnade nennen.«
    »Guck mal, ein ganzes Bündel Kerzen. So ist das hier mit dem Glauben. Weißt du, hier ist ja so viel kaputtgegangen. Du muß dir mal vorstellen: Nach dem Krieg hatten wir hier weit über sechzig Vollerwerbsbetriebe, jetzt sind es nur noch drei, und zwei davon geben auch auf. Die Frauen, die das erleben, sind ... sie sind einfach voller Trauer. Sie verstehen das nicht. Der ganze Bauernstand ist kaputt. Die Frauen waren ja schon immer für die Gebete zuständig.«
    »Gebete sind wichtig, auch wenn man es manchmal anders nennt. So, ich gehe noch was mit Christian schwätzen. Grüß deinen Mann.«
    »Ist gut. Bis morgen abend.« Sie ging nach Hause, und ich stand da vor der Gipsmadonna und fühlte mich fehl am Platz. Christian Daun schweißte zwei kurze T-Träger zusammen. Er grinste mich an. »Da steht ein Bier.«
    »Kein Alkohol.« Ich stopfte mir die gebogene Punto oro von Savinelli. »Wieviel Tonnen hast du hier drin?«
    »Weiß ich nicht genau. Ich schätze mal zweihundert. Es sind rund fünfzehn Laster mit Hängern voll.«
    »Ich habe eben mit Kättchen gesprochen. Wieso heiratet ein Mann wie du nicht?« Ich war jemand, der diese Frage stellen durfte, und ich war stolz darauf.
    »Welche junge Frau will morgens um fünf Uhr aufstehen, in den Stall zum Melken und so weiter und so fort? Wer will das?« Er hämmerte auf der Schweißnaht herum und klopfte Schlacke ab. »Anfangs sind sie begeistert, da ist das etwas Besonderes. Aber wenn es Alltag wird, gehen sie alle.« Er wurde sehr ironisch und dann zynisch. »Kennst du die Fernsehserie Das Erbe der Guldenburgs, kennst du die? Also, das ist die gequirlte Kacke von so einem Gutshof, der gleichzeitig Brauerei ist. Und immer geht es um Millionen und immer um Weiber, die den Lack kilometerdick auf die Fresse schmieren. Und alle reiten und gehen ins Kasino und schnüffeln in der Post des Mannes. Und wenn sie nicht gerade mit dem Tennislehrer bumsen, unterschreiben sie Schecks. Ich weiß nicht, was die Weiber sich vorstellen. Morgens bringt der Butler das Frühstück, und anschließend sattelt er den Zossen, damit die Gnädige durch die eigenen Felder reiten kann. Ich hatte mal eine hier. Die rannte morgens zwei Stunden lang zu den süßen kleinen Kälbchen, zu den süßen kleinen Kätzchen, zu den süßen kleinen Hündchen. Ich habe sie dann gebeten, ein bißchen Streu wegzugabeln, und sie hat gefragt, wo der Spaten steht.«
    »Wie lange wird das gehen? Ich meine, wie lange kannst du dich halten?«
    Er hielt inne, er sah zu Boden. »Vielleicht reicht es für mein Leben. Vielleicht muß ich in zehn Jahren Ökologiewirt spielen und nachsehen, ob die Büsche wachsen. Vielleicht gehe ich dann Schmetterlinge zählen und Mistkäfer sammeln. Ich weiß es nicht. Mein Vater sagt, die Politiker haben uns beschissen. Und weil das stimmt, warte ich ab und sage lieber nichts. Gibst du mir mal Feuer?«
    »Ich frage mich, wieso wir keinen Bauernaufstand haben?« Er lachte. »Wir sind zu brav«, murmelte er, »viel zu brav.« »Was hat euch eigentlich das Genick gebrochen?« »Die EG«, erklärte er. »Sie haben erst gesagt, zehn Kühe lohnen nicht, du brauchst dreißig. Also hat man sie angeschafft und neue Ställe dazu. Dann waren wieder zehn Kühe gefragt, also hat man abgespeckt. Dann waren sechzig Kühe das mindeste, was du brauchtest, und die Kredite waren billig. Also hast du gebaut und angeschafft. Dann gab es zuviel Milch, dann hast du abgebaut, dann war die Milch gut, dann hast du sie in den Gully geschüttet. Das letzte war die DDR. Als die Wiedervereinigung kam, haben die da drüben ganze Staatsgüter von Vieh geleert. Zu Hunderttausenden abgefahren. Die Preise waren so im Keller, daß du für ein Rind weniger gekriegt hast, als du für das Kalb bezahlen mußtest.«
    »Was, verdammt noch mal, sagt denn euer Bundestagsabgeordneter dazu?«
    »Er schwafelt rum und behauptet, es tue ihm in der Seele weh, zuzuschauen. Aber ich glaube, es ist ihm scheißegal.« Er warf die Zigarette in eine Pfütze öligen Wassers. »Mein Berufsstand ist im Eimer, und seit Adenauer haben sie alles getan, um das möglichst perfekt hinzukriegen. Sie haben nichts ausgelassen.«
    »Du brauchtest jetzt den Geldtransporter.«
    Er lachte laut heraus. »Das Geld würde ich nicht anrühren. Verschenken ja, aber nicht anrühren.«
    »Und dein Vater? Kriegt der eigentlich später eine Rente?«
    »Ja, kriegt er. Aber es ist nicht so, daß er bequem damit leben kann. Er muß

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