Eifel-Jagd
Gesicht
unter kurzem blonden Haar, kluge helle Augen, etwa einsachtzig groÃ, Figur wie
ein Kleiderschrank.
»Ich binâs, Baumeister«, sagte ich. »Tut mir leid, es ist spät,
aber ich brauche deine Hilfe. Da wurde eine Frauenleiche gefunden, und ich
bitte dich, das meiste sofort nach diesem Gespräch zu vergessen. Es besteht die
Möglichkeit, daà das etwas mit der Jagd in der Eifel zu tun hat. Ort der
Handlung ist eine schmale StraÃe zwischen Kopp und WeiÃenseifen, im Kyllwald.
Ich sage dir jetzt, was ich weiÃ, und ich frage dich, ob du weiÃt, wer die Jagd
dort gepachtet hat ...« Ich spulte so sachlich wie möglich die Ereignisse des
Nachmittags ab.
»Hm«, sagte er nachdenklich. »Ich kenne mich da nicht so aus,
auÃer, daà ich weiÃ, daà dort Mufflonwild steht. Ich weià nicht mal, was die
Jagden dort kosten. Aber da gibt es jemanden, der das alles wissen müÃte. Der
Mann heiÃt Narben-Otto.« Reuter lachte.
»Narben-Otto?«
»Ja. Das ist ein Penner, der da im Sommer in einem ausgedienten
Bauwagen haust. Soweit ich weiÃ, wird das von dem Jagdherrn dort geduldet, aber
wer das ist, weià ich nicht. Und wo dieser Bauwagen steht, weià ich auch nur
ungefähr. Wenn du von der Höhe auf Eigelbach und Kopp runtersehen kannst, geht
es nach rechts auf einen Waldrand zu. An diesem Waldrand steht der Bauwagen.
Wieso kennst du eigentlich Narben-Otto nicht? Ich dachte, du kennst alle
schrägen Vögel in der Eifel.«
»Meine Sammlung ist noch nicht vollständig«, erklärte ich. »Wie
kommt ein Penner in einen Bauwagen?«
»Keine Ahnung«, sagte er. »Angeblich kommt er aus Düsseldorf.
Und angeblich ist er gar kein echter Penner, sondern Arzt.«
»Arzt? Willst du mich verscheiÃern?«
»Nein«, sagte er. »Das wird erzählt, in der Jägerschaft ist das
rund.«
»Kannst du mich über Jagd aufklären, falls ich Fragen habe?«
»Jederzeit«, versprach Reuter. »Viel Vergnügen bei Narben-Otto.
Das soll ein witziger Typ sein.«
Ich machte mir ein Brot zurecht und aà lustlos. Als das Telefon
klingelte, zuckte ich zusammen. Natürlich dachte ich sofort an Dinah, dann an
Emma und Rodenstock. Aber es war Kischkewitz, der Kriminalist.
Er entschuldigte sich wortreich, daà er so spät noch störe.
Aber es sei dringend und wichtig, und er müsse mich unterrichten, um zu
verhindern, daà ich in die falsche Richtung marschiere.
»Wir haben eine zweite Leiche«, erklärte er trocken. »Wieder
eine Frau. Eine Jägerin, und davon gibt es ja nicht viele. Sie heiÃt Mathilde
Vogt, ist zweiundvierzig Jahre alt und Mutter zweier Kinder. Sie starb auf
einem Waldweg. Aber dieses Mal sieht es nicht wie eine Hinrichtung aus. Sie ist
über eine groÃe Distanz erschossen worden. KopfschuÃ. Wahrscheinlich mit einer
alten 44er Winchester. Das Bedrückende ist, daà zwischen den beiden Leichen
eine Entfernung von nicht mehr als einem Kilometer liegt. Und ich denke, daÃ
das kein Zufall ist. Hallo, hören Sie überhaupt noch zu, gibt es Sie noch?«
»Ja, ja«, murmelte ich verwirrt. »Danke für die Nachricht. WeiÃ
Kalle Adamek das schon?«
»Aber ja, ich habe ihn eben informiert, und er bringt gleich
eine aktuelle Nachricht. Ich dachte, daà Sie das auch interessiert.«
»Ja, ja. Woher stammt diese Mathilde Vogt?«
»Aus Wittlich«, sagte er. »Und noch etwas wissen wir schon: Sie
war schwanger.«
»Wann ist die Obduktion?«
»Eins nach dem anderen«, entgegnete er. »Nicht vor morgen
nachmittag.«
»Vielleicht sollte man die Bevölkerung aufrufen, die Gegend um
Kopp zu meiden und dort die Häuser zu verrammeln«, murmelte ich. »Haben Sie
eine Ahnung, aus welcher Distanz die Frau erschossen wurde?«
»Ja, ungefähr. Wir haben das Projektil gefunden. Die Distanz
betrug etwa zweihundertfünfzig bis dreihundert Meter. Wer, um Gottes willen,
bringt einen derartigen Präzisionsschuà zustande?«
»Aber wieso sind Sie dann überzeugt, es handele sich nicht um
eine Hinrichtung? Das sieht doch verdammt nach einer zweiten Hinrichtung aus.«
»Das war mein Wunschdenken«, gab er knötterig zu. »Ich wüÃte
gern, ob die beiden Frauen sich kannten ...«
»Das dürfte doch herauszufinden sein. Dank jedenfalls für die
Information. Und wer
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