Eifel-Kreuz
Rodenstock mit groÃer Gelassenheit.
»Eigentlich nicht. Aber man weià nie, welches Arschloch
hinter der nächsten Ecke steht.«
Eindeutig: Er war stark beunruhigt.
»Vollkommen richtig«, nickte ich. »Arschlöcher sind unberechenbar.«
»Wollen Sie rauchen? Hier sind Zigarren, sehr gute, aus
Kuba. Und Zigaretten.«
»Ich stopfe mir eine Pfeife, danke«, sagte ich.
»Und für mich eine Montecristo«, bat Rodenstock.
»Und zu trinken?«
»Wasser«, antworteten wir wie aus einem Mund.
Dann bohrte Rodenstock weiter in der Wunde. »Sind Ihre
Frau und Ihre Kinder noch im Haus?«
Meier erhob sich, öffnete einen Schrank und trug vor Kälte
beschlagene Wasserflaschen und Gläser zu uns. »Ja, sie sind hier. Ich trinke
einen Whisky, immer zum Tagesende. Sechsfach, damit ich wieder auf dem Boden
ankomme.« Er lächelte matt, goss aus einer Jack-Daniels-Flasche ein groÃes
Wasserglas halb voll und sagte: »Prost.« Dann blickte er durch die groÃen
Fenster in den Garten hinaus.
»Meine Frau hat von Ihrem Besuch erzählt und ich kann
bestätigen, dass ich in der Eifel bei Herrn Dillinger war. Und hätte ich mich
auf meinen guten Riecher verlassen, wäre jetzt alles paletti. Dieser selten
blöde Dillinger!«
Das kam überraschend.
»Verraten Sie uns, um was es bei Ihrem Treffen ging?«,
fragte Rodenstock.
»Nun, es ging um ein gemeinsames, langfristiges Geschäft.
Einzelheiten möchte ich nicht erzählen, da vieles auch gar nicht von mir
abhing. Ich war nur zu einem geringen Teil und nur finanziell involviert. Aber
das ist jetzt auch beendet.«
»Das Geschäft war in der Hauptsache Dillingers Ding?«
»So ist es«, bestätigte Meier. »Und wieder mal musste ich
erfahren: Wenn man nicht alles selbst macht, fällt man schnell auf die
Schnauze.«
So war er eben, unser Paolo, immer strikt geradeaus.
»Und dann haben Sie das Messer und einen guten Kumpel
geschickt, die Dillinger ausknipsen sollten?«, fragte Rodenstock.
»Nein, habe ich nicht. Das wäre mir dieser Dillinger gar
nicht wert. So eine groÃe Nummer ist der nicht. Und selbst wenn, hätte ich
nicht das Messer geschickt.«
»Warum nicht?«, hakte ich nach.
»Na ja, warum heiÃt das Messer wohl das Messer? Messer
ist gut, aber nur mit dem Messer. Sie wollen also wissen, um was es bei der
Besprechung ging?«
»Wenn möglich ein bisschen genauer«, nickte Rodenstock.
»Die Richtung würde uns ja schon weiterhelfen.«
»Die Richtung heiÃt Pferdchen«, antwortete Paolo.
»Frauen also«, sagte Rodenstock.
»Genau, Frauen.«
In genau diesem Moment passierte es.
Mit einer Stimme, die in unserem eigenen Kopf zu sein
schien, brüllte jemand schroff und schrill: »Danger! Lights off! Danger!«
Das Licht ging aus, wir saÃen im Dunkeln.
»Ach, du lieber Gott!«, stöhnte Rodenstock ergeben.
»Freunde aus Berlin«, sagte Paolo zittrig vor Wut. »Negresco,
dieses Arschloch. Bleiben Sie ruhig, stehen Sie auf, begeben Sie sich hinter
Ihre Sessel und runter auf den Boden.« Das klang ähnlich freundlich wie die
Durchsage in einer Lufthansa-Maschine vor schweren Turbulenzen.
Viele undeutbare Geräusche waren aus allen Teilen des
Hauses zu hören, ein Kind schrie sekundenlang hoch und in Panik.
Paolo zischte: »Das werden mir die Schweine bezahlen.«
Rodenstock fragte triefend vor Ironie: »So, so, Freunde
sind das also?«
Die Stimme meldete sich wieder: »Attention. Real enemy! Back front!«
»Auf den Boden! Platt auf den Boden!«, befahl Paolo.
Dann gab es ein schrilles, zischendes Geräusch, gefolgt
von einem heftigen Knall. Die Fenster zum Garten regneten auf den Marmor.
Irgendetwas fegte über unsere Köpfe in die Wand hinter uns. Ein klatschendes,
lautes und nicht enden wollendes Getöse dröhnte in meinen Ohren. Plötzlich roch
es nach frischem Mörtel, Porzellan schepperte, etwas Gläsernes ging zu Bruch.
»Die schieÃen mit Panzerwaffen«, stellte Rodenstock fest.
»Chef«, rief jemand auf Deutsch, »raus aus dem Raum! Das
sind mindestens sechs Mann. Over.«
»ScheiÃe!«, sagte Paolo wild. »Bewegen Sie sich rückwärts
zum langen Flur hin.«
Doch in dem Moment fielen die scharfen Lichtstrahlen von
Taschenlampen in das Wohnzimmer. Jemand sagte: »Okay, Jungs. Geradeaus.«
Nun konnte ich
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