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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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durchnässt einigen sie sich: Wir verziehen uns und machen weiter, wenn die Sonne scheint.«
    »Gott sei Dank, dass ich wenigstens einen ehrbaren Beruf habe.«
    »Na, hör mal: ehrbarer Beruf?«, protestierte er grinsend, ließ es dabei aber bewenden.
    »Wie geht es Tante Liene?«, fragte ich.
    »Emma hat mit Sydney telefoniert, und die haben gesagt, dass Tante Liene immer noch die absolute Herrscherin des Clans ist. Kein Mensch traut sich, ohne ihren Segen ein Geschäft zu machen. Aber sie sagen auch, dass Tante Liene wahrscheinlich nicht mehr zwei und zwei zusammenzählen kann.«
    »Und was sind das für Geschäfte?«
    »Halt dich fest: Diamanten!«, antwortete er.
    »Heiliges Kanonenrohr!«, sagte ich ehrfürchtig.
    »Und sie ist mit Emma auf dem Weg nach Buchenwald und Auschwitz. Sie will es erleben. Und sie hat mir gesagt: Ich will es sehen, und dann will ich es ausspucken!«
    »Tolles Weib!«, sagte ich gerührt.
    Als wir die Kneipe betraten, kam Markus schnell auf mich zu und fragte leise: »Wer sind diese beiden?«
    »Die Eltern von dem Jungen, der erschossen wurde«, antwortete ich.
    »Das dachte ich mir. Die sitzen da und weinen zusammen. Ohne Pause. Das ist ganz furchtbar. Ich habe euch hinten einen Tisch gedeckt. Da ist es leise, und ich störe nicht.«
    Sie standen beide auf, als wir näher kamen.
    »Mein Name ist Rodenstock, das ist mein Freund Baumeister. Danke, dass wir kurz mit Ihnen sprechen können. Wenn Sie über irgendetwas nicht sprechen wollen, so ist das kein Problem. Bleiben Sie doch bitte sitzen.«
    »Meine Frau heißt Walburga«, sagte der Mann schüchtern. »Mein Name ist Peter, unser Hausname ist Henrici. Wir sind hier, um die Wege unseres Sohnes zu gehen, der getötet wurde. Sie haben ihn gefunden, Herr Baumeister. Wir hörten, er lag in einer Wiese. Und noch etwas vielleicht: Sie müssen uns nicht schonen!« Sein Mund zitterte. Die Worte klangen mühselig geplant, sorgsam ausgesucht, gründlich vorbereitet.
    Die Szene war ein wenig grotesk, weil wir unschlüssig und unsicher voreinander standen und nicht so recht wussten, was zu tun war.
    Der Mann war klein und schmal mit einem kurzgehaltenen Bart, der silbern schimmerte. Seine Augen waren wässrig blau. Er trug über einem karierten Flanellhemd eine schwarze Strickjacke, die vorne einen durchgehenden Reißverschluss hatte. Er wirkte künstlich, er wirkte wie ein unwilliges, störrisches Mitglied einer schlechten Laienspielgruppe, er wirkte, als friere er.
    »Wir setzen uns«, bestimmte Rodenstock resolut. »Sie sind selbstverständlich unsere Gäste. Ja, das stimmt, mein Freund Baumeister hat Ihren Sohn gefunden. Da habe ich eine Frage, die mich sehr beschäftigt. Sie haben mir am Telefon gesagt, Herr Henrici, dass Ihr Sohn häufig im Tal des Ahbachs gewesen ist. Liebte er die Natur?«
    Es gab ein kurzes Stühlerücken. »Nein! Er ist ein Träumer!«, erklärte die Frau sehr resolut, fast wütend, und setzte sich. Sie war eine kleine, sehr pummelige Frau, die sich in ein kleines Schwarzes gezwängt hatte. Das Kleid passte ihr nicht, es warf unvorteilhafte Falten am Bauch. Sie wirkte unbeholfen.
    »Das eine schließt das andere nicht aus, wie ich sagen möchte«, murmelte der Vater lächelnd. »Aber das ist letztlich richtig, unser Sohn war ein Träumer, sein Leben lang.«
    »Die Leute, bei denen er wohnte, haben gestern mein Gesicht lädiert, als ich nach Ihrem Sohn fragte«, erklärte ich. »Wie kommt denn ein Träumer zu Leuten, die man Neonazis nennt?«
    »Menschliche Denkweisen haben ihn immer interessiert«, gab der Vater mit einem Hauch von Stolz bekannt. »Der kantische Imperativ, wonach dein Leben und Streben zum Maßstab für alle werden sollte, hat ihn länger als ein Jahr beschäftigt.«
    »Darf ich wissen, welchen Beruf Sie haben?«, fragte ich.
    »Wir sind beide Deutschlehrer an verschiedenen Gymnasien in Trier«, antwortete der Mann. »Beide Deutsch und Geschichte. Wir kennen uns seit dem Studium.«
    »Hat Ihr Sohn Geschwister?«, fragte Rodenstock.
    »Er war der Einzige«, antwortete die Mutter knapp.
    »Und wie kommt er zu dem Spitznamen Blue?«, fragte ich.
    »Er selbst hat sich so genannt. Da war er fünfzehn«, antwortete der Vater. »Er sagte mir, dieser Name sei zukünftig sein Programm. Er war zuweilen erstaunlich erwachsen, und wir haben uns immer gewundert, woher er das wohl hatte.«
    »Aber manches ist und bleibt künstlich!«, schnaubte die Mutter scharf. »Ich habe immer gesagt, dass so ein Name eine reine

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