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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Träumerei ist und mit den Realitäten nicht das Geringste zu tun hat. Das ist jugendliche Schwärmerei, nichts anderes. Na ja, wir haben es leider durchgehen lassen. Und dann die Sache mit dieser … mit dieser Frau!«
    »Nun lass doch«, murmelte Henrici sanft.
    »Wie entdeckte er denn den Eulenhof? Wann war das? Und wie wirkte das auf ihn?« Rodenstock lächelte sie an, und ich sah, dass er sich nicht wohl fühlte. Er hielt sie für Schauspieler, und er suchte nach dem Loch in ihrer Panzerung.
    »Wir wissen nicht genau, wann er mit diesen Leuten in Berührung kam«, antwortete der Vater. »Es muss vor etwa drei Jahren passiert sein, nehmen wir an. Er war nicht mehr zu erreichen, er sagte mir: ›Vater, du bist einfach zu stur, um das zu begreifen! Du hast keine Ahnung, wie Menschen heutzutage denken.‹ Na ja, vielleicht hatte er ja recht, vielleicht bin ich nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Dicht vor der Fünfzig. Aber eigentlich glaube ich das nicht. Ich glaube, dass er einfach abdriftete, dass er rechtes Gedankengut plötzlich faszinierend fand. Vielleicht haben diese Leute ihm das angeboten, und er hat leichtfertig gesagt: ›Okay, dann versuche ich das mal.‹«
    »Rechtes Gedankengut ist eine Verharmlosung«, bemerkte ich wütend. »Es handelt sich um Rassisten, ziemlich üble Leute. Leute, die Gewalt austeilen und an ein mythisches Germanentum glauben!«
    »Deshalb wird der Bruder auch Wotan genannt«, behauptete die Mutter etwas schrill.
    »Wer ist Wotan?«, fragte Rodenstock sofort.
    »Der jüngere Bruder von Ulrich Hahn«, antwortete der Vater. »Unserer Kenntnis nach ist der fünfundzwanzig Jahre alt und heißt Gerhard Wotan Hahn. Wir haben das gegoogelt.«
    »Sie haben die Gruppe also recherchiert«, stellte Rodenstock fest. »Können Sie uns sagen, was Sie herausgefunden haben? Alles, meine ich, nicht nur das mit dem Namen.«
    »Und nicht die Frau vergessen!«, sagte die Mutter aufgebracht. Da war viel Wut, und der Zeigefinger ihrer rechten Hand ging hoch.
    Rodenstock ging nicht darauf ein, und ich wusste, was er ansteuerte. Er hatte in Verhören die Erfahrung gemacht, dass Leute kraftvoll versuchen, etwas Bedrückendes loszuwerden. Man müsse das so lange wie möglich überhören, pflegte er zu sagen, irgendwann drohten sie zu platzen, und was sie dann sagten, komme der Wahrheit wahrscheinlich am nächsten.
    »Also, ich habe nichts anderes getan, als im Internet herumzusuchen«, sagte der Vater seltsam tonlos. »Der Eulenhof ist eigentlich nichts anderes als ein Hotel, ein ganz normales Hotel. Nur kannst du kein Zimmer buchen. Das habe ich unter anderem Namen ein paar Mal versucht. Immer hieß es: ›Tut uns leid, wir sind ausgebucht.‹ Ich bin natürlich auf deren Facebookseite gegangen, aber erfolglos. Außer einmal. Da hat ihnen jemand geschrieben: Das mit dem ›Reine Rasse Eifel‹ gefalle ihm extrem gut! Ich habe gedacht, ich sehe nicht richtig. Als ich dann eine halbe Stunde später noch einmal nachschaute, war dieser Eintrag verschwunden. Na klar, das können die nicht dulden, das macht ein schlechtes Image heutzutage.«
    »Moment!«, unterbrach ihn Rodenstock scharf. »Ich glaube, wir reden hier aneinander vorbei. Ich nehme doch an, dass Sie mit Ihrem Sohn telefoniert haben. Der muss Ihnen doch auf alle möglichen Fragen alles Mögliche geantwortet haben. Sie haben ihn doch sicher dort besucht. Oder? Oder irre ich mich?«
    Eine seltsame, fast unmerkliche Veränderung ging mit dem Ehepaar vor. Sie bewegten sich beide ein wenig in den Schultern, sie machten sich klein, sie duckten sich. Sie wirkten plötzlich wie Kinder, die beim Schokoladenklau erwischt worden sind. Der Vater schwieg, die Mutter schwieg, beide pressten die Lippen fest zusammen. Der Vater starrte leblos auf das weiße Tischtuch vor ihm, die Mutter hielt die Augen geschlossen. An ihrem Hals erschienen große, rote Flecken, ihr Atem ging mühsam.
    Ich dachte instinktiv: Denen muss man helfen! »Nun mal langsam«, sagte ich so betulich wie möglich. »Wir wissen ja alle, dass Jugendliche Kontakte abreißen lassen. Sogar Kontakte zu den Eltern, oder genauer: hauptsächlich die Kontakte zu den Eltern. Herr Rodenstock und ich haben da schon die verrücktesten Geschichten erlebt. Seit wann war denn Blue nicht mehr zu erreichen?«
    »Also, die ganze letzte Zeit«, antwortete der Vater diffus.
    »Und alles fing mit der Frau an, wirklich!« Die Stimme der Mutter war jetzt wieder schrill.
    Rodenstock ging wieder nicht auf die

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