Eifel-Krieg
paar Sekunden, ehe wir beide begriffen, dass uns die gleiche Nachricht erreicht hatte.
Ich fragte also: »Fotograf?«
»Fotograf«, nickte sie mit einem schnellen Lächeln. »Aber in Bonn in der Uniklinik.«
»Ich weiß, wo er war. Ist nur um die Ecke. Wir fahren dorthin, oder?«, fragte ich.
»Aber ja. Nur Emma muss wissen …«
Emma kam die Treppe herunter, sah uns an und stellte fest: »Ihr seht aus wie Leute, die mal schnell weg müssen.«
»Wir sind bald zurück«, sagte Tessa.
Tessa sprang auf den Beifahrersitz. Eilig machten wir uns auf den Weg. Es ging schon auf Mitternacht zu. Nach den ersten Kilometern, die wir schweigend verbrachten, sagte sie: »Es wird immer atemloser. Die Frage ist, ob sich da etwas abspielt, das niemand mehr kontrollieren kann. Oder ob da so etwas abläuft, das vorher bedacht und von irgendwem geplant wurde.«
»Niemand wird von Planung reden. Niemand konnte vorher sagen, dass ich oder Rodenstock oder der Fotograf zufällig im Weg standen und deshalb verprügelt wurden. Ich bin der Meinung, dass nichts von dem geplant war, dass da etwas aus dem Ruder läuft. Ich bin sogar der Meinung, dass die Prügelopfer rein zufällig im Weg standen.«
»Und der Jäger aus Trier?«, fragte sie.
»Der könnte geplant gewesen sein, denke ich. Aber so genau wissen wir das nicht. Was wirst du tun?«
»Ich werde alle Fälle in Verhöre münden lassen, ich werde ihnen auf die Pelle rücken, ich werde nach Löchern in ihrer Rüstung suchen, ich werde meine Leute ausschicken und sie nicht zur Ruhe kommen lassen.«
»Das ist eine Kriegserklärung«, stellte ich fest.
»Ihr Männer werdet immer so schnell martialisch. Sagen wir es wie beim Fußball: Ich mache ihre Räume eng. Wer ist der Mann, zu dem wir fahren?«
»Ein Bauer, einer mit Erfolg. Er mästet Kälber, die dann auf unseren Tellern landen, er hat ständig ein paar Hundert davon im Stall stehen. Es sind Ställe, in denen sich die Tiere ganz frei bewegen können, aus denen sie herauskommen und auf Wiesen gehen können. Moderne Viehhaltung. Und Bodo macht noch etwas anderes: Er hat einen Hofladen, in dem du das Fleisch und die Produkte kaufen kannst.«
»Wie der Betrieb in Loogh, der die Käserei betreibt? Der diese Gaststätte hat? Na, warte mal …«
»Du meinst die Gröners im Mühlenweg in Loogh.«
»So isses. Läuft das eigentlich?«
»Das läuft. Also könnten sich die Käufer das verfärbte Fleischstück im Billigladen sparen.«
»Sie könnten, aber sie tun es nicht. Bodo Lippmann jedenfalls ist nicht in Plastik verpackt, der ist echt.«
Ich fuhr schnell und bog in Bongard auf die Straße nach Kelberg ab.
»Rechts ist jetzt der Eulenhof«, erklärte ich, »links kommt gleich Lippmanns Hof.«
»Meine Leute waren bei ihm. Sie haben ihn wegen der Hitler-Lesung befragt. Das war nicht sonderlich ergiebig.«
»Du hast selbst gesagt, du machst ihre Räume eng. Also Geduld.«
Bodo Lippmann stand vor der Tür und sah blinzelnd in die Scheinwerfer. Er war fast zwei Meter groß und ein massiger Mann mit einem breiten, runden Gesicht und den gutmütigen Augen eines vertrauensvollen Dackels.
»Mit euch hat man richtig Mühe«, stellte er fest. Dann drehte er sich um und ging vor uns her. Es ging in die Küche, die so groß war wie ein kleiner Tanzsaal, zu einem Tisch, an dem zwölf Leute essen konnten.
»Trinkt denn die Frau wenigstens einen Schnaps?«, fragte er, als sei jede Hoffnung verflogen.
»Sie trinkt einen«, sagte Tessa.
Bodo goss ihr einen soliden Obstler in ein Wasserglas und sagte: »Also, ich dachte schon, ihr seid alle in Urlaub. Und die Frau, wer ist die Frau?«
»Staatsanwältin«, sagte Tessa und legte eine Visitenkarte vor ihn hin.
»Das ist ja was Solides«, bemerkte Bodo.
»Na, Gott sei Dank«, kommentierte Tessa und konnte sich ein Grinsen kaum verkneifen.
»Ja, also dieser Perl. Ist ja wohl ein Kumpel. Versteht auch was von Bauern. Und kam hier auf den Hof gefahren … Ach so, das Auto steht hier auch noch rum. Könnt ihr das mitnehmen?«
»Ich lasse es abholen«, sicherte Tessa zu. »Gibt es Papiere zu dem Wagen?«
»Ja klar, habe ich alles gefunden. Und seine Lederjacke ist ja auch noch hier. Also, die Jacke, die er getragen hat, als er da hochging. Wollte ja von hinten an die Sache ran. Das habe ich ihm auch geraten. Besonders die Stelle, wo das kleine Quellgebiet ist und wo du mitten im Gras plötzlich bis zum Arsch im Wasser stehst, wenn du keine Ahnung hast.« Er trank einen Schluck Obstler,
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