Eifel-Krieg
daran erinnern, dass Stefan ihm geraten hat, den Job zu übernehmen.«
»Hat er erwähnt, warum Stefan das tat?«
»Blue antwortete, Stefan habe gesagt, er sei dann nicht mehr so eingeengt und hätte genügend Geld. Er müsse sich mit Handwerkern und allen möglichen Leuten außerhalb vom Eulenhof treffen. Er könne dann nicht mehr kontrolliert werden. Ja, Geld spielte bei Blue immer eine Rolle. Hauptsächlich das Geld, das er nicht hatte.«
»Können Sie sich an eine Bemerkung erinnern, in der er sagt, dass er mit dem Eulenhof nichts mehr zu tun hatte und nur noch dort wohnte?«
»Nein, das habe ich nie von ihm gehört.«
»Wissen Sie, was der Eulenhof ihm für seinen Job bezahlte?«
»Sechshundert pro Monat, Kost und Logis gratis.«
»Und wie bekam er das Geld?«
»Bar auf die Hand. Blue hatte, soweit ich weiß, nicht mal ein Bankkonto.«
»Wann hatten Sie den letzten Kontakt zu Blue?«
Sie musste nicht überlegen. »Drei Tage vor seinem Tod.«
»Wer rief wen an? Um was ging es dabei?«
»Er rief mich an. Er hatte sich verliebt und war vollkommen aus dem Häuschen.«
»In wen?«
»In die Frau von Ulrich Hahn, dem Chef.«
»Aha! Wie ist das denn passiert?«
»Hahn hat Blue aufgetragen, seiner Ehefrau ein Kuvert zu bringen, ein dickes Kuvert, mit viel Bargeld. Dabei ist das wohl passiert.«
»Kann es sein, dass Blue deswegen erschossen wurde?«
»Nein, nein, nein, Sie verstehen da etwas falsch. Diese Frau lebt nicht auf dem Eulenhof, sie lebt getrennt von ihrem Mann und will mit dem wohl nichts mehr zu tun haben. Sie lebt in Duisburg.«
»Was sagte Blue über diese Frau?«
Erst kicherte sie ganz hoch, dann ging das Kichern in ein schallendes Gelächter über, schließlich lachte sie Tränen und versuchte, sich zu beherrschen, was ihr gründlich misslang. Sie sagte zweimal: »Tschulligung, Tschulligung!«, bekam vorübergehend einen Schluckauf und trank dann ihren gestreckten Gin aus, um sich zu beruhigen.
Inzwischen lachte auch ich, wusste aber nicht weshalb.
Also warteten wir in höchster Erheiterung ab, bis sie erklärte: »Über diese Frau weiß ich nichts, Herr Baumeister, abgesehen von einer aberwitzigen Bemerkung Blues, der atemlos und in höchster Erregung hauchte: ›Ana! Das ist der zweifelsfrei steilste Schuss, den ich jemals getroffen habe. Und sie würde wahrscheinlich auch mit mir ins Bett gehen, nehme ich an. Und das Kind stört mich nicht weiter.‹« Ganz plötzlich veränderte sich ihr Gesicht, es bekam harte Ecken und Kanten. »Und dann schießt jemand meinem Traumtänzer ein paar Stunden später einfach in den Kopf.«
7. Kapitel
Es war schon gegen zehn Uhr am Abend, als ich an Heyroth vorbeifuhr. Kurz hinter dem Ort stoppte ich und wendete. Wenn noch Licht war, würde ich stören können. Das war die ungeschriebene Regel.
Es war Licht.
Emma öffnete mir die Tür und hatte ein völlig verheultes Gesicht. »Es ist alles Mist!«, sagte sie leise. »Komm herein.«
Tante Liene lag wieder in einem Berg von Kissen auf einem der Sessel und schnarchte leise vor sich hin. Sie sah aus wie eine Schildkröte. Am großen Tisch saß Tessa mit bleichem Gesicht und sah nach Überarbeitung aus. Ein Aschenbecher war voller Zigaretten- und Zigarilloreste. Die Luft war die einer gutgehenden Innenstadtkneipe um die Jahrhundertwende.
Ich ging zu Tessa, umarmte sie flüchtig von hinten und fragte: »Wie steht es um Rodenstock?«
»Nicht so gut«, antwortete Emma. »Er ist ein vollkommen verkabelter Mensch, und bisher haben sie nicht herausgefunden, ob sie ihn in die Wirklichkeit des Lebens zurückholen sollen oder nicht. Ich habe angestoßen, dass ein Fachmann für solche Fälle von der Kölner Uni kommt, um sein Votum abzugeben. Natürlich musste ich zusichern, dass ich das privat bezahle und vorab eine Bankgarantie über eine Summe von rund vierzehntausend Euro leiste. Aber niemand kann sagen, in welche Richtung sich sein Zustand bewegt. Er sieht aus wie ein schrecklich hilfloses, verprügeltes Kind. Sie sagen, dass er mindestens sechzehn Schläge mit einem Knüppel auf alle möglichen Stellen seines Körpers aushalten musste. Sie sagen, dass sein Kopf aus irgendeinem Grund nur wenige Schläge abgekriegt hat. Nur zwei wahrscheinlich. Das ist die einzige Hoffnung. Der Experte wird gegen Mittag mit einem Hubschrauber eingeflogen, ich kann mit ihm sprechen. Und da habe ich eine Bitte, Baumeister: Kannst du dabei sein?«
»Selbstverständlich«, sagte ich.
»Es ist nur, weil vier Ohren mehr
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