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Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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wette, er würde auch schießen. Einfach so.«
    »Sind das also gefährliche Leute?«
    »Ja.«
    »Seid ihr richtig trainiert worden? Und wie sah das aus?«
    »Also, das fing langsam an. Veit Glaubrecht machte das. Er sagte, manchmal wird man angegriffen, und dann muss man wissen, wie man reagiert. Und man kann nur richtig reagieren, wenn man das lernt. Wir haben alles gemacht. Training auf der Matte, aber auch Geländemärsche über vierzig Kilometer. Schießen mit der Armbrust.«
    »Hast du Angst, gegen die auszusagen? Würden die sich rächen? Sie wissen ja, dass du beinahe alles weißt.«
    »Ja, darüber habe ich nachgedacht. Sie würden mich wahrscheinlich töten, wenn ich wirklich gegen sie aussagen würde, denke ich mal.«
    »Ich habe schon gesagt, dann kann er ja irgendwohin gehen und eine Weile warten, bis sich das gelegt hat«, erklärte die Mutter weinerlich.
    »Ach, Mama«, sagte der Junge mit gesenktem Kopf. Dann griff er nach der nächsten Zigarette.
    »Du hast eben gesagt, die drei seien Kampfmaschinen. Was bedeutet das?«
    »Das ist das Training«, antwortete er. »Anfangs mussten wir im Wald einen Knüppel schneiden. So ungefähr achtzig Zentimeter lang. Dann mussten wir damit auf den anderen losgehen. Oder auch auf zwei. Dann bekamen wir Axtstiele, wie man sie im Baumarkt kriegt. Sie waren härter und leichter. Wir übten damit jeden Tag, überall, im Wald, im Feld, auf dem Hof, in der Schießbahn.«
    »Bei dem Wort Schießbahn fällt mir der Hagen Weidemann ein. Wie ist dessen Stand, wer ist der auf dem Eulenhof?«
    »Also, der ist der absolute Boss, an dem kommt keiner vorbei. Was der sagt, gilt, er bestimmt. Und er hat das Geld. Er hat uns manchmal abgefragt. Was wir von Adolf Hitler halten, von den Nationalsozialisten, vom Zweiten Weltkrieg. Und wenn du nicht das geantwortet hast, was er hören wollte, dann musstest du einen halben Tag lang die Bücher lesen, in denen genau das stand, was er hören wollte. Also, wie groß Hitler gewesen ist, wie edel der Krieg war, wie toll der deutsche Landser gewesen ist, wie schlimm die jüdische Weltverschwörung war, und wie schlimm sie heute wieder ist.«
    »Wann hast du zum ersten Mal gedacht: Ich bin hier am falschen Platz?«
    »Och«, er grinste. »Das weiß ich genau. Da war Kirmes in Nohn. Da wollte ich unbedingt hin, da kannte ich ein Mädchen. Also, die sah gut aus und so, und ich konnte gut mit ihr reden. Hannes, Oliver und Meike gingen auch hin. Es wurde brutal spät, die anderen waren längst wieder auf dem Hof. Ich kam morgens um vier Uhr zurück. Da stand Veit Glaubrecht und haute mich um. Ich war ziemlich lange besinnungslos, und als ich aufwachte, lag ich in dem alten Zimmer von Blue. Sie hatten mich gefesselt. Ich durfte nicht zur Schule gehen, kriegte nichts zu essen und zu trinken, hatte am Hals eine stramme Leine. Die war bis zu meinen Füßen gespannt. Ich konnte mich nicht bewegen, musste kacken und pissen. Und sie haben mich da drin liegen lassen bis zum Abend. Da habe ich gedacht: Ich muss hier so schnell wie möglich weg.«
    »Ach Junge, das hast du mir ja noch gar nicht erzählt«, presste die Mutter mit einer ganz hohen, weinerlichen Stimme hervor.
    »Ich kann nicht alles erzählen«, wehrte er sie ab.
    »Und in der Schule warst du genau so isoliert wie Oliver, Hannes und Meike?«
    »Ja, klar. Aber jetzt habe ich mit einer Lehrerin verabredet, dass ich über diese Zeit ein Referat halte. Dann werden sie verstehen, wie das auf dem Eulenhof läuft.«
    »Und sie werden dich wieder annehmen«, sagte ich.
    »Genau«, nickte er. »Deshalb.«
    »Kannst du so ein Training mit den Axtstielen schildern?«
    »Ja, kann ich. Du stehst deinem Trainingspartner gegenüber, und du weißt genau, wo du ihn treffen musst, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Du hast natürlich dicke Wattekleidung an. Es gibt die Schmerzpunkte beim Gegner, es gibt die Organpunkte, Nieren und so zum Beispiel, aber auch Magen und Leber. Und dann gibt es noch die chinesischen Druckpunkte. Also in Asien haben sie eine lange Erfahrung, über dreitausend Jahre ist das Wissen alt. Das sind bestimmte Druckpunkte, mit denen du wahnsinnige Schmerzen auslösen kannst. Du musst nur mit Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger diese Punkte greifen. Entweder der Gegner schreit vor Schmerz, oder du löst Lähmungserscheinungen aus. Auf jeden Fall ist der andere besiegt, der macht nichts mehr.«
    »Ich vermute, die Schläge mit dem Axtstiel sind genau berechnet. Du weißt, wo du treffen

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