Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Krieg

Eifel-Krieg

Titel: Eifel-Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
politischen Selbstfindung helfen.«
    »Mehr nicht?«
    »Mehr nicht.«
    »Es heißt, diese Meike habe immer Röcke getragen und immer weiße Blusen. War das so?«
    »Ja, das war so. Echt krass. Das war richtig aufdringlich, das wirkte auf mich einfach blöde. Sie hat mir gesagt: ›Eine deutsche Frau kleidet sich so.‹ Wie eine Sekte, wie Leute, die allein den Segen des Allmächtigen haben. Wir haben zuerst alle gedacht, die wären irgendwie nur dumm oder naiv. Aber dann passierte die Sache mit Gunnar vor einem Jahr. Ach so …« Sie schüttelte sich kurz. »Ähm. Sie vergessen den Namen bitte. Also Gunnar ist das, was wir ein Tretboot nennen – ich bin hier, um mein Abitur zu machen, und alles andere geht mich nichts an. Tretboot halt. Ein Mädchen hatte Geburtstag und hat den ganzen Leistungskurs eingeladen. Nichts Besonderes, einfach nur abhängen, tanzen, so was halt. Oliver und Meike waren dabei. Ein paar Jungs trinken zu viel, ein paar Mädchen auch. Ausgelassene Stimmung. Gunnar ist von der Rolle, einfach leicht betrunken, ein Bier zu viel, was weiß ich. Gunnar läuft im Garten herum und sieht, wie ein Mädchen mit einem Jungen knutscht, der geht dahin und sagt laut: ›Das ist jetzt aber sehr unsittlich.‹ Alle haben natürlich gelacht. Niemand hat sich drum gekümmert, außer Oliver. Der geht zu Gunnar und sagt: ›Lass die beiden in Ruhe!‹ Gunnar dreht sich um und meint: ›Blödmann!‹ Oliver hat ihn mit einem Schlag umgefegt. Gunnar steht wieder auf und sagt: ›Unsittlich ist das trotzdem!‹ Und wieder lachen alle. Aber Oliver schlägt wieder zu, Gunnar fällt ziemlich übel über einen Stuhl. Er blutet im Gesicht. Und wir wissen plötzlich alle: Das ist kein Scherz mehr, das ist ernst. Gunnar steht wieder auf und sagt: ›Du bist doch ein Hosenscheißer!‹ Und dann ist Meike da und sagt: ›Wenn Oliver sagt, er will das nicht, dann will er das nicht!‹ Gunnar lacht blöde. Dann schlägt Oliver wieder zu, diesmal richtig schlimm. Gunnar fällt irgendwie auf Meike zu, und die nimmt Gunnar, zieht seinen Kopf an den Haaren zu sich heran, schießt das Knie hoch. Mannomann. Gunnar lag da wie ein Toter. Wir haben ihn mit einem Taxi ins Krankenhaus gebracht. Schwere Hodenquetschung, Unterkieferbruch. Verstehen Sie? Die meinten das völlig ernst, die hatten keinen Schluck Alkohol getrunken, die hatten auch keine Tüte geraucht – nix. Diese ätzende Brutalität. Das ist unheimlich.« Sie trank von dem Wasser, sah mich an und fragte: »Was glauben Sie? Kommen die drei an unsere Schule zurück?«
    »Ich glaube, das ist nicht mehr zu reparieren. Haben Sie den Eindruck, dass der Begriff Schlägertrupp zu Recht verwendet wird? Wirken die trainiert?«
    »Ja, die sind irgendwie so geworden. Die sind richtig gut eingespielt. Das sagen alle Jungens und Mädchen, die davon eine Ahnung haben. Die Meike ist am Bahnhof in Gerolstein von so üblen Typen angemacht worden. Vor einem halben Jahr war das. Es waren vier. Richtig schlimme Jungs mit Vorstrafen und Drogenerfahrung. Was sie nicht wussten, war, dass Meike nicht allein da war. Oliver und Hannes hatten in der Stadt was erledigt und kamen gerade zurück. Sie haben die so dermaßen zusammengeschlagen, dass der Notarzt alle vier ins Krankenhaus bringen musste. Brüche und Quetschungen. In einem polizeilichen Protokoll soll angeblich Olivers Bemerkung stehen, es habe sich um Untermenschen gehandelt.«
    »Kann ich noch ein paar Informationen zu Lasse haben, der sich umbringen wollte?«
    Der Name traf sie, das war sofort zu sehen. Sie zuckte kurz und sagte dann: »Lasse ist ein unheimlich lieber Kerl. Er nennt sich nur Lasse, weil der Name bei Astrid Lindgren auftaucht, er heißt eigentlich anders, aber er war immer schon Lasse. Er hat sich in Meike verliebt. Ich weiß gar nicht, ob das stimmt, dass er sich umbringen wollte, man sagt uns ja nichts.«
    »Es stimmt, es ist offiziell, er wollte sich aufhängen.«
    »Oh, das tut weh.« Ihre Stimme wurde dünner. »Er war immer so angreifbar und verwirrt. Dabei ist er in fast jedem Fach einsame Spitze. Er ist ein Kind, ich würde den am liebsten in die Arme nehmen und beschützen.« Sie mühte sich um Fassung, sie schniefte. »Ja, er hat sich in Meike verliebt. Er hat ihr das auch gesagt. Irgendwie hilflos. Einmal auch in der großen Pause, als wir zusammenstanden. Er sagte wie ein Kind: ›Ich finde dich einfach unfassbar toll!‹ Ich kann mich an jedes Wort erinnern. Sie drehte sich um und ging weg und sagte: ›Du bist

Weitere Kostenlose Bücher