Eifel-Krieg
doch nur debiles Unkraut!‹ Wir Frauen haben Meike gefragt, warum sie so fies sein muss. Und sie hat gesagt: ›Es gibt sogenannte Menschen, die sich niemals in die Gemeinschaft einfügen lassen und unserer Nation großen Schaden zufügen.‹ Da habe ich gedacht: Diese Frau ist ein Schwein.«
17. Kapitel
Ich sah ihr nach, wie sie mit dem Schiff ihres Vaters von meinem Hof rollte, und ich dachte an diesen Lasse, den sie wahrscheinlich noch verteidigen würde, wenn er schon längst in der Psychiatrie war. Es gab in dieser chaotischen Geschichte anrührende Momente. Und es gab Menschen, die sich nicht verbiegen ließen.
Ich rief Tessa an und erwischte sie wohl mitten in einer Konferenz. »Kurz, bitte«, sagte sie knapp.
»Wer hat diese Drei trainiert? Es muss jemand geben, der ihnen diese Brutalität beibringt.«
»Also, einer ist wohl mit Sicherheit Glaubrecht. Es besteht auch der Verdacht, dass es auf dem Hof einen alten Mann gibt, der in den sogenannten Kampfkünsten der Asiaten erfahren ist. Aber da fehlt jeder Beweis. Warum?«
»Ich hatte eine Schülerin hier. Sie berichtet Schlimmes.«
»Ja. Es hat viel Schlimmes gegeben. Ich muss übrigens von hier aus heim nach Trier. Meine Kinder sind sauer.«
»Aber du hast hier noch einen ungeordneten Haufen Textilien.«
»Das nächste Mal«, sagte sie und unterdrückte ein Lachen.
Dann rief ich endlich bei Emma an.
»Du untreue Seele«, sagte sie. »Dass du dich meldest, ist ja ein Wunder.«
»Wie geht es deinem Mann?«
»Besser. Und ich kann es noch immer nicht recht glauben. Aber sie sagen, sein Zustand sei stabil, er braucht nicht mehr an diesen Apparaturen zu hängen. Er liest ein Buch. Und er hat kaum noch Schmerzen. Stell dir das vor.«
»Sehr gut. Und Tante Liene?«
»Sie will einen Einbürgerungsantrag stellen.« Sie lachte. »Ich denke, Europa hat ihr gutgetan. Wann sehen wir dich?«
»Ich habe heute Abend Besuch in dieser leidigen Sache mit dem Eulenhof. Ich denke, ich kann morgen in der Frühe reinschneien. Aber ich rufe vorher an.«
»Diese Neonazis schaffen dich, nicht wahr?«
»Ja, das ist so.«
»Magst du reden?«
»Ich glaube, ja. Ich komme da mit einigen Dingen nicht klar.«
»Wenn ich dir helfen kann, helfe ich dir.«
»Danke, es steht zu befürchten, dass ich darauf zurückkomme. Macht es gut, ihr zwei Mädchen. Und grüße mir deinen Macker.«
Ich setzte mich an den Computer und schickte Holger Patt eine Anfrage mit der Bitte, mich aufzuklären. Mir war eingefallen, dass ich über die verwendeten Waffen und ihre Munition überhaupt nichts gehört hatte. Es gab sowieso unglaublich viele Kleinigkeiten in diesem Fall, die vollkommen unklar waren. Ich wusste nicht, wie die Mordkommission Ulrich Hahn einschätzte. Hatte er Einfluss auf Hagen Weidemann? Oder war er eine Puppe? Ein vorgeschobener dienstbarer Geist? Es war auch immer noch unklar, ob der tote Stefan Zorn ein Beamter des Verfassungsschutzes war und ob der tote Blue mit diesem Stefan Zorn etwas zu tun gehabt hatte. Wieso hatte sich Zorn in den Wald hinter dem Eulenhof locken lassen? Oder war da etwas ganz anderes abgelaufen, und wir deuteten die Zusammenhänge falsch, weil wir diese unvermeidbare Brille aufhatten, durch die wir den Eulenhof als Hort alles Bösen sahen? Ich hatte keine annähernde Vorstellung wie mächtig dieser Hagen Weidemann war. Hatte er so etwas wie Kadavergehorsam herangezüchtet? Und dann die Frage: War der Eulenhof einfach explodiert? War die Ermordung Blues der Auftakt zu dieser Explosion gewesen? War die Explosion eine Implosion? Es musste den Unbekannten geben, der die beiden Jäger schwer verwundet und getötet hatte. Wer war das? Konnte es sein, dass auf die beiden geschossen worden war, nur weil sie Jäger waren? Hatte das mit dem Eulenhof vielleicht gar nichts zu tun?
Stündlich schaute ich im Postfach nach, aber es kam keine Antwort von Holger Patt auf meine Mail. Anzunehmen, dass sie alle noch tagten. Gegen Abend aß ich etwas und setzte mich wieder raus auf meine Terrasse. Über meine Grübeleien musste ich eingeschlafen sein, was ich erst bemerkte, als mich das Brummen eines Motors und das Geräusch von langsam rollenden Autoreifen vor meinem Haus aufschrecken ließen.
Sie kamen zu früh. Mutter und Sohn rollten in einem neuen, weißen Twingo auf den Hof. Es war halb neun.
»Herein mit euch«, sagte ich.
»Wir sind viel zu früh«, sagte der Junge verlegen.
»Das macht überhaupt nichts.«
»Grete Kaufmann«, stellte die Frau sich vor.
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